Letzte Sätze

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Letzte Sätze

Beitragvon Didonia » Mo 28. Mär 2011, 23:02

Ich bin nicht nur auf die ersten Sätze gespannt, die ja manchmal schon darüber entscheiden, ob man ein Buch weiterliest oder nicht. Obwohl, wenn ich ganz ehrlich bin: Nach einem ersten Satz habe ich ein Buch noch nie abgebrochen.

Ich finde auch, dass es gekonnt sein muss, einen letzten Satz hinzuzaubern.

In Das Werk der Bücher von Stephan Naumann war es folgender:

Aber das sei an anderer Stelle beschrieben.


Das schreit ja fast nach einer Fortsetzung :)
Lesende Grüße, Anne

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Re: Letzte Sätze

Beitragvon Barbara » Di 29. Mär 2011, 05:55

Liebe Didonia,

erste Sätze finde ich auch immer interessant. Aber auch ich habe noch nie ein Buch des ersten Satzes wegen abgebrochen. Ich schenke den ersten Sätzen auch eher weniger Aufmerksamkeit.

Im Grunde finde ich sind es die letzten Sätze, die einen oft mehr berühren. Mir zumindest bleiben sie weitaus länger und stärker im Gedächtnis. Sie klingen oft noch in mir nach, selbst wenn das Buch schon längst wieder im Regal steht.

Und wer kennt das nicht, dass man sich über den letzten Satz so richtig geärgert hat. Ich kann mich noch gut an einen letzten Satz erinnern, der besser nicht geschrieben worden wäre. Es war damals Walsers "Ein liebender Mann". Der letzte Satz dieses Buches war so unnötig und sogar richtiggehend blöd. Du siehst, ich erinnere mich noch daran. Wohingegen ich mich an den ersten Satz und dessen Stimmung oder Wirkung auf mich, nicht mehr erinnere.
Meines Erachtens haben die letzten Sätze eines Buches viel mehr Kraft und Aussage. Sie transportieren und bündeln den gesamten Inhalt eines Buches. Erste Sätze hingegen öffnen "nur" eine Tür in eine andere Welt. Letzte Sätze sind nicht selten ausschlaggebend dafür, ob diese andere Welt gedanklich - bei angelehnter Tür - in uns weiterleben wird oder direkt nach dem Lesen - bei wieder geschlossener Tür - in Vergessenheit gerät.
"Das Lesen eines Buches ist die Zwiesprache mit der eigenen Seele!"
B.H.

Liebe Grüße
Barbara
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Re: Letzte Sätze

Beitragvon Petra » Di 29. Mär 2011, 08:47

Hallo zusammen,

letzte Sätze können genauso magisch sein, wie erste Sätze. Oft lösen sie auch viel tiefere Gefühle aus, als ein erster Satz es kann, weil man die Figuren schon kennt, der Inhalt schon auf einen gewirkt hat. Das kann ein erster Satz nie leisten. Dennoch finde ich erste Sätze wichtig. Denn sie können einen potentiellen Leser überzeugen, das Buch nicht wieder wegzulegen. Sie können eine Kaufentscheidung beeinflussen.

Abbrechen wegen eines ersten Satzes? Nein, natürlich nicht. Eher gegen ein Buch entscheiden durch seinen ersten Satz. Ist die Sprache plump, wird ein mögliches Interesse (vor dem Kauf) im Keim erstickt. Ist er langweilig, ist man geneigt, das Buch wieder zurück ins Regal zu stellen.

Zurück zu den letzten Sätzen. Sie berühren mich auch oft sehr. Entlassen mich aus einer Geschichte, aus der ich mich - wenn das Buch gut war - nicht lösen möchte. Lassen mich melancholisch zurück. Oder froh.

Trotzdem werde ich hier wohl nicht so oft reinschauen. Denn ein erster Satz kann auch vieles vorwegnehmen. Man bekommt durch ihn eine Idee, mit welchem Gefühl einen das Buch entlässt. Sagt somit etwas über das Ende aus. Das möchte ich mir nicht vorwegnehmen lassen. Seit ich früher öfter mal vorgeblättert habe, habe ich sogar Angst davor. Denn es hat mir mal den Lesespaß schon ganz zu Anfang verdorben, so dass die ganze Spannung raus war. Seither vermeide ich es, auf die letzten Seiten vorzublättern. Außer in ganz wenigen Ausnahmen, wo ich meine Neugierde einfach nicht zügeln konnte.

