von Lilywhite Lilith » Di 22. Jan 2013, 20:55
Hallo Petra,
leider habe ich zur erwaennten Uebersetzung der "Grossen Erwartungen" von Meyrink keine Textprobe wenigstens des Anfangs gefunden, so dass ich eine Gegenueberstellung haette machen koennen. Ich kann aber sagen, dass mir die Meyrink-Uebersetzung beim "Oliver Twist" sehr gut gefallen hat. Und dass ich bei der Neuuebersetzung von Melanie Walz etwas Entscheidendes vermisse [das spuere ich bereits nach wenigen Saetzen], was den viel aelteren Uebersetzungen meiner Meinung nach eigen ist, und das ich vieleicht mit "Charme" bezeichnen koennte. Diese "Alterthuemlichkeit" der Sprache, die eben diesen Charme fuer mich ausmacht. Das st sicher nicht das richtige Wort, aber ich bin sicher, du weisst, was ich meine.
Gerne wollte ich auf deine Frage hin noch sagen, dass ich mir zunaechst den "Oliver Twist", danach dann die "Grossen Erwartungen" hoerend einverleibt und mir nun, wiederum mit grossem Genuss, den "Nicholas Nickleby" anhoere. Alle drei Hoerbuecher, wie du ja anmerkst, von Hans Paetsch gesprochen. Was fuer wunderschoene Hoererlebnisse!
Ja, was soll ich zu Hans Paetsch noch sagen? Ausser, dass es mir vollkommen unbegreiflich ist, dass mir dieser in meinen Ohren so grossartige Sprecher erst vor wenigen Wochen begegnet ist?
Zum Glueck hat er auch einige Maerchen der Grimms eingelesen, die es auf CD gibt, darauf freue ich mich auch schon sehr.
So schoen die Hoerbuchhoererei unbestreitbar ist, sie hat durchaus auch ihre Tuecken.
Ich mag und kann eigentlich gar nicht mehr schoen einschlafen ohne die Stimme von Hans Paetsch im Ohr zu haben. Leider bringt es die Gewohnheit, Hoerbuecher sehr spaet in der Nacht zu hoeren, noch dazu mit uebergestuelptem Kopfhoerer, nicht selten [nein, ich muss zugeben, dass es eher die Regel geworden ist] mit sich, dass mich die Stimme von Hans Paetsch bald so wunderbar angenehm in den Schlaf hinuebergleiten laesst, dass ich dann nach einer, zwei oder gar drei Stunden [je nach Traumqualitaet] ploetzlich aus dem Schlaf gerissen werde, weil mich der Kopfhoerer hartnaeckig am Umwenden meines Kopfes hindert, oder ich gar aus dem Schlaf hochfahre, weil der "liebe" Herr Paetsch sich urploetzlich und vollkommen unerwartet in Form seiner Stimme aus dem Dunkel eines undurchdringlichen Traumdickichts zurueckmeldet, aber leider so gar nicht sanft, sondern seeehr heftig und ohne Vorwarnung und mir in meinen Traum hineinfunkt, weil ihm der Text gerade nahelegt, seiner Stimme durch ploetzliches Anheben der Lautstaerke deutlich mehr Nachdruck zu verleihen.
Ein anderes Phaenomen hat bei mir schoen haeufiger dazu gefuehrt, dass ich mehrere Naechte brauchte, um ueber eine bestimmte Stelle innerhalb der Lesung hinauszugelangen, da ueber einen Zeitraum, der anscheinend gerade eben noetig ist, um ohne groessere Anstrengung, trotz Beschaeftigung mit einem Hoerbuch, sehr sanft in den Schlaf hinueberzugleiten, sich die Stimme des Sprechers dynamisch in einem ziemlich konstant verbleibenden Bereich bewegte, was ein kontinuierliches Nachlassen der Konzentration nicht nur zuliess, sondern sogar entschieden foerderte.
Wenn ich die positiven Auswirkungen dieses Phaenomens erwaehnen sollte, koennte ich immerhin darauf verweisen, dass sich so kleinere Textabschnitte dermassen intensiv und, wie ich vermute, fuer alle Ewigkeit unausloschlich in mein Hirn eingebrannt haben, dass ich sie ohne allzu grosse Anstrengungen fast wortgetreu wiedergeben koennte, falls mich zum Beispiel Herr Paetsch nach einer seiner sehr unangekuendigten Schlafstoeraktionen dazu auffordern wuerde.
Wenigstens scheint mir die Wahrscheinlichkeit, dass man sich mit dem Verbindungskabel vom Kopfhoerer zum Player, zusaetzlich zu anderem Ungemach [wenn es ganz bloed laeuft] auch noch strangulieren koennte, nicht sehr hoch.
Da ich nur in der Nacht zum Hoerbuchhoeren komme und dazu eben einen MP3-Player verwende, trage ich mich mit dem Gedanken, meine Art der Literaturaneignung, was Hoerbuecher betrifft, wenigstens zu ueberdenken.
Es waere spannend zu erfahren, ob andere begeisterte HoerbuchhoererInnen, die die gleiche Technik anwenden, wie ich, schon mit aehnlichen Problemen zu kaempfen hatten. Und wie sie diese gegebenenfalls ueberwunden haben.
Vermutlich wird diese Technik, zumindest naechtens, aber nur von mir angewandt.
Liebe Gruesse
Lilith