“Das Meer, Das Meer“ ist für mich ein Genuss, und
Iris Murdoch eine Entdeckung! Diese Autorin halte ich im Auge, es gibt noch einiges von ihr, das ich entdecken möchte. Bereits bestellt habe ich mir das vergriffene (und nicht wiederaufgelegt) „In guter Absicht“. Von den Wiederveröffentlichten interessieren mich am stärksten „Henry und Cato“ und „Der schwarze Prinz“.
Ich hatte ein bisschen Sorge, ob mir „Das Meer, Das Meer“ nun tatsächlich so gut gefällt (wie Steffi einst), denn zu Iris Murdoch gab es hier im Forum die Jahr ja gleich zwei Abbrüche. Yvonne brach „Ein abgetrennter Kopf“ ab, und Sonja „Unter dem Netz“. Ich habe eben mal nachgesehen. „Unter dem Netz“ war Iris Murdochs Debüt-Roman (1954). Ich vermute, darin liegt eine Schwäche. Und auch „Ein abgetrennter Kopf“ ist eines ihrer früheren Werke (1961). Somit bin ich froh, dass die drei, die ich in die enge Auswahl für weitere Entdeckungen genommen habe, alles spätere Werke sind („Der schwarze Prinz“ 1973, „Henry und Cato“ 1976, also 2 Jahr vor „Das Meer, Das Meer“, und das bestellte „In guter Absicht“ 1985), denn ich vermute, dass die früheren vielleicht nicht so stark sind.
Der Protagonist in „Das Meer, Das Meer“ hat sich ja von der Londoner Theaterwelt zurückgezogen, und lebt in einem alten Haus an der englischen Küste. Dieses Haus wird so gut beschrieben, dass man es beim Lesen unwillkürlich vor Augen hat. Das Haus wird „Shruff’s End“ genannt. Erstaunt war ich, dass es im Internet zwei Bilder zu sehen gibt, die dieses (fiktive) Haus aus „The Sea, The Sea“ zeigen. Schaut
hier und
hier, beide Bilder kommen meiner eigenen Vorstellung sehr nahe. Das eine etwas realistischer gezeichnet, das andere etwas romantischer.
Zum Buch: Wie ich oben schon sagte, habe ich ein ganz besonderes Vergnügen an diesem Buch. Ich begleite Charles Arrowby ausgesprochen gerne bei seinen Beobachtungen sein (nun) zurückgezogenes Leben betreffend, und ich begleite ihn gern bei seinen Erinnerungen an vergangene Tage. Viel habe ich schon erfahren, über die Frauen in seinem Leben, aber auch über seine Familie, seine Kindheit. Ich begegne in Charles einem Mann, der sich einen Namen gemacht hat. Einem Mann, der viele Liebschaften hatte, doch nur eine richtige Liebe. Charles ist intelligent und zur Selbstreflektion fähig. Er erkennt durchaus auch niedere Züge an sich. Da blitzt Intelligenz auf. Auch zum Lächeln hat er mich schon einige Male gebracht. Unverhofft. Charles weiß selbst nicht so recht, in welche Winkel seines Lebens er den Leser führen wird (Iris Murdoch wusste es hingegen schon recht genau, aber sie lässt sich das nicht anmerken – eine wunderbare Erzählperspektive ergibt sich daraus, so schön unvorhersehbar wie ein Mensch, den man auch nie im Ganzen betrachten kann). Aber in jeden Winkel, in den er mich bisher gucken ließ, habe ich interessantes vorgefunden.
Iris Murdochs besonderes Verhältnis zu Shakespeare, das man ihr wohl in ihrem gesamten Werk immer wieder anmerken soll, ist hier vielleicht besonders deutlich. Einmal, weil Charles Theaterregisseur war (und auch Dramatiker und Schauspieler), und oft Shakespeare-Stücke aufgeführt hat. Aber auch in seiner eigenen Lebensgeschichte hat Elemente, die sich auch bei Shakespeare finden. Aber auch Philosophen werden gern zitiert, und auch Charles Gedanken haben manchmal einen philosophischen Moment. Gefällt mir! Gefällt mir alles ausnehmend gut! Wie schön, dass es ein recht umfangreicher (über 600 Seiten) Roman ist, denn so bald würde ich mich noch nicht trennen wollen von dem Haus, dem Meer, Charles und seinen Mitfiguren.
Ich bin auch gespannt, welches Bild sich noch aus den (scheinbaren) Nebensächlichkeiten (Meer, Haus, Essen) ergeben. Ich ahne, dass sie nicht einfach nur so stetig in die Handlung einbezogen werden. Sie sind etwas sehr Festes, hingegen Charles Leben war – wie es sich darstellt – sehr unstet. Ich werde weiter berichten.
