Leseerlebnisse 2018.... Ich lese gerade...

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Re: Leseerlebnisse 2018.... Ich lese gerade...

Beitragvon Petra » Sa 5. Mai 2018, 20:16

Liebe Sonja,

ja, manchmal nimmt das Leben ein Tempo auf, dass die Muße fehlt zum gemütlichen schreiben im Forum. Ich bekomme auch die letzte Zeit wieder eine stärkere Ahnung davon, durch meine Stundenaufstockung und den längeren Fahrtweg. Viel Zeit bleibt da abends nicht, und man ist dann einfach auch oft kaputt.

Umso schöner, dich zu lesen! Und schön zu wissen, dass du das ganz stressfrei machst; wenn Zeit und Ruhe ist, etwas aktiver, wenn sie fehlt, dann etwas passiver.

Du bist nun wieder auf dem "Zauberberg" bei Hans Castorp. Ich habe die Szene in Napthas vier Wänden genau vor Augen.

Und in „Wenn die Mondblumen blühen“ konntest du dich auch fallen lassen. Schön, dass es dich doch noch gut unterhalten hat.

Besonders angetan hat es mir aber dein Bericht über Ann Patchett! Schade, dass es dieses Buch mit ihren Essays nicht in deutscher Übersetzung gibt, es wäre vermutlich ganz das richtige für mich! Die Themen, die sie darin angeht, sprechen mich ungemein an. Danke für die Einblicke, liebe Sonja! So schön zu erfahren, über welche Themen sie geschrieben hat, so kann ich mir ein runderes Bild von ihren Essays machen. Ein kleines Büchlein mit einem ihrer Essays (die Geschichte über die Buchhandlung, die sie eröffnet hat) gibt es jedoch, das habe ich vor ein paar Wochen entdeckt, als du mich erstmalig auf ihre Essays so neugierig gemacht hast. Schau hier. Ich überlege es mir zu kaufen. Dann könnte ich wenigstens dieses eine Essay lesen.
Dass "This Is the Story of a Happy Marriage" ein neues Buch in deiner Liste deiner Lieblingsbücher ist, und es auch sehr weit oben auf dieser Liste steht, sagt so viel aus! Und ich freue mich mit dir, über dieses so schöne Leseerlebnis, dass dir so viel gegeben hat!

Die ganze Zeit während ich „Brooklyn“ las, dachte ich immer auch an dich! Wie auch nicht, denn ich weiß ja, wie sehr es dir gefallen hat, und dass du es sogar noch ein zweites Mal im Original gelesen hattest, als ihr in New York wart. Meine Gedanken gingen oft zu dir. Ich werde bald berichten, heute schaffe ich es nicht mehr. Ich habe es heute Morgen ausgelesen, und ich kann dir vorab sagen: es hat mich sehr berührt!
Liebe Grüße,
Petra


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Re: Leseerlebnisse 2018.... Ich lese gerade...

Beitragvon Sonja » Sa 5. Mai 2018, 23:40

Liebe Petra,

ich freue mich sehr über Deine Zeilen und auch über die Tatsache, dass man sich hier im Forum zu Wort melden kann, wie es gerade geht und passt. Das mit dem längeren Weg ist bei mir ja ähnlich und Pendelzeit ist leider nicht immer gleich Lesezeit.

Als ich mit den Vettern und Settembrini bei Naptha saß, musste ich natürlich auch an Dich denken. Und daran, was Du im Thomas-Mann-Thread über die Komplexität dieser Gespräche schriebst. Sehr angenehm war aber auch mein Wiedereinstieg bei denen da Oben mit Clawdia und Hans Castorp an Fasching. Das ist schon Einer! Aber sie steht ihm in nichts nach. Herrlich!

