von Petra » So 30. Mai 2010, 15:01
Hallo Rachel,
dass "Jeder stirbt für sich allein" wieder eine andere (für viele neue) Facette der Deutschen aus dem Zweiten Weltkrieg aufzeigt, ist - denke ich auch - ein Grund, warum es gerade mit so großem Interesse in England aufgenommen wird. Und im Grunde genommen geht es uns selbst ja auch so (je nachdem, wieviel man sich schon mit dem Dritten Reich auseinandergesetzt hat): Das Thema ist so komplex, dass man es immer wieder aus einem anderen Blickwinkel aus betrachten kann. Sei es ein Täter (man denke an Jonathan Littells "Die Wohlgesinnten"), oder ein Normalbürger, der Widerstand geleistet hat (hier passt Falladas "Jeder stirbt für sich allein" oder, was ich sehr beeindruckt gelesen habe, weil es in so leisen Tönen daher kommt und von solch einer unglaublich großen Tat, einem so großartigem Umdenken erzählt, "Der wiedergefundene Freund" von Fred Uhlman. Gibt es übrigens auch als Hörbuch. Die Geschichte sollte man lesen/hören, finde ich.). Oder die Sicht der Opfer (z. B. "Mein verwundetes Herz - Das Leben der Lilli Jahn 1900-1944" von Martin Doerry). Oder sachliche Fakten. Es gibt so viele Facetten, die alle dazugehören, wenn man im Ansatz verstehen/begreifen will, was damals geschehen ist. Und wie es dazu kommen konnte.
Ich denke, da gibt es viel zu entdecken. Selbst noch für uns - wie gesagt, je nachdem wieviel man sich schon mit dem Thema auseinandergesetzt hat. Für mich bleibt da immer noch genug zu entdecken. Nur muss ich dazu auch immer in der Verfassung sein, mich dem Thema stellen zu können. Denn es geht schon ganz schön nahe, was man den Menschen damals angetan hat. Und auch was Menschen wie Du und ich getan haben, um ihr eigenes Leben - und das ihrer Familien - zu schützen. Kürzlich haben wir "Inglourious Basterds" geguckt. Stellenweise muss man die Handlung ja nicht so ganz ernst nehmen. Und doch zeigt es so viel von der Grausamkeit auf, die stattgefunden hat. Welchen Sadisten Tür und Tor offengestanden hat. Und dass es immer auch Menschen gegeben hat, die mutig waren und gekämpft haben, so gut es ging. Und auch welchen Hass andere Nationen den Deutschen gegenüber in sich tragen müssen - auch das wurde mir verständlicher. Man kann da nie auslernen. Nie genug Eindrücke sammeln.
Umso froher bin ich, dass Du auf Fallada aufmerksam gemacht hast, und darauf, dass er im Ausland auf Interesse stößt.