Türkische Literatur

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Re: Literarisch bereiste Länder 2013

Beitragvon Lilywhite Lilith » Di 22. Jan 2013, 03:26

Da beteilige ich mich auch gerne. Mich zieht es nach langer Zeit wieder in die

Tuerkei

Passend zum gerade recht heftigen Winter hier:
Ferit Edgue, "Ein Winter in Hakkari". Der Roman wurde von Erden Kiral 1983 verfilmt und gehoert zu meinen Lieblingsfilmen.
Yasar Kemal, seine "Anatolische Trilogie":
- Der Wind aus der Ebene
- Eisenerde, Kupferhimmel
- Das Unsterblichkeitskraut
Yasar Kemal ist fuer mich schon lange ein Anwaerter auf den Nobelpreis.

Liebe Gruesse
Lilith
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Re: Literarisch bereiste Länder 2013

Beitragvon Petra » Mi 23. Jan 2013, 12:03

Hallo Lilith,

und wieder einmal sehr interessant! Der türkischen Literatur will ich mich schon lange mehr zuwenden, und habe auch einige sehr interessante Bücher dazu zu Hause. Du erinnerst mich an mein Vorhaben, und sie rücken wieder ein Stückchen mehr ins Bewusstsein.

Mich interessiert die türkische Literatur weil dieses Land im Umbruch ist, weil wir viele türkische Mitmenschen in Deutschland haben, und weil mein Mann selbst auch Türke ist, und in einem türkischen Dorf nahe Anatolien großgeworden ist.

Wie mir scheint, sollte ich Yasar Kemal mal meine Aufmerksamkeit schenken, wenn Du ihn so hoch einschätzt. Für diesen Tipp danke ich Dir! Kannst Du mir ein Buch von ihm besonders empfehlen? Die "Anatolische Trilogie", die Du auf Deinem SUB hast, scheint sehr interessant. Aber vielleicht gibt es auch einen Einzelband, den Du empfehlen kannst.
Liebe Grüße,
Petra


Ich lese gerade: :lesen:
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Ich höre gerade: :kopfhoerer:
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Re: Literarisch bereiste Länder 2013

Beitragvon Lilywhite Lilith » Mi 23. Jan 2013, 17:26

Hallo Petra,

das mit dem "SUB" hab ich falsch gemacht. Die Buecher habe ich schon gelesen und will sie nur jetzt erneut lesen, nach vielen Jahren.

Bitte nicht boese sein wenn ich etwas weitschweifig werde [wie jetzt auch wieder], aber durch deine Nachfrage ist jetzt gerade mein "Tuerkei-Schatzkaestlein" aufgesprungen. Wunderschoene Erinnerungen an die 80er Jahre. Ich durfte ein Jahr lang tuerkische und kurdische Kinder in einer Hauptschule bei den Hausaufgaben betreuen. Die Erinnerungen an diese Zeit gehoeren zu den schoensten meines Lebens. Als mir die Kinder von ihrer "Heimat" zu erzaehlen begannen, entwickelte sich damals bei mir ein sehr starkes Interesse an tuerkischer Literatur. Und Musik ["meine" Kinder haben mich in tuerkische Laeden geschleppt, wo wir dann stundenlang Cassetten angehoert und gekauft haben]. Ich wollte diese Welt "meiner" Kinder naeher kennenlernen und habe daraufhin in Buchlaeden so ziemlich alles erstanden, was mir interessant erschien und habe die Buecher mit wachsendem Hunger verschlungen. Das Angebot war recht ueberschaubar, weil sich das Interesse an tuerkischer Literatur damals offensichtlich noch sehr in Grenzen hielt. Mit Yasar Kemal war das etwas anders. Da gab es doch schon einige Uebersetzungen.
An dieses Jahr mit vielen wunderbaren Begegnungen schloss sich eine Tuerkeireise an. Mit Jeep sollte es bis zum Ararat gehen. Gekommen sind wir dann doch "nur" bis zum Nemrut Dagi. Aber die Eindruecke waren unglaublich intensiv, ja ueberwaeltigend [und eigentlich waere ich anschliessend am liebsten in die Tuerkei ausgewandert]. Hach, und heute Abend werde ich mir einen "tuerkischen Musikabend" machen. Und ja, mit "Arabesk"-Musik [auch wenn Fazil Say seine Nase ruempft ueber diese Musik]. So, und jetzt mache ich das tuerkische Kaestchen schnell wieder zu.