Ja, Ann Patchett - ich denke auch, dass Dir dieses Buch von ihr sehr gefallen würde. Vielen Dank für's mitfreuen meines Leseerlebnisses! Es hat mir rundherum so viel gegeben. Das Buchhandlungsbuch war es auch, welches vor ein paar Wochen den Ausschlag gab. Und dabei hatte ich es, als es vor ein paar Jahren zum Welttag des Buches erschien, so oft gesehen. Aber ich hatte nicht genauer hingesehen, da es ein leichter Overflow war. Ich glaube aber auch, dass mich "This is the story of a happy marriage" nun genau zur richtigen Zeit gefunden hat. Passenderweise stand mein Exemplar seit 4,5 Jahren beim Buchhändler im Regal. Der Bestellaufkleber, der noch auf dem Rücken klebte, hat es mir verraten. Und an jener Buchhandlung komme ich so oft vorbei und habe sie doch erst so richtig im vergangen Winter angefangen zu entdecken (dort lief mir auch Elena Lappins Buch über den Weg).

Ich glaube, ich kann sehr gut nachempfinden, wie es Dir mit Brooklyn erging, nachdem die letzte Seite gelesen war. Ich hatte es seinerzeit auch morgens ausgelesen und da ich zu der Zeit krank war, habe ich mir im Anschluss direkt den Film angesehen auf den ich recht neugierig war und ich muss sagen, dass ich ihn sehr gelungen finde (und ich bin ja ohnehin schon sehr kritisch, was Literaturverfilmungen angeht). Ich bin gespannt, was Du erzählst und freue mich darauf und auf unseren weiteren Austausch.
Liebe Grüße, Sonja

:buecher_boden:
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Re: Leseerlebnisse 2018.... Ich lese gerade...

Beitragvon Barbara » So 6. Mai 2018, 08:04

Liebe Petra, liebe Sonja

ja so ist es in der Tat. Auch bei mir fehlte es in der letzten Zeit wieder etwas an der nötigen Ruhe zum Schreiben. Und auch ich finde es immer toll, dass man in diesem Forum ganz ohne Druck entspannt dabei sein kann.

Aber zum Glück kam ich zumindest etwas zum Lesen, sodass ich Madame Bovary nun beendet habe.
Die Frau konnte einem schon sehr leid tun. Sie war ständig auf der Suche nach etwas, wovon sie, so hatte ich manchmal beim Lesen den Eindruck, scheinbar nicht wusste, was es überhaupt war.
Sie war eine zutiefst unglückliche Frau, die sich selbst nicht kannte. Vielleicht hätte sie sich selbst suchen und finden müssen, um zu erkennen, was ihr fehlte. Sie selbst fehlte sich. Aber dafür fehlte es ihr an "Intellekt", Mut und an den nötigen Gedanken. So blieb ihr keine andere Wahl als in ihrem selbst erschaffen Dilemma zu versinken und schließlich unterzugehen.

Traurig auch zu sehen wie ihr Mann sie liebte und ihren Sehnsüchten und Ansprüchen doch niemals gerecht werden konnte.

Aber, wer je den Weg zu sich selbst gegangen ist oder ihn noch geht, weiß wie wichtig dieser Weg ist, aber auch wie steinig er sein kann, bis man endlich vor sich selbst stehen und sich selbst kennenlernen kann.

Aber an all das wird Flaubert sicherlich nicht gedacht haben. Dafür war die damalige Zeit nicht geschaffen. Sein Schwerpunkt lag auf anderen Gedanken: Sehnsucht! Liebe!... Dennoch gehört all dies ursächlich zusammen.

Mal schauen, was mich als nächstes findet.
Zwischenzeitlich habe ich noch zwei Sachbücher gelesen und ein Fachbuch begonnen. Aber nun wird es wieder Zeit für Belletristik.
"Das Lesen eines Buches ist die Zwiesprache mit der eigenen Seele!"
B.H.

Liebe Grüße
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Re: Leseerlebnisse 2018.... Ich lese gerade...

Beitragvon Barbara » So 6. Mai 2018, 16:54

Ihr Lieben,

ein neues Buch ist gefunden.
Es entstammt ebenfalls aus meinem SUB: Als die Träume noch uns gehörten. von Marian Izaguirre

Zum Inhalt:
Eine kleine unauffällige Buchhandlung in der Altstadt Madrids. Ein rätselhaftes Buch im Schaufenster, dass dort zum Lesen bereit steht. Jeden Tag zwei neue Seiten. Wer es ganz liest, bekommt es geschenkt.

