von Petra » Mo 4. Apr 2011, 10:48
Hallo zusammen,
ich sehe das genauso wie Maria: Ein Sehnsuchtsort (sehr schöner Begriff, Maria) muss nicht nur mit positiven Erinnerungen behaftet sein. Ich habe selbst auch einen Sehnsuchtsort, der vieles birgt, auch viel Schlimmes. Und dennoch ist es mein Sehnsuchtsort. Meine Heimat (in meinem Fall ein Haus), die ich verloren habe und nach der ich mich sehen, ganz gleich, was dort alles geschehen ist. Gutes, wie aber auch schlechtes.
Davon denke ich, wird Stewart O’Nan mir etwas erzählen können.
Zu Rebecca: Dass es durch den einleitenden Satz nur so klingt, als sei Manderley für die zweite Mrs. de Winter positiv besetzt, sehe ich nicht so. Zum einen habe ich die Beschreibungen Manderleys der zweiten Mrs. de Winter, in das sie sich zurück träumt, als sehnsuchtsvoll empfunden, ganz unabhängig davon, ob sie damit mehr positive oder negative Erinnerungen verbindet. (Spoiler bis Absatzende) Darüber hinaus aber, wollen doch im Roman am Ende Maxim de Winter und seine zweite Frau, nach Manderley zurückkehren, um dort, befreit von der Last Rebeccas, ein neues, glückliches Leben zu beginnen. Als sie dort ankommen, steht Manderley in Flammen. Ich sehe es so, dass die negativen Erlebnisse an Rebecca gebunden sind, nicht aber an Manderley selbst. Rebecca war die Wurzel des Übels. Manderley blieb reizvoll, so sehr, dass sie gemeinsam dort leben wollten, nun endlich befreit von Rebeccas Last. Denn, wie Maria so treffend ausdrückte, kam das Schrecken ja von innen, nicht von Manderley selbst.
Maria, was Du über den Verlust der Heimat Deiner Eltern im II. Weltkrieg schreibst, liegt mir auch sehr nahe. Mein Vater (und meine Großmutter) mussten auch flüchten. Und sie mussten mit ansehen, wie mein Großvater (also der Mann, der Vater) von den Russen abtransportiert wurde. Schrecklichere Ereignisse kann man an die Heimat nicht knüpfen. Und trotzdem war es ein Sehnsuchtsort.
Edit: Steffi, Deinen Beitrag habe ich erst nach dem absenden gesehen. Interessant, dass Du Siegfried Lenz' "Heimatmuseum" nennst. Denn als Maria kürzlich darüber schrieb, lockte es mich aus eben diesen Gründen: Heimatverlust. Sehnsucht nach einem Ort. Danke für die Ergänzung!