Zurück zu neuere Bücher Zurück zu Buchbesprechungen Oktober / November 2002
Zurück zum Autoren(Sonder)Bericht
_______________________________________________________________________
Perry, Anne
Tod in Devils Acre:
Inhaltsangabe:
"Devils Acre" (zu dt. "Des Teufels Morgen") ist ein Slum der
übelsten Sorte: Elendsquartier, Bordell- und Verbecherviertel in einem. So wundert es
zuerst niemanden, als hier die grausam verstümmelte Leiche von Max Burton, Zuhälter und
ehemals Diener in der feinen Gesellschaft (Callander Square), gefunden wird. Doch
bald gibt es weitere Morde mit Verletzungen in Genitalbereich und diesmal handelt es sich
um Angehörige der besseren Gesellschaft: Dr. Hubert Pinchin, ein Arzt, Sir Bertram
Astley, ein reicher Herr, und Ernest Pomeroy, ein Hauslehrer. Zunächst scheint es, als
könnte Charlotte diesmal ihrem Mann nicht bei den Ermittlungen unterstützen, den selbst
für die Frau eines Polizisten ist die Gegend und Thematik der Morde zu brutal. Doch dann
verdichten sich die Hinweise, daß es mehr als eine Verbindung zu der feinen
Gesellschaft gibt. Pitt erhält Hinweise, daß es nicht nur die Herren sind, die des
Nachts des "Slummen" frönen, sondern daß eine Spezialität von Max Burton war,
Frauen aus den besten Kreisen anzubieten, die in Devils Acre Abwechslung und sexuelle
Befriedigung suchten. Charlotte erfährt mit Emilys Hilfe bald erste Namen und bei ihren
Nachforschungen trifft sie einen alten Bekannten wieder, der Charlotte nie vergessen hat.
Meine Meinung:
Ein Titel der es einem sehr leicht macht ihn in einem Rutsch durchzulesen, denn es ist unmöglich das Buch aus der Hand zu legen. Mich fröstelt es wenn Thomas Pitt durch die kalten, zugigen Straßen zieht um Verbrecher zu stellen, lache wenn Charlotte Pitt mit Ihrer Schwester einen Komplott schmiedet um heimlich ihrem Mann zu helfen. Laßt euch von Anne Perry ins alte Old England entführen! (Janina)
Meine Meinung:
Diesmal nimmt sich Anne Perry wieder der dunkleren Seite an. Der Roman ist in seiner
Ansammlung von dunklen, verzweifelten und verbitterten Charakteren, sowie der Brutalität
der Taten bisher auffallend düster. Obwohl die Autorin in jedem ihrer Werke die
Doppelmoral, besonders in Bezug auf Sex, der damaligen Gesellschaft anprangert, hatte ich
bei dieser Geschichte fast den Eindruck, daß das Gefühl der Hilflosigkeit gegenüber all
diesen Schicksalen noch nie so groß war. Mein Unverständnis für die Falschheit und
Zweischneidigkeit der feineren Gesellschaft wuchs bis hin zu einer Wut, in der ich,
insbesonders in Anbetracht der später offen gelegten Motive, die Brutalität der Morde
fast verstehen konnte. Der Plot geht unter die Haut und das einzige Manko war für mich
die Unwissenheit Charlotte gegenüber der Gefühle, die sie in einem Mann auszulösen
vermag. Ich denke, daß eine Frau, die bereits soviel erlebt hat, Erfahrungen gesammelt
hat und so mutig und selbstsicher ist, mit mehr Feingefühl auf das sich Anbahnende
reagiert hätte. Zurück blieb für mich nach dem Buch diesmal kein Unbehagen oder
Gänsehaut, sondern seltsamer Weise ein Gefühl von Gerechtigkeit und Sühne. Je mehr
Krimis ich von Anne Perry lese, desto mehr habe ich das Gefühl, daß die Autorin ein sehr
guten Gespür für die Abgründe in uns Menschen hat und die Gefühle ihrer Leser
fantastisch zu manipulieren versteht. Ich liebe es z.B. bei Krimis mitzuraten, meiner
Meinung nach, tritt aber genau das in ihren Büchern stark in den Hintergrund. Ich bin
empört und schüttele den Kopf über die Doppelmoral und Herabsetzung der Frau und
übersehe doch, daß sich die Grundzüge dieser Ideen gar nicht so sehr verändert haben.
Mal wieder glaube ich mehr in dieser Unterhaltungslektüre zu lesen, als vielleicht
beabsichtigt, aber ich denke, wenn Kriminalromane so nachhaltig beschäftigen, ist das
erlaubt ;-)
Fazit: Je mehr historische Krimis ich von Anne Perry lese, desto zeitloser erscheinen sie
mir. (Tara)
Hier geht es zum Autoren(Sonder)Bericht!
Bewertung:
* * * * (Janina)
* * * (Tara)
( * schlecht / ** ganz gut / *** gut / **** spitze)
Infos: TB, Dumont Verlag, 515 Seiten, Doppelband "Mehr viktorianische Morde"; 9,95