Wie kam das Buch in die Buchhandlung? Wirklich so wie der Besitzer glaubt? Was hat es damit auf sich? Zwei Frauen, die ein besondere Reise mit diesem Buch erleben. Eine Reise in die Vergangenheit...
"Das Lesen eines Buches ist die Zwiesprache mit der eigenen Seele!"
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Re: Leseerlebnisse 2018.... Ich lese gerade...

Beitragvon Didonia » So 6. Mai 2018, 19:06

Barbara hat geschrieben:Es entstammt ebenfalls aus meinem SUB: Als die Träume noch uns gehörten. von Marian Izaguirre


Das habe ich vor ein paar Jahren gelesen, kann mich aber gar nicht mehr dran erinnern. Allerdings habe ich auch nichts dazu geschrieben.

Vielleicht kannst Du ja meine Erinnerung ein wenig auffrischen, liebe Barbara.
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Re: Leseerlebnisse 2018.... Ich lese gerade...

Beitragvon JMaria » So 6. Mai 2018, 20:17

Ich lese erklärt Pereira von Antonio Tabucchi.

Portugal 1938 ! Der Faschismus auf dem Vormarsch. Auch in Portugal stehen die Zeichen auf Bespitzelung und Polizeistaat.

Pereira, Witwer, Journalist, und nun verantwortlich für den Kulturteil einer kleinen Zeitung, schreibt über Literatur. Ab und zu übersetzt er kleinere Werke von Balzac, Maupassant oder Daudet. Er wird auf einen Studenten aufmerksam den er dafür einstellt, dass er Artikel über verstorbene Autoren schreibt. Doch der politisch engagierte Student bringt Pereira in eine gefährliche Situation...

Hier ist es wichtig den Untertitel nicht zu übersehen... Eine Zeugenaussage .

Denn der Erzählstil ist genau so gehalten. Der Autor erzählt was Pereira ihm erklärt. Diese Rahmengeschichte ist sprachlich fein ausgefeilt !

Sehr schön auch die Anspielungen auf Literatur und ob die Literatur eine Verantwortung trägt bzw. tragen muss. Genau diese Frage bedrückt Pereira in Zeiten wo man nicht frei reden und schreiben kann.

Gefällt mir sehr gut!
Schöne Grüße, Maria
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Re: Leseerlebnisse 2018.... Ich lese gerade...

Beitragvon Barbara » Mo 7. Mai 2018, 06:10

Didonia hat geschrieben:
Barbara hat geschrieben:Es entstammt ebenfalls aus meinem SUB: Als die Träume noch uns gehörten. von Marian Izaguirre


Das habe ich vor ein paar Jahren gelesen, kann mich aber gar nicht mehr dran erinnern. Allerdings habe ich auch nichts dazu geschrieben.

Vielleicht kannst Du ja meine Erinnerung ein wenig auffrischen, liebe Barbara.



Das mache ich sehr gerne, liebe Didonia. Ich werde berichten.
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B.H.

Liebe Grüße
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Re: Leseerlebnisse 2018.... Ich lese gerade...

Beitragvon steffi » Mo 7. Mai 2018, 08:37

Ich habe Mitternachtskinder von Salman Rushdie beendet. Die Erzählweise hat es mir nicht immer einfach gemacht, die Verknüpfung des Schicksals von Saleem Sinai mit der Geschichte Indiens seit der Unabhängigkeit war jedoch so interessant, dass ich drangeblieben bin. Definitiv für mich ein Buch, bei dem ich nicht alles verstanden habe, es gibt so viele Anspielungen, Wortspiele, Metaphern, ebenso bunt und vielfältig wie Indien selbst ist. Zauberei und Magie spielt ebenso eine Rolle, wie die grausamen Fakten der diktatorischen Herrschaft. Sehr beeindruckt hat mich, wie Rushdie das alles in eine Form bringt.
Gruss von Steffi

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Re: Leseerlebnisse 2018.... Ich lese gerade...