@Didonia: Bei dem, was du über die Gestaltung des Krimi-Klassikers „Mord in Cornwall“ schreibst, geht es mir ganz genauso. Ich freue mich ungemein darüber, dass der Klett-Cotta-Verlag Krimi-Klassikern nicht nur ein Plätzchen im Verlagsprogramm eingeräumt hat, sondern sie auch so liebevoll gestaltet. Allein dafür lohnt es sich schon, nicht aufs TB zu warten. Zumal ja auch die in Leinen gebundenen Ausgaben für die Ausstattung nicht zu teuer sind. Inhaltlich danke ich dir für die Warnung. Ich lese deine Eindrücke dann nach, wenn ich den Krimi gelesen habe. Wie ich deinen oberen Zeilen aber entnehme, hast du Freude an dem Buch. Das freut wiederum mich!
Inzwischen habe ich auch deine schöne Rezension zu „Gefahr des Lesens“ gelesen. Sehr schön. Danke dafür.
@Maria: Es freut mich sehr, dass du meine Eindrücke zu dem Roman von Madame Nielsen mit so viel Interesse verfolgt hast. Ein wirklich außergewöhnliches Buch! Ich freue mich auch schon auf den Literaturclub (am 22.05.), da wir „Der endlose Sommer“ ja besprochen. Wie fein!
Von „Das Meer, Das Meer“, und von Iris Murdoch, bin ich (wie oben näher beschrieben) begeistert! Von den weiteren, die im Rahmen der Reihe
Piper Edition neu herausgegeben wurden, interessieren mich „Henry und Cato“ und „Der schwarze Prinz“ am stärksten. Dass du den Roman kennst, und er dir gut gefallen hat, freut mich somit zu hören! Ein weiterer Roman von ihr interessiert mich stark, ich habe ihn mir gebraucht (dieser wurde nicht neu aufgelegt) bestellt, allerdings ein noch neues (hoffentlich ist es auch so!) Exemplar. Und zwar „In guter Absicht“. Daran erkennt man vermutlich auch, dass ich von Iris Murdoch angetan bin. Dennoch gut für mich zu wissen, dass vielleicht nicht jeder Roman von ihr gleich stark ist.
Auf „Das Erlkönig-Manöver“ machst du mich neugierig, und Steffi haut auch noch drauf!
@Kessy @Maria: Auf "Mörderische Teatime-Ein Irland Krimi" und Ivy Paul machst du mich nun sehr neugierig. Das scheint ja richtig Spaß zu machen! Ich hatte die Irland-Reihe von Ivy Paul schon mal im Auge, du erinnerst mich nun daran.
Und dass Ivy Paul Seife siedet, ist ja ein Ding! Maria, womöglich hast du recht, und sie ist im Seifen4um unterwegs.
@Steffi: „Unter der Drachenwand“, wie toll! Ich bin gespannt auf deinen Bericht, besonders wo es schon auf den ersten Seiten so eindringlich auf dich wirkt. Maria war ja auch sehr begeistert, und Yvonne drüben im Hoerbuecher4um. Bei mir wird es das Hörbuch, mal sehen wann es dran ist.
Dass du dir die Atmosphäre und die Hauptfigur von „Das Meer, Das Meer“ nach so vielen Jahren noch so lebhaft vorstellen kannst, sagt sehr viel (gutes!) über das Buch. Und ich bin fast sicher, dass es mir auch so gehen wird. Denn Charles kommt mir sehr nahe in seinen alltäglichen Verrichtungen und Beobachtungen (das schwimmen, das Steine sammeln, der Genuss der Mahlzeiten, seine Liebe zu seinem verstorbenen Vater, nach all den Jahren noch…) und in seinen Erinnerungen (ich habe nun schon einiges erfahren). Wie du aus meinem Bericht oben erkennen kannst, bin ich sehr begeistert von dem Buch und der Autorin! Dass es aber auch schwächere Bücher geben mag, halte ich im Hinterkopf. Aber auch die Möglichkeit, dass es vielleicht auch Geschmacksache sein könnte. Ich habe mir schon Murdoch-Nachschub bestellt!
@Bonny: So lieb hast du das gesagt, dass du dich freust, wieder mal ein bisschen bei uns zu sein, weil es bei und mit uns immer so gemütlich ist. Ja, ganz bestimmt werde ich mich lesend mal nach Fjällbacka begeben. So schön zu wissen, dass du dich dort so wohlfühlst. Wohlfühlen an einem literarischen Ort ist immer wunderbar!