Beim Suchen nach meinen tuerkischen Schaetzen musste ich eben mit Entsetzen feststellen, dass mein Tuerkei-Buecherblock nun sehr zerpflueckt auf meine Buecherregale im ganzen Haus verteilt und somit eine nie vorhandene Systematik vollends zerstoeert ist. Schade!
Ich erinnere mich, dass "Das Lied der tausend Stiere" [1971] von Yasar Kemal meine allererste Begegnung mit tuerkischer Literatur war. Ich kann es dir empfehlen:

http://www.unionsverlag.com/info/titinf ... ormationen

Was ich an Kemal so schaetze [ich kann es leider nicht so gut in Worte fassen], ist seine wunderbar poetische Sprache. Die Art und Weise, wie er Natur und Landschaft beschreibt. Da war ich immer so tief drin in seinen Geschichten, dass ich den heissen Wind oder die Eiseskaelte einer Nacht auf meiner Haut spueren und mitempfinden, den Duft der Blumen foermlich riechen konnte. Ich konnte mit seinen untergehenden Helden mitleiden, vor allem natuerlich mit den ausgebeuteten, unterdrueckten und geschundenen Menschen und Kreaturen.
Nun liegen zwischen diesem Buch und der Gegenwart mehr als 40 Jahre, und ich muss gestehen, dass ich leider nicht drangeblieben bin und keine aktuelle tuerkische Literatur gelesen habe. Von Orhan Pamuk stehen zwei Baende ungelesen im Regal ["Schnee" und noch ein anderer Titel].
Ein Band mit Erzaehlungen von 9 tuerkischen Autoren ist mir auch noch in sehr guter Erinnerung:
"Erkundungen", Verlag Volk und Welt, Berlin [noch gebraucht erhaeltlich bei Amazon, wie ich eben gesehen habe]. Der Erkundungsband repraesentiert so etwa 40 Jahre tuerkischer Prosa, und es klingen viele wichtige Themen darin an. Onat Kutlar hat mich, besonders sprachlich, von allen am tiefsten beeidruckt. Leider habe ich bisher keine Uebersetzungen von Werken dieses Autors finden koennen, der ja 1995 bei einem Bombenattentat in Istambul ums Leben kam.
Ich erinnere mich, dass du das Hoerbuch "Der Fremde" von Camus gelobt hast. Das Buch "Ein Istanbuler Traum" von Demir Oezlue koennte dir, denke ich, da ganz gut gefallen. Hier findest du etwas dazu:

http://www.dagyeliverlag.de/Unterseiten ... Traum.html

Von Nadim Guersel habe ich seinen Band mit Erzaehlungen, "Ein Sommer ohne Ende", noch in guter Erinnerung.

Vielleicht waere eines der genannten Buecher interessant fuer dich.
Mich haben damals ganz besonders auch Buecher interessiert von tuerkischen AutorINNEN. Saliha Scheinhardt ["Traene fuer Traene werde ich heimzahlen"], Latife Tekin ["Der Honigberg"], Fueruzan ["Logis im Land der Reichen"] und Aysel Oezakin ["Die Leidenschaft der Anderen", "Der fliegende Teppich"] hatte ich damals gelesen. Gefallen und angesprochen haben mich durchwegs alle.
Das erwaehnte Buch von Ferit Edgue, "Ein Winter in Hakkari", ist fuer mich ein Kleinod. Was fuer ein Buch! Und was fuer ein wunderbarer Film!
Sicher kennst du den Film "Yol" von Yilmaz Gueney. Von Semih Kaplanoglu gibt es eine sehr sehenswerte filmische Trilogie "Yumurta", "Sut" und "Bal":

http://de.wikipedia.org/wiki/Semih_Kaplano%C4%9Flu

Diese Filme haben mich sehr begeistert. Aber das nur nebenbei.
Du ahnst vielleicht, wie gross meine Tuerkei-Begeisterung ist.
:-)