Beitragvon JMaria » Mo 7. Mai 2018, 10:59

steffi hat geschrieben:Ich habe Mitternachtskinder von Salman Rushdie beendet. Die Erzählweise hat es mir nicht immer einfach gemacht, die Verknüpfung des Schicksals von Saleem Sinai mit der Geschichte Indiens seit der Unabhängigkeit war jedoch so interessant, dass ich drangeblieben bin. Definitiv für mich ein Buch, bei dem ich nicht alles verstanden habe, es gibt so viele Anspielungen, Wortspiele, Metaphern, ebenso bunt und vielfältig wie Indien selbst ist. Zauberei und Magie spielt ebenso eine Rolle, wie die grausamen Fakten der diktatorischen Herrschaft. Sehr beeindruckt hat mich, wie Rushdie das alles in eine Form bringt.



Ich glaube, „Mitternachtskinder“ wird mir zusagen. Danke für deine abschließende Meinung. Das Buch wartet bei mir auch schon länger darauf gelesen zu werden,
Schöne Grüße, Maria
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Re: Leseerlebnisse 2018.... Ich lese gerade...

Beitragvon Petra » Mo 7. Mai 2018, 13:51

Hallo zusammen,

“Brooklyn“ habe ich beendet. Beeindruckend, wie eine solch einfache Erzählweise so tiefgehend sein kann. Der einfach gehaltene Erzählstil ist absolut passend, da auch Eilis aus einfachen, bescheidenen Verhältnissen kommt. Ihre Sichtweise ist somit beschränkt, ihr Erfahrungsschatz als junge Frau noch spärlich. Eine authentische Schilderung, und überhaupt ist erstaunlich, wie gut sich Colm Tóibín in diese junge Frau hineinversetzen kann. Nachdem mir als Leserin erzählt wurde, wie es dazu kam, dass Eilis in die USA auswandert, ahnte ich, welch Kummer ihr dort bevorstehen würde. In diesen konnte ich mich dank Colm Tóibíns einfühlsamer Schilderung ihres Lebens in der ihr fremden Welt sehr gut einfühlen. Ebenso in ihr meist passives Verhalten, durch das sie sich dann auch in eine Situation bringt, die ihr kaum Möglichkeiten zu einer freien Entscheidung lässt. Psychologisch gut nachvollziehbar.

Besonders beeindruckt hat mich, wie Colm Tóibín die Zerrissenheit schildert, die das Verlassen der Heimat mit sich bringt. Das Leben in zwei Welten. Ich kann das so gut nachvollziehen, da mein Mann ja in der Türkei großgeworden ist. Und ich stelle jedesmal, wenn er seine Heimat besucht fest, dass als anderer Mensch zurückkehrt. Er braucht immer ein paar Tage, bis er wieder der ist, den ich kenne. Ich habe dafür eine Zeit gebraucht, um zu verstehen, woran das liegt. Ich kann mich da inzwischen gut rein denken und fühlen. Es so stimmig in diesem Roman geschildert zu bekommen, fand ich faszinierend. Es bestärkt mich in meiner Erkenntnis, die ich über Ayhans Zerrissenheit habe. Und diese Erfahrung aus meinem eigenen Leben ließ mich Eilis Zerrissenheit noch stärker nachfühlen. Toll gemacht!

Am Ende wurde mir schwer ums Herz. Eilis stellt selber fest, dass es den einen richtigen Weg nicht gibt. Dass sie, egal was sie tut, jemanden verletzen würde. Und ich fragte mich auch, welches Leben das für sie wirklich bessere gewesen wäre? Ich glaube man kann das gar nicht klar sagen. Das Buch hallt noch in mir nach, was ich nicht gedacht hätte. Ich habe es abschließend an mein Herz gedrückt. Das mache ich manchmal, wenn mir Figuren in einem Roman sehr nahe gehen. Dass Eilis mir so nahe geht, habe ich beim Lesen gar nicht so stark bemerkt. Aber ich konnte ihre Situation so gut nachvollziehen, dass sie sich ganz unmerklich in mein Herz geschlichen hat.

