von Petra » Sa 27. Aug 2011, 16:24
Hallo zusammen,
Maria, ich habe mich von Deinem schönen Bericht über das Hörbuch von Anne Tyler inspirieren lassen, und habe es heute auch angefangen zu hören, nachdem ich mich dazu entschlossen habe, Don DeLillos „Cosmopolis“ erst mal abzubrechen (ich werde es zu einem anderen Zeitpunkt noch mal versuchen).
Mir gefällt „Im Krieg und in der Liebe“ sehr gut. Es zeigt auf sehr eindrückliche Weise, wie zwei Menschen, die grundverschieden sind, und völlig gegensetzliche Erwartungen an das Leben und die Ehe haben, an ihrer Verschiedenartigkeit verzweifeln. Spannend finde ich auch, wie Anne Tyler die Hilflosigkeit Michaels schildert. Wie er sich fragt, was er getan hat, dass Pauline so aufgebracht ist. Und wie er sich fragt, ob es anderen Männern auch so geht. Ich denke in der Tat, dass wir Frauen den Männern oft Rätsel aufgeben. Für uns Frauen liegen viele Dinge auf der Hand, und denken, dass die Männer von allein begreifen müssen, was falsch läuft. Z. B. der Geburtstag Paulines. Die Männer hingegen sind in solchen Dingen wohl wirklich oft hilflos und ganz anders gestrickt. Das zeichnet Anne Tyler sehr schön auf. Meine Sympathien gelten mehr Michael. Pauline erwartet mehr vom Leben, größeres, lebendigeres. Verschmelzung. Vielleicht ist das ein bisschen zu hoch gesteckt. Ich kann sie aber auch verstehen. Das ist Anne Tyler sehr gut gelungen. Man beobachtet von außen, bezieht hier und da Stellung, kann beide Seiten sehen und das ein oder andere auch auf sich selbst anwenden. Ich selbst bin z. B. wohl manchmal auch ein bisschen wie Pauline. Impulsiv, emotionsgeladen, wenn mich was berührt. Und der Partner berührt einen natürlich. Wie ungerecht man dabei werden kann, was unbedachte Äußerungen beim Partner anrichten können, lässt Anne Tyler durch Michaels Gefühle spüren. Für mich eine sehr interessante Darstellung einer Ehe. Und zweier unterschiedlicher Sichtweisen über eine Partnerschaft, und die damit verbundenen Konfrontationen.
Ich bin gespannt wie sich das weiter entwickelt. Ob sie beide an eine Grenze stoßen, wo es nicht mehr weiter geht.
Auch bemerkenswert finde ich den Umstand, in dem sich die beiden kennenlernen. Dass er kurz darauf in den Krieg zieht (wie Maria schon so gut beschrieben hat, um den Mädchen zu imponieren), und sie heiraten, als er wiederkehrt, zeigt auch ein bisschen die Unüberlegtheit dieser Verbindung. Man hatte gar keine rechte Zeit sich kennenzulernen. Das hatte man früher häufig nicht. Nicht mal nur in Kriegszeiten. Denn eine Beziehung mündete ja doch meist recht schnell in eine Ehe. Auch aus diesem Blickwinkel finde ich die Geschichte interessant.
Barbara, vielen Dank für Deinen Link zu Deiner Rezension. Ich verstehe diese Anpreisungen auch nicht. Der Roman ist sehr lesenswert. Aber die Attribute, mit denen man da gelockt hat, kann ich auch nicht wiederfinden. Wie schade, dass Verlage immer wieder meinen, mit den falschen Dingen locken zu müssen. Das ist vielleicht verkaufsträchtig. Aber zieht wohlmöglich Leser an, die sich ganz was anderes versprechen. Und hält vielleicht Leser ab, die sich gern auf solch einen Roman einlassen würden.
Maria, William H. Gass sagte mir nichts. „Der Tunnel“ ist sicher einen Blick wert. Da werde ich mal erste Meinungen abwarten. Merkwürdig, dass dieser Roman erst jetzt ins Deutsche übersetzt wurde. Danke fürs aufmerksam machen!