Liebe Gruesse
Lilith
Zuletzt geändert von Lilywhite Lilith am Mi 23. Jan 2013, 23:20, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Literarisch bereiste Länder 2013

Beitragvon JMaria » Mi 23. Jan 2013, 17:38

Hallo ihr Lieben,

Lilith hat geschrieben:Von Orhan Pamuk stehen zwei Baende ungelesen im Regal ["Schnee" und noch ein anderer Titel].


normalerweise würde ich als Erstlektüre nicht zu "Schnee" raten, doch mir scheint, du kennst dich auch mit der politischen Situation in der Türkei aus. "Schnee" ist neben anderen Elementen durchaus kafkaesk zu nennen.

Ansonsten natürlich "Rot ist mein Name" . Mit diesem Buch hatte mich der Autor sofort an der Angel.

hier gehts zu unseren Orhan Pamuk-Thread:
viewtopic.php?f=2&t=438&st=0&sk=t&sd=a&hilit=orhan+pamuk
Schöne Grüße, Maria
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Re: Türkische Literatur

Beitragvon Lilywhite Lilith » Mi 23. Jan 2013, 18:08

Hallo Maria,

lieben Dank fuer deine Hinweise zu Orhan Pamuk!
Ich bin sprachlos. Es gibt hier nicht nur einen Thread zu tuerkischer Literatur allgemein, sondern auch zu einzelnen Autoren. Das ist so schoen. Haette es ein solches Forum doch schon vor 30 Jahren gegeben!
:-)

Mit der politischen Situation in der Tuerkei bin ich vertraut, so gut das eben moeglich ist. Eine Tragoedie, die sich da abspielt. Die Tuerkei findet den Weg nicht, der durch Atatuerk vorgezeichnet schien, hin zu einem demokratisch regierten Land.

Liebe Gruesse
Lilith
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Re: Türkische Literatur

Beitragvon Petra » Do 24. Jan 2013, 12:14

Hallo Lilith,

für Weitschweifigkeit ist Dir hier niemand böse! :mrgreen:
Im Gegenteil: Wieder ein wunderbarer Beitrag zu einem hochinteressanten Thema der Literatur!

Ganz besonderes Interesse hast Du in mir geweckt für „Ein Winter in Hakkari“ von Ferit Edgü. Ich habe mir die Inhaltsbeschreibung bei Amazon angesehen, und ich bin ganz berührt davon, kann mir diese Geschichte des Lehrers so gut vorstellen, wie er scheinbar wissend ins Dorf kommt, seine Haltung ihn aber einsam macht, und wie er langsam dort ganz andere Dinge schätzen und lieben lernt. Du hast mich so neugierig auf das Buch gemacht, dass ich mir soeben (wie ich direkt im Bücherkauf-Thread berichten musste ;-)) das Buch gekauft habe.

Wurde die Verfilmung zu dem Buch auch deutsch synchronisiert? Gibt es ihn auf DVD (ich habe ihn nicht gefunden)? Ich kann nicht gut Türkisch (ich bin froh, dass ich inzwischen ungefähr herausfiltern kann, um was es in Gesprächen geht), deshalb müsste es für mich mindestens einen deutschen Untertitel geben, damit es Sinn macht. Und heißt der Film genauso wie das Buch „Winter in Hakkari“? Würde mich sehr interessieren.

Die von Dir empfohlene Trilogie „Ei – Milch – Honig“ kenne ich nicht. Umso dankbarer bin ich Dir für diesen tollen Tipp! Ich habe die :arrow: DVD direkt bei Amazon gesucht und (in deutscher Synchronisation) gefunden, und sie ist auf meinem Wunschzettel gelandet. Diese Trilogie möchte ich unbedingt sehen, und mein Mann wird sich gewiss auch sehr freuen. Mag natürlich gut sein, dass er sie schon kennt. Werde ich dann erfahren. Ich möchte ihn aber überraschen, und frage erst, wenn ich die DVD dann mal habe.