Aufgefallen ist mir übrigens, dass zweimal (ganz lose) eine Frau namens Nora Webster erwähnt wird. Ich frage mich, ob er die Figur für seinen späteren Roman „Nora Webster“ verwendet hat. In „Brooklyn“ ist sie allerdings offenbar mit einem Mann Namens Michael verheiratet, der unterrichtet. In „Nora Webster“ heißt Noras Mann Maurice; auch er unterrichtet, so viel ich weiß. Ich halte mir das mal fest für den Fall, dass ich „Nora Webster“ mal lese. Gefunden habe ich die Hinweise auf Nora Webster auf Seite 249 und 270 in „Brooklyn“

Ebenfalls beendet habe ich gestern “Der Zauberberg“. Der Roman wird mir unvergesslich bleiben, ebenso seine Figuren. Allen voran Hans Castorp. Die Art in der Thomas Mann erzählt, hat mir allergrößtes Vergnügen bereitet! Auch zum Schluss hin staunte ich über seine Art zu formulieren. Da bauen sich ganz eigene höchst lebhafte und herrlich komische Bilder auf, denen es dennoch nicht an Ernsthaftigkeit fehlt. Einzigartig und überaus beeindruckend!

Sehr fordernd (und manches Mal auch überfordernd) waren die Gespräche zwischen Settembrini und Naphta. Ich konnte oftmals nicht folgen, auch können die beiden gewaltig nerven! Nicht selten sagte ich bei mir, sobald sie auftauchten: „nicht schon wieder die!“ Lustig daran finde ich, dass es Hans Castorp ja durchaus selbst manches mal so ging. Und auch den Begleitern (Wehsal, Ferge), die den Gesprächen oft beiwohnten, erging es teils so. Durch ihre Haltung konnte ich augenzwinkernd darüber hinwegsehen, wenn ich einem Thema nicht mehr vollends folgen konnte, da es ihnen ebenso erging. So fühlte ich mich in guter Gesellschaft. Nicht alle Themen zwischen Naphta und Settembrini waren interessant, manche dafür umso mehr. Und da das sehr subjektiv ist, gibt es da auch gar nichts weiter drüber zu sagen.

Fertig bin ich innerlich mit dem Roman noch lange nicht. Es kann gut sein, dass ich irgendwann die ungekürzte Lesung höre, gerne mit Abstand von ein paar Jahren. Etwas früher sicher das Hörspiel, auf die Umsetzung wäre ich sehr neugierig.

Während des Lesens, besonders in der letzten Phase, war für mich fraglich, ob „Der Zauberberg“ es in die Liste meiner Lieblingsbücher schafft, da mir die beiden Wettstreiter Naphta und Settembrini doch gehörig auf die Nerven gingen (was ich immer aber auch mit einem Lächeln quittieren muss, da Thomas Mann damit dem Leser gewiss auch auf die Füße treten wollte) und meiner Geduld einiges abverlangt haben. Doch je mehr es aufs Ende zuging, schloss sich für mich der Kreis. Und gerade im Schlusskapitel überkam mich erneut eine starke Bewunderung für Thomas Manns Erzählstil. Hinzu kommt, dass ich zum Schluss hin gespürt habe, wie sehr mir Hans Castorp fehlen wird, wie traurig ich bin, dass ich nichts mehr von ihm hören werde. So dass mir klar ist: doch, das ist ein Lieblingsbuch von mir! Ein ganz besonderes Leseerlebnis!

Ich schließe mich den Erzählern des Romans an, und tue es ihnen nach, und berühre mit der Ringfingerspitze zart einen Augenwinkel, während Hans Castorp langsam aus meinem Blickfeld verschwindet.

