von Petra » Fr 5. Dez 2008, 15:25
Hallo zusammen,
Seite 370. Ich nähere mich dem Ende. Soeben hat Eva ihre Mutter getötet. Und ich kann es so gut verstehen! Waren mir anfangs des Buchs die Sticheleien der Mutter noch nicht Grund genug wirklich bis zum Äußersten zu gehen, so lag die Situation bei Eva im Alter von 17 Jahren nun anders. Ihre Mutter hat sie fast zerstört. Und dann noch die Sache mit John - da ist man natürlich emotional sehr, sehr angeschlagen und zum äußersten bereit. Wenn dann auch noch solch eine Info ans Tageslicht kommt, dass die Mutter Eva ihre große Liebe genommen hat, dann braucht man sich nicht mehr wundern...
Ich glaube ich habe einen Mord selten so real anmutend geschildert bekommen. Eva hatte sich das jahrelang überlegt. Und es dann umgesetzt. So unaufgeregt war dann auch die Tat. Da musste die Autorin auch nicht viel Blut vergießen. Ein Schlag... dann die Rosenblätter in den Muss... ein bisschen Blut, aber nicht viel. Ja, das passt. So "abgebrüht" stelle ich mir die Tat eines Menschen vor, der sich gar nicht mehr wirklich schuldig fühlen kann an dem was er da in die Tat umgesetzt hat. Und gerade das machte es auch so spürbar und greifbar und so glaubhaft - finde ich.
Maria Ernestam überraschte mich im Verlauf der Geschichte auch des Öfteren. Nicht mit plötzlich aus dem Hut gezauberten Dingen. Man hätte sie wahrnehmen können, wenn man nur nachgedacht und genau aufgepasst hätte. So wäre man z. B. schnell selbst darauf gekommen, dass Evas Vater gar nicht ihr Vater ist, bzw. dass es diese Möglichkeit geben könnte. Jetzt erklärt sich auch Pik König genauer... sehr interessant.
Besonders aber hätte ich wohl ahnen müssen, dass Evas Mutter hinter Johns Schlussmachen steckt. Denn die Fakten waren mir alle bekannt, so ja auch, dass die Mutter um die Zeit in London war. Ich habe immer damit gerechnet, dass sie da in London die Sache mit John versaut. Da Eva aber dann nichts ihrem Tagebuch davon anvertraute, dachte ich, dass sie nun auch noch zu allem Überfluss in der Liebe von John enttäuscht wurde. Dass die Mutter ihm dazu geraten hat, darauf bin ich nicht gekommen, obwohl es ja eigentlich logisch ist. Denn Johns Verhalten konnte ich mir gar nicht so ganz erklären. Ich hätte ihn für so oberflächlich nicht gehalten und seine Liebe auch nicht für so unbeständig. Aber so wurde es uns ja von Eva geschildert. Weil sie es zu dem Zeitpunkt, an den sie sich in ihrer Erinnerung ja zurückerinnert hat, auch noch nicht wusste.
Ich finde diese Dinge sind ganz toll gemacht. Kein Krimi, in dem man direkt schon alles weiß oder ahnt. Oder mal diesen oder jenen Verdacht hat. Sondern wo sich Stück für Stück die ganze Wahrheit entblättert... von den Ursprüngen bis zur Tat und den Gründen die dazu geführt haben, dieses schon früh gefasste Vorhaben in die Tat umzusetzen.
Und Eva tut mir so leid! So eine Mutter zu haben, sich so ungewollt und abgelehnt zu fühlen. Und dann auch noch des Vaters beraut zu sein und erkennen zu müssen, dass die Mutter auch noch ihre große Liebe zerstört hat... das ist zu viel!
Auch noch ein Gedanke: Wenn Eva jetzt auch noch schwanger ist (noch so ein Detail, das mir von alleine hätte in den Sinn kommen können. Nein, ihre Chefin muss sie - und somit auch mich - erst darauf stoßen), dann wiederholt sich ein wenig das Leben ihrer Mutter. Denn dann wächst das Kind auch bei einem anderen Vater (Sven) auf. Auch eine Parallele ist ja, dass Evas leiblicher Vater auch mit der Seefahrt verbunden war. Nur will Eva dann mit ihrer Tochter alles anders machen. Und Susannes Vorwürfen nach war es auch nicht gut, genau das Gegenteil an ihr zu proben: Immer für alles entschuldigen, nie auf die Tochter sauer sein... Aber glaubhaft ist das.
Ein sehr, sehr intensives und komplexes Buch. So überhaupt gar nicht rührselig geschrieben. Ich bin begeistert! Und ich werde die letzten rd. 60 Seiten genießen, bevor ich mich von der Geschichte und von Evas Leben lösen muss.