von Petra » So 3. Sep 2017, 15:52
Hallo zusammen,
gestern habe ich „Der Samurai von Savannah“ beendet. T. C. Boyle erzählt so bildhaft, man ist mittendrin und bekommt alles hautnah zu spüren. Hinten auf dem Buch ist ein Zitat aus der ZEIT von Barbara Sichtermann gedruckt: „Wie es sich gehört, aus dem Leben gegriffen und trotzdem unglaublich.“ Dem stimme ich zu!
Heute habe ich mich gleich für ein neues Buch entscheiden können. Ich wünschte es mir von Ayhan zum Geburtstag, und bekam es auch (zusätzlich zu meiner wunderschönen Webpelzdecke, unter der ich es gemütlich heute Morgen begonnen habe): “Lila“ von Marilynne Robinson. Es ist der eigentlich dritte Band der Trilogie, zu der „Gilead“ (die Autorin wurde hierfür mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet) den Auftakt gab. Doch es erzählt die Zeit vor „Gilead“. Erzählt von Lilas harter Kindheit, und wie sie nach langen Jahren der Wanderschaft (an der Hand der Vagabundin Doll) nach Gilead gelangt, und den Reverend John Ames (der in dem Roman „Gilead“ kurz vor seinem Tod Rückblick auf sein Leben hält, um dem Sohn, den er gemeinsam mit der viel jüngeren Lila hat, wichtiges mit auf den Lebensweg zu geben) kennenlernt. Und wie sie sich einander nähern.
Marilynne Robinson ist Gläubig, und der Glaube spielt in ihren Romanen eine große Rolle. Schon in „Gilead“ war ich überrascht, das mich das nicht stört. Denn auch wenn ich selbst einen Glauben habe, so lässt dieser sich in keine Religion pressen; Religionen sind mir zu menschengemacht. Mich befremde so etwas somit meistens. Doch Marilynne Robinsons Glaube ist nicht nur ein an der Bibel orientierter, sondern auch einer der Nächstenliebe, einer der Güte und Warmherzigkeit. Und ihre Figuren tragen zum Teil genau dies in sich. Ihre Geschichten zeigen, wie tröstlich und heilsam dieser praktizierte Glaube sein kann.
Ich war gespannt, ob mich die Autorin wieder packt. Und schon auf den ersten Seiten von „Lila“ ist es ihr gelungen. Sie erzählt mit einem eigenen Ton, spricht die Sinne an. Ich fühle alles mit, die Härte, der Lila und Doll, aber auch andere mittellose Menschen ausgesetzt sind, im Amerika der 20er Jahre. Und spüre den Trost einer mitmenschlichen Geste, dass es mich tief (be)rührt. Marilynne Robinson geht dabei nicht ins Detail, sondern streift das Herz mit beiläufigen Gesten. Sehr berührend! Und sehr schön und leise erzählt. Ich freue mich auf meine Zeit in Iowa, wo die Handlung angesiedelt ist. Und auf ein Wiedersehen mit Gilead, dem fiktiven Ort in Iowa, der angelehnt ist an den realen biblischen Ort am Jordan.
Ein wenig schade fand ich zunächst, dass es den Band „Lila“ nicht als Hörbuch gibt. Denn „Gilead“ hat mir als Lesung ungemein gefallen, woran die Stimme von Otto Mellies großen Anteil hatte. Das Bedauern ist sofort gewichen, als ich das Buch heute begonnen hatte. Denn diese leisen Berührungen der Seele sind glaube ich beim selber lesen intensiver. Wissen muss man hierfür, dass „Gilead“ in der ersten Person geschrieben war; John Ames erzählt seine Geschichte. In „Lila“ wird in der dritten Person erzählt. Somit eignete sich „Gilead“ tatsächlich besonders für eine Lesung. Bei den Szenen (Marilynne Robinson springt in der Handlung manchmal voraus an die Stellen, wo Lila auf John Ames trifft) wo der Reverend John Ames zugegen ist, habe ich seine (also Otto Mellies) Stimme jedoch im Ohr. Ein schönes Erlebnis!
Ich freue mich, dass der Fischer Verlag mit mitgeteilt hat, dass auch „Home“ ins Deutsche übersetzt werden soll, und die Veröffentlichung für den Herbst 2018 angedacht ist, und der deutschsprachigen Leserschaft somit die vollständige Trilogie zugänglich gemacht wird.
Nachdem vor ein paar Tagen wieder Ruhe eingekehrt ist in den Alltag (nach meiner schönen Geburtstagswoche), habe ich mir auch wieder ein ebook ausgewählt. Es beruhigt mich vor dem Schlafen, wenn ich in Stille und Dunkelheit noch ein bisschen lese. Die mich umgebende Dunkelheit tut auch meinen Augen besser als noch im Wohnzimmer bei Beleuchtung und Fernsehen zu sitzen, stelle ich fest. Hätte ich gar nicht gedacht.
Jedenfalls hat mich Bonny kürzlich unbewusst daran erinnert, dass ich so lange schon die Thriller-Reihe von Tess Gerritsen beginnen wollte. Und jetzt, wo der Herbst nahe ist (für mich immer eine beliebte Zeit für spannende Unterhaltung), war der ideale Zeitpunkt gekommen. So lese ich derzeit auf dem ebook-Reader „Die Chirurgin“.
Ich war skeptisch, denn ich lese seit Jahren eher selten Thriller. Lieber Krimis, gemütlich und unblutig. Thriller wurden mir irgendwann oftmals zu grausam (die Schilderungen der grausigen Details – als Hörbuch oder Film geht das für mich eher, da ich da mehr Abstand habe als beim Lesen), und ich war auch übersättigt. Viele erschienen mir austauschbar, und aus Versatzstücken zusammengebaut, die man unzähligen anderen Thrillern auch schon gelesen hat. Doch diese Reihe interessiert mich schon so lange. Und auch wenn es tatsächlich recht grausam ist, was der Serienmörder da mit seinen Opfern macht, übertreibt Tess Gerritsen es nicht, wie einige ihrer Kollegen. Ich muss mich nicht seitenweise in die Qualen der Frauen auch noch einfühlen, sondern sie werden aus der rückblickenden medizinischen Sicht geschildert. Schlimm genug, aber nicht ganz grenzüberschreitend.
Die Figuren sind interessant geschildert, die Handlung spannend. Ich lese es sehr zügig und gespannt.
@Didonia: Mit „True Crime“ hast Du Dir harten Stoff ausgewählt! Klingt aber auch sehr interessant. Ich bin gespannt auf Deinen weiteren Bericht.
@Anja: Was Du über „Das Haus der schönen Dinge“ schreibst, klingt mitreißend! Scheint ein tolles und interessantes Buch gewesen zu sein. Mir sagte das gar nichts, ebenso wenig die Familie Hirschvogl. Ich werde es mir mal näher anschauen, denn Dein Bericht macht Lust darauf. Schön, dass Du so einen tollen Lesestoff hattest.
@Maria: Sehr schön! Gerade für die jetzt schon etwas kühler werdenden Tage bestens geeignet, solch spannender Lesestoff. Und Du erinnerst mich daran, dass ich die Serie auch noch lesen (oder vermutlich eher hören) möchte. Gerade weil die Serie anscheinend ihre Qualität hält, ist sie für mich reizvoll. Viel Lesevergnügen, Maria!