Gestern wollte ich mir dann ein neues Buch auswählen. Es standen viele in der engeren Auswahl; so vieles reizt mich gerade zu lesen. Beim reinlesen wurde mir die Wahl dann abgenommen, denn ich konnte mich – wie schon vor ein paar Wochen in der Buchhandlung – dem Sog des Buches nicht entziehen. Es ist: “Der endlose Sommer“. Madame Nielsen übt durch die Art in der sie erzählt einen derart starken Sog auf mich aus, dass es kein Entkommen gibt. Weiter und weiter lasse ich mich hineinziehen in die Geschichte dieses endlosen Sommers in Dänemark. Auf dem Umschlag wird zitiert: „Eine literarische Entdeckung. Als Leser wurde ich mitgerissen vom Fluss, der Weisheit und dem Witz des charmanten Erzählers. Als Autor beneide ich Madame Nielsen um ihren meisterhaften Text.“ (Sjòn) Als Leser kann ich dem voll und ganz zustimmen, es ist wirklich ein mitreißender Fluss, in dem Madame Nielsen erzählt. Dass Madame Nielsen von einem Kollegen um ihren meisterhaften Text beneidet wird, kann ich ebenso verstehen, denn Madame Nielsen hat einen absolut eigenen Erzählstil. Ich werde weiter berichten.

@Sonja: Ja, Hans Castorp, das ist schon Einer! :kichern:
Ich werde ihn sehr vermissen. Das habe ich gestern beim meiner Abreise vom Zauberberg festgestellt. Thomas Mann hat mit ihm eine unsterbliche Figur erschaffen, nicht wahr?! Ich werde deine weiteren Gedanken mit Vergnügen weiter verfolgen. Und ich freue mich, dass deine Gedanken oft zu mir wandern, wenn du z. B. wieder mal mit Naphta, Settembrini und Hans Castorp zusammensitzt.

Da kann man sich nur mitfreuen mit dir, über dein so schönes und besonderes Leseerlebnis mit Ann Patchett, liebe Sonja! Es ist zu spüren, was das Buch in dir alles bewegt hat, und wie sehr es dich (im positivsten Sinne) aufwühlt. Und zu gern würde ich es auch lesen, was wegen der mangelnden Sprachkenntnisse ja nicht geht. Aber wenigstens das kleine Büchlein, das kann ich mir besorgen. Dass es zum Welttag des Buches veröffentlicht wurde, wusste ich gar nicht. Interessant!
Dass dein Exemplar 4,5 Jahre in der Buchhandlung gestanden hat, ist unglaublich! Manchmal wartet ein Buch auf einen, und es findet einen. Genau zur rechten Zeit!

Über „Brooklyn“ habe ich oben jetzt berichtet. Ich bin gespannt was du dazu sagst. Ob sich meine Eindrücke mit deinen decken, oder du andere gewonnen hast.

@Barbara: Interessant, was du zu „Madame Bovary“ (besonders auch die Figur) schreibst. Ich freue mich auf den Roman, mein Exemplar ist inzwischen eingetroffen. Mal sehen, wann der richtige Zeitpunkt ist.

Nun hast du einen neuen Lesestoff für dich gefunden. Klingt nach einer schönen Lektüre.

@Steffi: „Mitternachtskinder“ klingt nach einem sehr komplexen Roman. Wie du, bewundere ich auch Autoren, die derart komplexe Themen in eine Form bringen können. Ich halte den Roman im Auge, du machst neugierig darauf. Schön, dass du dem Roman so viel abgewinnen konntest, gerade weil die Erzählweise es dir nicht immer einfach gemacht hat. Danke für deinen Bericht! Und ich bin gespannt, was du als nächstes liest!

@Maria @Steffi: Was ihr über „Königsallee“ schreibt, klingt interessant. Auch ich tue mich oft schwer mit realen Personen die in eine fiktive Handlung eingewoben werden. Aber wie du so schön sagst, Steffi: Thomas Mann hat das ja selbst auch gemacht.
Ich habe das Hörspiel für mich im Sinn, ich hatte es mir auch letztens heruntergeladen.

Über „erklärt Pereira“ habe ich schon viel Gutes gehört, durchaus ein Buch, das für mich interessant sein könnte. Schöne Wahl, Maria!
Liebe Grüße,
Petra


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