Auch den Film „Yol“ kenne ich nicht. Diesen Film von Yilmaz Gueney scheint es aber wiederum nicht in deutscher Synchronisation auf DVD zu geben. Aber da hoffe ich mal auf eine Ausstrahlung im TV.

Der Blick in Dein türkisches Schatzkästchen hat mich begeistert und fasziniert. Schön zu erfahren, wo Dein Interesse für die türkische Literatur (und sonstige Kultur) kommt. Und wie beeindruckend, dass es jemanden gibt, der nicht nur diesen Kindern Unterricht gegeben hat, sondern auch von ihnen bereit war zu lernen. Dafür hast Du meinen größten Respekt! Ganz sicher hast Du durch Dein Interesse für die Herkunft der Kinder auch deren Interesse für ihre deutsche Heimat geschärft. Schön, wenn die Menschen und die Kulturen einander annehmen können. Somit verstehe ich nun auch, warum sich Deine literarischen Entdeckungen auf die 80er Jahre beschränken. Für mich bereichernd, denn bei mir verhält es sich genau anders herum. Mein Interesse für die türkische Literatur kam (relativ zeitgleich) durch zwei Faktoren: 1.) Die Türkei war vor einigen Jahren Gastland der Frankfurter Buchmesse. Diese Gastländer erhalten seit einiger Zeit immer einen eigenen Thread hier bei uns im Forum. Und da wird man natürlich durch den Austausch neugierig auf den ein oder anderen Autor oder Titel. 2.) Durch meinen damaligen Freund (inzwischen mein Ehemann) bin ich auf die Kultur (und somit auch auf die türkische Literatur) neugierig geworden. Auf dem Weg etwas über seine Herkunft, seine Heimat, seine Mentalität zu erfahren, ist mir ein Bedürfnis. Vor allem, seit wir vor viereinhalb Jahren in seinem Dorf waren, und ich mir seither natürlich vorstellen kann, wie und wo er gelebt hat, und wie das Leben dort in der Türkei (in dem Dorf, aber auch in Adana, wo er lange gelebt hat, und auch in Istanbul – aber in Istanbul waren wir noch nicht gemeinsam, das möchte ich aber unbedingt mal) ist, wo es sich von dem unseren unterscheidet, etc..

Ein breites Thema, denn die Türkei hat so viele Gesichter!

Meine erste Berührung mit der Türkei hatte ich übrigens schon lange bevor ich meinen Mann kennenlernte. Wir haben einen letzten großen Urlaub mit meinen kranken Eltern vor Jahren dort gemacht. Meine Eltern, mein Bruder und ich. Da uns bewusst war, dass es wohl unsere letzte gemeinsame Reise würde, haben wir sie ganz besonders intensiv erlebt und genossen, und die Türkei hat aus diesem Grund schon etwas persönliches für mich. Aber auch die Art der Reise war sehr dazu geeignet, das Land kennenzulernen. Wir haben eine Rundreise gemacht, und die Reiseleiterin (eine ganz weltoffene Instanbulerin) hat uns eine ganz unverhoffte Türkei gezeigt, die stellenweise doch viel moderner ist, als man denken mag. Außerdem mochte die Reiseleiterin unsere Familie ganz besonders, so dass sie viel Zeit mit uns verbracht, und uns ganz viel auch am Rande gezeigt und erklärt hat. Eine unvergessliche Reise. Und da meine Eltern vor ihrem Tod meinen jetztigen Mann noch kennengelernt haben, freut mich auch sehr, dass sie somit auch seine Heimat kannten.

Du siehst, ich bin auch weitschweifig! *g*

Auf meiner Leseliste stehen besonders diese Bücher:

Zülfü Livaneli: Glückseligkeit
Mario Levi: Istanbul war ein Märchen
Orhan Pamuk: Verschiedene Titel
Elif Shafak: Der Bonbonpalast
Murathan Mungan: Tschador

Orhan Pamuk betreffend, hast Du in Maria eine sehr gute Beraterin. Sie hat Dir ja auch schon ein paar persönliche Empfehlungen gegeben. Schön, dass „Schnee“ auch bereits in Deinem Regal steht.

