Jonathan Littell: Die Wohlgesinnten

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Re: Jonathan Littell: Die Wohlgesinnten

Beitragvon Binchen » Fr 4. Jul 2008, 07:34

Huhu liebe Christine,

das man dieser Passage auch etwas interessantes abgewinnen kann - ist ja erstaunlich, aber warum musste das soooo aussschweifend sein?

Am Ende der Passage hatte auch mir gedämmert, dass der Autor das nicht einfach mal so ausgearbeitet hatte, sondern etwas damit ausdrücken wollte - wie schön, dass Du das so auf den Punkt bringen konntest.

Das Beispiel für die 'Judenfrage' hast Du also auch schon durch -

Ja diese Verwirr- und Puzzletaktik ist so manchem eigen - nicht nur unserem Dr. Aue, das kenne ich auch aus dem Alltag. Manche verlieren sich zu anderen Themen auch gerne.

Die Erholung war kurz - Ich empfand fast den ganzen Rest 'Langweiliger' sprich - das Entsetzen beschlich mich nicht mehr so schnell, entweder, weil ich von den Folgeereignissen auch schon soviel wusste, oder weil es sich hier um indirektere Methoden handelte .... - wir werden sehen *g*

Bin gespannt, wie Du weiterkommst.
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Re: Jonathan Littell: Die Wohlgesinnten

Beitragvon Christine » Fr 4. Jul 2008, 12:13

Huhu Binchen,

also besonders ausführlich fand ich dei Kaukasus-Passage jetzt nicht, das waren doch etwa 10 Seiten. Nachträglich ist mir auch noch eingefallen, dass diese Stelle natürlich die Begründung dafür ist, dass die Deutschen den Kaukasus nie erorbern werden können, die gebirgige Landschaft plus die verschiedenen Völker mit ihren Sprachen, die keiner versteht. Aber die Eroberung war ja ein Ziel, das wird ja genannt, es geht ja um die Erdölreserven in Baku am Kaspischen Meer.

Da fällt mir ein, was in diesem Buch auf jeden Fall noch fehlt, nämlich eine gute Karte. Ich habe erst mal meine diversen Atlanten durchsucht und zum Glück eine sehr ausführliche Karte der Ukraine gefunden. Der Atlas liegt jetzt immer aufgeschlagen neben mir und zum Glück sind die meisten Orte eingetragen. Mir reicht es ja nicht zu lesen, dass Aue zur Erholung auf die Krim fährt, ich muss ja wissen, wo auf der Krim ;)

Ist es dir beim Umblättern auch so gegangen, dass du wegen des dünnen Papiers oft zwei Seiten zusammen umgeblättert hast? Mir passiert das regelmäßig, sehr störend, aber man will ja auch kein Drei-Kilo-Buch mit normalem Papier.

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Re: Jonathan Littell: Die Wohlgesinnten

Beitragvon Binchen » Fr 4. Jul 2008, 16:05

Huhu Christine,

also 10 Seiten über Sprachen, deren Dialekte und Abarten - fand ich eindeutig zuviel - An Deiner KArtensuche erkennt man die Geographin in Dir oder? Mir genügte Krim, wobei mir auch die Vorstellung genügt, wo die ungefähr ist. Schließlich hätte Dr. Aue ein paar Jahre früher sogar Hester Latterly und Florence Nightingale dort treffen können ;) (aus den Monks) - Du siehst, ich bin ganz und gar nicht so sehr auf die speziellen Details und auch nicht unbedingt auf die REALITÄT aus.
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Re: Jonathan Littell: Die Wohlgesinnten

Beitragvon Christine » Sa 5. Jul 2008, 10:35

Binchen hat geschrieben: Schließlich hätte Dr. Aue ein paar Jahre früher sogar Hester Latterly und Florence Nightingale dort treffen können ;) (aus den Monks) - Du siehst, ich bin ganz und gar nicht so sehr auf die speziellen Details und auch nicht unbedingt auf die REALITÄT aus.