Aber ich möchte auf ein Buch aufmerksam machen, das mit dem letzten Satz steht und fällt. Diesen letzten Satz sollte man auf KEINEN Fall vorblättern. Es handelt sich um das Buch "Der wiedergefundene Freund" von Fred Uhlman. Ich werde dieses Buch um die Wirkung seines letzten Satzes willen niemals vergessen. Es entfaltet seine ganze Wirkung erst mit diesem letzten Satz. Was für ein Satz - ich kriege jetzt noch Gänsehaut! Zitieren werde ich ihn hier natürlich nicht! ;)
Liebe Grüße,
Petra


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Re: Letzte Sätze

Beitragvon JMaria » Di 29. Mär 2011, 09:42

Hallo Didonia,

letzte Sätze können nachhaltig wirken. Kann sehr interessant werden, was sich hier so ansammelt. Ich werde allerdings nur die letzten Sätze posten, die (ge)denkwürdig sind, aber nichts vom Buch verraten. :-)

Liebe Grüße
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Re: Letzte Sätze

Beitragvon Barbara » Di 29. Mär 2011, 13:38

Letzte Sätze eines Buches würde ich auch auf keinen Fall hier posten, denn da hat Petra recht. Sie könnten schon zu viel vorweg nehmen.

Aber auf Bücher mit einem besonders tollen, ungeahnten, interessanten oder auch ziemlich schlechtem Ende könnte man hier schon verweisen.

Es wäre dann auch interessant zu erfahren, wie andere das Ende einschätzen und beurteilen.
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B.H.

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Re: Letzte Sätze

Beitragvon YvonneS » Di 29. Mär 2011, 13:55

Petra hat geschrieben:Abbrechen wegen eines ersten Satzes? Nein, natürlich nicht.


Doch liebe Petra, wenn der erste Satz so lautet: "Es ist dunkel geworden, der Vorhänge sind zugezogen ...". Das ist der erste Satz aus "Tintorettos Engel", einer Romanbiographie über den Maler Tintoretto. Sosehr mich das Buch interessiert hätte, nach diesem groben grammatikalischen Fehler gleich im ersten Satz, der ja nun wirklich auffällt, ist mir die Lust an dem Buch vergangen. :evil:
Liebe Grüße
Yvonne



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Re: Letzte Sätze

Beitragvon Petra » Di 29. Mär 2011, 14:21

Hallo Yvonne,

ja, da hast Du natürlich recht! Unter solchen Umständen bricht man doch beim ersten Satz ab! ;-)
Aber ich meinte, dass ich das Buch wegen eines ersten Satzes dann gar nicht erst kaufen würde. Denn das würde mich schon vom kaufen abhalten.

Aber manchmal hat man ja keine Gelegenheit in ein Buch reinzulesen und kauft es ohne einen vorherigen Blick hinein. Und dann kann das tatsächlich passieren.

Der von Dir hier zitierte Satz ist ja schaurig! Gar nicht gut!
Liebe Grüße,
Petra


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Re: Letzte Sätze

Beitragvon Barbara » Di 29. Mär 2011, 14:24

Liebe Yvonne,

das ist echt ein grober grammatikalischer Schnitzer. Aber ich hätte allein schon aus Neugierde weitergelesen. Ich hätte u.a. auch erfahren wollen, ob es ein reiner "Satzfehler" in der Technik oder ob es tatsächlich eine superschlechte Übersetzung gewesen ist.

Wer weiß, was Dir inhaltlich entgangen ist. Hast Du mittleweile eine andere Biographie gewählt?
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Re: Letzte Sätze

Beitragvon Didonia » Di 29. Mär 2011, 14:32

Das wäre mir ja fast so bei "Wie der Stahl gehärtet wurde" so ergangen. Da schrieb ich ja auch, dass am Anfang schon ein paar Fehler drin waren. Das legte sich dann aber und der Rest des Buches war fehlerfrei geschrieben. Finde ich aber schon eigenartig, wie das kommt.

Ein Fehler im ersten Satz hätte mich auch noch nicht abbrechen lassen. Eine Seite hätte ich schon gelesen.
Einem Buch, in dem es vor Fehlern nur so strotz, würde meinerseits ein Schreiben an den Verlag folgen mit der Bitte um ein kostenloses Ersatzbuch. Man gibt ja schließlich auch Geld dafür aus, da soll dann auch die Qualität stimmen.
Und wenn der Verlag das nicht möchte, muss er mit einer entsprechenden Rezension rechnen.
Lesende Grüße, Anne

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Re: Letzte Sätze

Beitragvon JMaria » Mi 1. Jun 2011, 10:17

Hallo zusammen,

der letzte Satz aus "Alte Meister" von Thomas Bernhard:

Die Vorstellung war entsetzlich.

verrät nichts und ist doch prägend für den gesamten Roman, denn der Zorn und die unumstößlichen Aussagen, des Protagonisten Regers, an denen man sich nicht aufreiben sollte, ist in den Monologen zu finden.


Gruß,
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