Deine anderen Tipps werde ich mir alle in Ruhe anschauen. Interessant auch darunter „Ein Istanbuler Traum“, da Du meinst, dass es mir liegen könnte, da mich Camus’ „Der Fremde“ so beeindruckt hat. Danke für den Hinweis.

Besonders interessiert mich aber nun auch Yasar Kemal, denn was Du über seine Art zu schreiben berichtest, spricht mich ungemein an. Es scheint ein nahezu sinnliches Lesevergnügen zu sein, wenn er Gerüche, Hitze und Kälte, Gefühle und Mitgefühl so lebendig machen kann.

Vielen Dank für die zahlreichen Tipps! Und Du siehst: Mit Deiner Türkei-Begeisterung bist Du hier im Forum nicht alleine. :-)

Edit 1: Soeben habe ich auch von Yasar Kemal zwei Hörbücher entdeckt. Einmal zu :arrow:Der Granatapfelbaum“ – dieser Roman sprach mich besonders an, so dass ich auf das Hörbuch dazu nun ein Auge geworfen habe, zumal auch der Sprecher (Stephan Schad) gut ist. Aber auch :arrow: “Memed mein Falke soll ein tolles Hörbuch sein. Da stört mich nur, dass es die Weiteren Memed-Romane nicht als Hörbuch gibt.

Edit 2: Das Hörbuch „Der Granatapfelbaum“ von Yaşar Kemal habe ich auch eben bestellt und habe im :arrow: Hörbücher-Neuzugänge-Thread darüber berichtet. Du bist gefährlich für meinen Geldbeutel, Lilith. :-)
Liebe Grüße,
Petra


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Ich höre gerade: :kopfhoerer:
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Re: Türkische Literatur

Beitragvon Lilywhite Lilith » Do 24. Jan 2013, 16:48

Hallo Petra,

deinen Beitrag habe ich mit Freude gelesen.
:-)

So beruehrend, wass du ueber die letzte gemeinsame Tuerkeireise mit deinen Eltern schreibst.
Danke fuers Teilhabenlassen an deinen Erinnerungen.

Mein Interesse an der tuerkischen Literatur hat seit den Tagen, an denen mir "meine" Kinder ihre Heimat naehergebracht haben, nie nachgelassen, sondern zwangslaeufig nur geruht. Ich war jahrelang beruflich dermassen ueberlastet, dass fast alle meine ausserberuflichen Interessen komplett ruhen mussten. Vieles wartet nun darauf, endlich wieder aus den Erinnerungskaestchen hervorgeholt, weiterverfolgt, vertieft oder neu belebt zu werden. Was fuer ein Glueck.

Wahrscheinlich gehoert das Folgende eher in den "Literaturverfilmungen"-Tread und vielleicht magst du es dahin verschieben? Dort mag ich machher gerne noch etwas von einer anderen Entdeckung schreiben.

Zu deinen Fragen [und wieder wird’s ein bischen weitschweifig, aber vielleicht koennen es ja Anregungen fuer den einen oder anderen sein]:

Was die TV-Ausstrahlung solcher Schaetze wie "Eine Saison in Hakkari" [so der Filmtitel] betrifft, kann ich mich deiner Hoffnung nur anschliessen. Im TV-Browser" [vielleicht kennst du diese Software] habe ich auf meiner Lieblingssendungen-Liste so einige Namen von Regisseuren und Filmtiteln stehen, von denen ich hoffe, dass da irgendwann ein Sendedatum dazu angezeigt wird um diesen Filmschaetzen einmal wiederbegegnen zu duerfen. Wenn ich frueher einen Film gesehen habe, der mich ganz tief beruehrt und beschaeftigt hat, habe ich den Titel sofort in mein "Erinnerungsbuechlein" geschrieben mit Zeitungsauschnitten und Hinweisen. Darin vermerkt sind auch weitere, sehr interessante Literaturverfilmungen, wie z. B. "Fischkonzert" und "Das wiedergefundene Paradies" [Romanvorlage jeweils Halldor Laxness] von Rolf Haedrich, oder "Kaos" [nach 5 Novellen von Luigi Pirandello] von den Bruedern Taviani.
Oder der Film "Das Land der Blinden oder Von einem der auszog" von Pete Ariel [Vorlage war die Erzaehlung von H. G. Wells], mit der wunderbaren Film-Musik von Eberhard Weber [!]. Er lief damals in einer Sendereihe, die im ZDF spaet am Abend ausgestrahlt wurde und sich "Das kleine Fernsehspiel" nannte und in der oft herausragende Produktionen gezeigt wurden. Auch Experimentelles [kaum zu glauben].