Huhu Binchen,

wie kommst du denn überhaupt mit dem Buch klar, wenn du nicht unbedingt auf Realität aus bist *grübel*, da ist doch eigentlich alles realistisch. Immerhin wäre Florence Nightingale ja auch eine realistische Person gewesen, aber wer ist Hester Latterly, die hört sich ja beinahe an wie Lady Chatterley :mrgreen: :mrgreen: :mrgreen: . Wenn es schon an fiktive Personen geht, dann vergiss nicht, dass Aue auf der Krim auch Thursday Next hätte treffen können :lol:

Ich bin übrigens immer noch im Kaukasus, Aue führt seinen privaten Kleinkrieg mit Turek und wandelt ansonsten auf den Spuren von Lermontov. So richtig kann ich seine Aufgaben nicht erkennen, hier mal ein Bericht, dort mal ein Gespräch. Hängt aber vermutlich damit zusammen, dass die Front nicht mehr vorwärtskommt und für "die Truppe hinter der Truppe" auch gar nicht mehr so viel zu tun ist. Interessant ist ja immer wieder, wie viele Menschen erkennen, dass das russische Abenteuer wohl nicht gutgehen wird, schon zu diesem Zeitpunkt und wie offen darüber gesprochen wird. Naja, der Führer ist weit.

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Re: Jonathan Littell: Die Wohlgesinnten

Beitragvon Binchen » Mo 7. Jul 2008, 07:29

Huhu liebe Christine,

tja die Realität ... - Wie gut, dass Dr. Aue ja auch fiktiv ist! An Thursday hab ich ja gar nicht mehr gedacht, vielleicht hätte Dr. Aue sich dann mit ihrem Bruder ... - nein zuviel ...

Hester kommt natürlich aus den Monks von Anne Perry. Die Realität hier habe ich mir ja ausgesucht, aber ich habe mir bewußt kein Sachbuch gegriffen. Ich mag es, wenn es ein Autor schafft, dass ich mich in eine Welt einfühle - und das gelingt Littell trotz der Traumszenen. Dafür gibt es ja genügend 'Nebencharaktere' - Damit vermittelt er mir dass, was ich für die Realität zu der Zeit halte. Egal ob es nun Mittelalter, 2. Weltkrieg oder die Hacker-Szene heute ist. Ich muss das gefühl haben, dass es so gewesen sein könnte, oder aber, dass Figuren so fühlen und denken könnten (gerade bei den Fürsten des Nordens)

Die Suche nach den Aufgaben wird Dir noch ans Herz wachsen müssen, fürchte ich, was meinst Du wohl, warum für mich die ersten knapp 400 Seiten so die besseren waren?
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Re: Jonathan Littell: Die Wohlgesinnten

Beitragvon Christine » Mo 7. Jul 2008, 11:05

Huhu Binchen

ich dachte für die waren die ersten 400 Seiten die besten, weil da mehr "Action" ist, da erlebt Aue wirklich was, da fließt ordentlich Blut :o

Ich bin jetzt durch mit den Bergjuden, nun muss er nach Stalingrad, das wird sicher nicht spaßig. Bei den endlosen Diskussionen um die Bergjuden, die fragwürdigen wissenschaftlichen Arbeiten (Fräulein Dr. Weseloh!) und der Konferenz habe ich mich ja manchmal wie im absurden Theater gefühlt. Es hätte eine unglaublich gute Parodie auf deutsche Gründlichkeit und Bürokratie sein können, wenn es nicht tatsächlich wahr wäre. Aber Aue beweist ja Mut und wagt es Dinge selber zu interpretieren, wie er selbst feststellt, der gleiche Fehler wie schon bei dem Bericht von 1939. Ich frage mich, ob ihm das politische Gespür so fremd ist, oder ob er tatsächlich nicht so richtig überzeugt ist. Mir scheint es das letzte zu sein, nachdem sein Freund Voss mal eben die ganze Rassentheorie als Blödsinn auseinander genommen hat. Kein Wunder, dass es für die beiden kein gutes Ende nimmt, Voss tot und Aue in Stalingrad. Man weiß zwar schon vorher, dass Aue überlebt, aber "Finite la commedia" ist da schon der passende Schlusssatz für dieses Kapitel.

Ich nehme an, ab jetzt wird wieder etwas mehr gestorben.

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Re: Jonathan Littell: Die Wohlgesinnten

Beitragvon Binchen » Mo 7. Jul 2008, 12:10

(Fräulein Dr. Weseloh!)

jaaa - da sagst Du was, liebe Christine, die Nuss erscheint mir doch als typisierendes Bild gewählt. Und dann die 'wissenschaftliche' Zusammenstellung der Informationen, einfach wie 'Das Amt' heutzutage - oder?

Über Aues mangelnden Scharfblick in politischer Hinsicht hab ich mich auch gewundert. Ist es so schwierig zu erkennen, wohin man sein Mäntelchen hängen muss um durchzuschlüpfen oder will er einfach nicht erkennen? Er hat doch studiert, ganz so schwer sollte es doch nicht sein, es zu erkennen und nicht wirklich dahinter zu stehen.

Die Strafe mit Stalingrad, ja die war schon passend platziert. Wer nicht spurt muss halt 'Fürs Vaterland' einstehen.

Wievielen wird es wohl so gegangen sein?
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Re: Jonathan Littell: Die Wohlgesinnten

Beitragvon Christine » Fr 11. Jul 2008, 10:25

Huhu Binchen,

so, Stalingrad haben wir nun hinter uns gelassen und sind noch zur Erholung auf Usedom bei den Karbolmäuschen. Diesen Ausdruck benutzt auch mein Vater immer für Krankenschwestern :lol:

Insgesamt fand ich Stalingrad ja etwas lahm, ich hatte etwas mehr Brutalität, mehr Hunger, mehr Kälte, mehr Panik erwartet. Das kam ja alles nur am Rand vor. Die Szene mitr Thomas Verwundung war ja komisch. Mir ist ja klar, dass Leute unter Schock merkwürdige Dinge tun, aber dass das dann auch funktioniert? Am besten hat mir das Gespräch mit dem sowjetischen "Politruk" gefallen, als die beiden die Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Kommunismus und Nationalsozialismus diskutiert haben. Da hätte ich gerne noch ein paar Seiten mehr von gehabt, die hätte ich dann bei dem komischen Traum nach Aues Verwundung gestrichen :? .Damit konnte ich ja so gar nichts anfangen.

Im Übrigen nähere ich mich so langsam der Hälfte des Buches *jubel*

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Re: Jonathan Littell: Die Wohlgesinnten

Beitragvon Christine » So 13. Jul 2008, 21:20

Huhu Binchen,

also manchmal könnte ich unseren Dr. Aue einfach nur schütteln *grummel*. Wenn Engländer bei der Bombadierung deutsche Zivilisten töten ist das Mord, wenn Deutsche die jüdische Bevölkerung liquidieren ist das irgendwas anderes, auf jeden Fall kein Mord und irgendwie sogar notwendig und daher richtig *aufreg*. Und dass seine Schwester das anders sieht als er, geht natürlich gar nicht! In dieser Begegnung wurde für mich deutlich, dass sie sich weiterentwickelt hat, ein erwachsenes Leben führt, und er??? Ist die SS so was wie ein Abenteuerspielplatz für kleine Jungs, die nicht erwachsen werden können/wollen und an ihren kruden Vorstellungen von Ehre, Kameradschaft und sonst was festhalten?
Eigentlich ist es ja kein Wunder, dass die meisten Neonazis männlich sind.
Besonders ernst nimmt Aue seine weitere "Karriere" ja nicht und bis jetzt hat man auch noch keine Verwendung für ihn. Komisch eigentlich, er ist doch kriegstechnisch gesehen im besten Alter. Ein bisschen vorderste Front wäre doch mal angebracht. Aber das kommt für ein so hohes SS-Tier natürlich nicht in Frage. Er ist und bleibt halt ein Schreibstubenhengst.

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Re: Jonathan Littell: Die Wohlgesinnten

Beitragvon Binchen » Do 17. Jul 2008, 12:28

klar kann man Dr. Aue schütteln, liebe Christine,

ich hatte manchmal das Gefühl, dass er es wirklich vor sich rechtfertigen konnte, dass eben Mord und Mord nicht dasselbe ist. Schließlich dienen die Deutschen einer großen Sache - aber so ist das ja immer bei diesen 'Glaubenskriegen' Interessant fand ich die Wendungen mit denen er sich immer wieder selbst beruhigt. Ich war mir nicht immer sicher, dass er daran glaubt. Manchmal schien mir zwischen den Zeilen einfach die Selbstberuhigung, versetzt mit Zweifeln durchzuschimmern. Deshalb hat er ja auch versucht mit anderen über Zweifel andeutungsweise zu reden.

Wie kommst Du mit dem verringerten Tempo zu Recht - für mich war nach dem Paukenschlagbeginn in Russland das Tempo ab Seite 300 oder so völlig raus und machte es mühsam weiter durchzuhalten.
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