Aber ich bin sehr skeptisch. Es wird wohl, heute wie damals, eher eine kleine Minderheit von Filmenthusiasten sein, die mit solchen Filmen etwas anfangen kann. Man koennte vielleicht entsprechende Foren sensibilisieren und gemeinsam eine Petition bei den Oeffentlich-Rechtlichen einreichen mit Titeln, die doch bitte, bitte einmal wieder aus den verstaubten Archiven gekramt und den Menschen gezeigt werden? Ach waere das schoen, ich mag gar nicht daran denken.

Der Film "Eine Saison in Hakkari" wurde in den 80er Jahren im Fernsehen gezeigt, dort habe ich ihn gesehen. Leider wurde er [wie so manch anderes Juwel] meines Wissens nie auf DVD veroeffentlicht. Moeglicherweise kann man ihm, wenn man ganz grosses Glueck hat, einmal in einem Programmkino begegnen. Das finde ich sooo schade.

"Yol" wurde ebenfalls etwa zu dieser Zeit im Fernsehen gezeigt. Es existieren also von beiden Filmen synchronisierte Fassungen
.
Nach dem Tod Gueneys gab es eine Auseinandersetzung um die Auswertungsrechte an diesem Film, der, so ist mein letzter Informationsstand, bis heute andauert. Dies ist wohl der Grund, weshalb er nie in deutscher Synchronisation auf DVD erschienen ist. Extrem schade!

Es ist fuer mich jetzt im Rueckblick so offensichtlich, dass es kein Zufall ist, dass in den 80ern ploetzlich einige tuerkische Filme synchronisiert und uns so zugaenglich gemacht sowie einige tuerkische Autoren ins Deutsche uebersetzt werden. Zu dieser Zeit setzte wohl endlich ein breiteres Beduerfniss ein, mehr ueber das Land zu erfahren, aus dem der Arbeitskollege bei Opel oder die Nachbarn stammen, wie es dort aussieht, in dem fernen Land, und wie man da lebt. Ein Glueck fuer mich, dass das zeitlich zusammenfiel mit meiner Taetigkeit als Hausaufgabenbetreuer. Das war bestimmt kein Zufall.
:-)

Mir faellt gerade noch ein sehr beeindruckender Film aus dieser Zeit ein: "40qm Deutschland" von Tevfik Baser:

http://de.wikipedia.org/wiki/40_qm_Deutschland

Fuer einen anderen Film dieses Regisseurs hat ein Roman der Schriftstellerin Saliha Scheinhardt die Vorlage geliefert, die ich ja erwaehnt hatte und deren Buecher mich ebenfalls sehr beeindruckt hatten.

Diese weiteren kleinen Anregungen wollte ich gerne beitragen.

Liebe Gruesse von

Lilith

Edit 1

Du bist gefährlich für meinen Geldbeutel, Lilith. :-)

:-)
Gerne!

Edit 2

Hast du die gebundene Ausgabe erstanden? Da finde ich die Umschlaggestaltung so wunderschoen gelungen, so passend...
Lilywhite Lilith
 

Re: Türkische Literatur

Beitragvon Petra » Fr 25. Jan 2013, 17:01

Hallo Lilith,

So beruehrend, wass du ueber die letzte gemeinsame Tuerkeireise mit deinen Eltern schreibst.
Danke fuers Teilhabenlassen an deinen Erinnerungen.


Sehr gern! Ich danke Dir für Deine Worte! Für meinen Bruder und mich sind es wirklich unauslöschliche Erinnerungen, die wir für unser Leben haben. Ungemein wertvoll! :-)

Dass Du nun, nach vielen Jahren, wieder Zeit findest, Dich Deinen persönlichen Interessen zuzuwenden, freut mich sehr! Lilith, es ist so wichtig, dass man das kann. Das Leben ist so kurz und wertvoll, so dass man sich auf lange Sicht diese Zeit nicht nehmen lassen sollte. Keiner kann sie einem zurückgeben. Deshalb wünsche ich Dir ganz viel Freude beim öffnen Deiner alten Schatzkästchen, in denen all Deine Interessen für einige Jahre vorborgen geschlummert haben. :-)

Wahrscheinlich gehoert das Folgende eher in den "Literaturverfilmungen"-Tread und vielleicht magst du es dahin verschieben? Dort mag ich machher gerne noch etwas von einer anderen Entdeckung schreiben.


Zu Deiner anderen Entdeckung (ich kann es immer noch nicht fassen – wie wundervoll!) habe ich heute morgen im Literatur-Verfilmungs-Thread schon was geschrieben. Zu den Filmen, die Du hier noch genannt hast, werde ich mich heute Abend oder am Wochenende auch im Literatur-Verfilmungs-Thread noch äußern. Ich zitiere Deinen Beitrag dann dort und setze meine Antwort darunter. So sind die tollen Verfilmungen auch dort festgehalten. :-)

Dass es auch zu „Yol“ eine synchronisierte Fassung gibt, ist gut zu wissen. Natürlich entmutigend, dass mit einer Ausstrahlung oder gar Veröffentlichung auf DVD nicht zu rechnen ist. Danke für die Hintergründe hierzu, bezüglich der Rechte zu dem Film.

Es ist fuer mich jetzt im Rueckblick so offensichtlich, dass es kein Zufall ist, dass in den 80ern ploetzlich einige tuerkische Filme synchronisiert und uns so zugaenglich gemacht sowie einige tuerkische Autoren ins Deutsche uebersetzt werden. Zu dieser Zeit setzte wohl endlich ein breiteres Beduerfniss ein, mehr ueber das Land zu erfahren, aus dem der Arbeitskollege bei Opel oder die Nachbarn stammen, wie es dort aussieht, in dem fernen Land, und wie man da lebt. Ein Glueck fuer mich, dass das zeitlich zusammenfiel mit meiner Taetigkeit als Hausaufgabenbetreuer. Das war bestimmt kein Zufall.


Da wirst Du richtig liegen. In den 80er Jahren mag auch bewusst geworden sein, dass aus den 1-2 Jahren arbeiten, und dann zurück in die Heimat gehen, nichts geworden ist. Dass unsere türkischen Nachbarn wirkliche Nachbarn sind, mit denen wir zusammen leben. Ich kenne das alles sehr aus der Familie meines Mannes. Seine Eltern arbeiteten bei Bayer. Es war angedacht, hier ein bisschen Geld zu verdienen, und dann zurück in die Heimat zu gehen. Doch aus einem Jahr wurden zwei, aus zwei fünf, aus fünf zehn, aus zehn vierzig. Schlimm auch für die Kinder. Zwei von ihnen wuchsen bei den Eltern in Deutschland auf, zwei (u. a. mein Mann) in der Türkei, da man dachte, man bleibe eh nicht lange in Deutschland. Eine zerrissene Kindheit, zwischen zwei Kulturen, zwischen vielen Verwandten, bei denen er groß geworden ist. Mal ein Jahr hier, mal ein Jahr da.

Es gibt einen tollen Film über dieses Thema: „Almanya – Willkommen in Deutschland“- hier der Link zur :arrow: DVD. Wir haben den Film sehr gern angesehen, und Ayhan (mein Mann) hat sich und seine Landsleute in vielem wiedergefunden.

„40qm Deutschland“ scheint auch so ein toller Film zu sein, der sich genau mit dem Thema beschäftigt. Auch hierfür herzlichen Dank für die Info! Er ist bei Amazon gelistet, als :arrow: VHS-Kassette, aber derzeit bietet niemand diesen Film an. Ich werde ihn aber auf meine Wunschliste setzen. Vielleicht ist er ja irgendwann mal dort im Angebot.

Aber auch Saliha Scheinhardt und ihre Bücher werde ich mir ganz genau anschauen. Tolle Anregungen, die ich hier durch Dich bekomme!

Mein Exemplar von „Ein Winter in Hakkari“ ist leider die TB-Ausgabe. Es gab von der gebundenen Ausgabe leider kein neuwertiges Exemplar. Mir wäre die sonst auch lieber gewesen, da mir auch das Cover sehr zugesagt hatte. Aber vielleicht gibt es das ja irgendwann noch mal günstig und neuwertig, dann würde ich mein TB verschenken. Ich fände da ganz gewiss Abnehmer! :-)
Liebe Grüße,
Petra


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Re: Türkische Literatur

Beitragvon DorisV » Mo 28. Jan 2013, 22:04

Ich bin ja auch ein bekennender Türkei-Fan, auch wenn ich schon viele Jahre dort nicht im Urlaub war. Aber immer wieder lese ich türkische Literatur, oder Bücher über die Türkei.

Ein paar passende Bücher habe ich natürlich auch, und ich hoffe, sie wurden nicht alle hier schon erwähnt.

Über die Eroberung Istanbuls durch Mehmet II und einem Schriftsteller in der Gegenwart, der über Mehmet II schreibt, handelt dieses Buch: Nedim GÜRSEL: Der Eroberer

Aus dem Klappentext: Abgekapselt in seine Welt der Worte und der Faszination für den leidenschaftlichen Herrscher erlegen, der Istanbul wie kein zweiter zu prägen vermochte, entfernt sich der Erzähler mehr und mehr von der Realität des täglichen Lebens, um einzutauchen in die geheimnisvollen Tiefen der osmanischen Welt.

Serdar ÖZKAN: Die Stimme der Rose handelt von einer jungen Frau, die um ihre Mutter trauert. Schliesslich erfüllt sie den Wunsch ihrer Mutter und begibt sich auf eine Reise in die Türkei - und den Rosengarten einer weisen, alten Frau.

Um eine Vater-Tochter Beziehung in der Türkei der 40er und 50er Jahre geht es in: Selim ÖZDOGAN: Die Tochter des Schmieds

Izmir ist Schauplatz eines Romans, in dem ein in Deutschland lebender IT-Spezialist auf einer Reise in die Heimat sich selbst findet: Yüksel PAZARKAYA: Ich und die Rose

Ein Krimi um Terror, Kinderprostitution, Geheimdienst, Traum und Realität ist: Ahmet Ümit: Nacht und Nebel

Spielt nur in Istanbul, geschrieben von einer Amerikanerin: die Romanbiographie über Aimee DuBuc der Rivery, die mit einem Schiff entführt wurde und in den Harem Selim's kommt, und im Laufe der Jahre im Harem die Ziehmutter des späteren Herrschers Mahmud wird der sie schliesslich zur Valide Sultan macht: der mächtigsten Frau im Harem. Über Aimee gibt es einige Romane.
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Re: Türkische Literatur

Beitragvon JMaria » Mi 30. Jan 2013, 12:01

Hallo Doris,

ich bin gerade dabei deine Tipps durchzuschauen. Dabei habe ich entdeckt, daß es ein Folgebuch zu "Selim ÖZDOGAN: Die Tochter des Schmieds" gibt, nämlich

Heimstraße 52
http://www.amazon.de/Heimstra%C3%9Fe-52 ... 855&sr=8-1

vielleicht wußtest du das noch nicht :?:

"Die Stimme der Rose" von Serdar Özkan gibt es gerade bei Amazon als günstiges Restexemplar:

http://www.amazon.de/Die-Stimme-Rose-Se ... 905&sr=1-1

jetzt geh ich weiterstöbern. Danke für die Tipps, mal sehen was sich daraus ergibt :-)

achja, von Aimee DuBuc der Rivery habe ich auch vor zig Jahren eine Biographie gelesen, ich weiß allerdings nicht mehr, welcher Autor das war und ich kann nicht mehr nachschauen. Doch ihre Lebensgeschichte fand ich auch spannend zu lesen.
Schöne Grüße, Maria
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