Stewart O'Nan

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Re: Stewart O'Nan

Beitragvon Petra » Di 31. Mai 2011, 17:06

Hallo Maria,

ich habe laut gelacht, als ich das las. Du würdest eine hervorragende Buchverkäuferin abgeben! :mrgreen:

Nein, im Ernst! Ich danke Dir für den Hinweis, dass es noch Restexemplare gibt, gekoppelt mit Deinem Zitat. Denn das Zitat hat den Ausschlag gegeben. Da ist er wieder, dieser Ton, dem ich mich nicht entziehen kann, seit ich "Abschied von Chautauqua" lese. Er schreibt so bildhaft.

"Halloween" kann ich mir hervorragend im Herbst vorstellen zu lesen. Ich lasse mich ja gern auf Bücher ein, die einen Bezug zu einer gewissen Jahreszeit haben. Und was Du hier zitierst, beschwört bei mir den Herbst herauf. Und da ich von Chautauqua weiß, wie wunderbar und einzigartig er Jahreszeiten einfangen kann, brauchte ich gar nicht mehr lange zu überlegen.

Die Themen in "Halloween" sind abermals hart. Aber sehr interessant. Ich freue mich auf das Buch.

Und Steffi, Du berichtest über Deine frischen Leseeindrücke weiter, ja?
Liebe Grüße,
Petra


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Re: Stewart O'Nan

Beitragvon steffi » Mi 1. Jun 2011, 15:57

Ja, liebe Petra, die Themen sind hart. Zudem ich so einen Unfall kenne, im Dorf meines Mannes (wir waren beide damals 17) wurden bei einem womöglich alkoholbedingten Autounfall vier 18-jährige getötet und ein fünfter hat schwerverletzt überlebt. Das waren alle dieses Jahrgangs, natürlich kannte mein Mann diese alle von der Schule und erst ein paar Wochen vorher waren wir auf einer Gartenparty, wo ich zwei kennenlernte.
Die Beerdigung damals war grausig ... Später hatte dann der Überlebende ein großes Alkoholproblem auch in Verbindung mit Autofahren und jeder fragte sich, wieso er nach so einem Unfall das machen konnte. Jetzt, bei der Lektüre wird mir da vieles klar, die Schuld, als einziger überlebt zu haben, gegenüber sich selbst aber auch gegenüber den Eltern der Getöteten.

Dieser O'Nan geht unter die Haut, wie immer natürlich sind die Charaktere sehr gut ausgeleuchtet, die äußere Fassade und dann das Innere, das manche zu verbergen suchen. Und man spürt genau, dass es auf etwas schreckliches zusteuert. Raum für Hoffnung lässt O'Nan seinen lebenden Protagonisten bisher nicht. Das ist wirklich hart.

Die Geister kommentieren das oft leicht sarkastisch, ich weiß noch nicht so recht, aber glaube, dass sie mit ihrem Zustand am besten zurecht kommen. Vielleicht liegt hierin der Trost. Allerdings weiß ich auch noch nicht, ob ich diese Gothic-Ankläge gut finden soll, im Moment schwanke ich noch, ob ich es lieber ohne hätte. Es hat so ein bißchen den Anflug von üblichen Gruselschockern.
Gruss von Steffi

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Re: Stewart O'Nan

Beitragvon JMaria » Mi 1. Jun 2011, 16:58

steffi hat geschrieben:
Die Geister kommentieren das oft leicht sarkastisch, ich weiß noch nicht so recht, aber glaube, dass sie mit ihrem Zustand am besten zurecht kommen. Vielleicht liegt hierin der Trost. Allerdings weiß ich auch noch nicht, ob ich diese Gothic-Ankläge gut finden soll, im Moment schwanke ich noch, ob ich es lieber ohne hätte. Es hat so ein bißchen den Anflug von üblichen Gruselschockern.


Hallo Steffi,

ich glaube um Trost ging es O'Nan nicht in erster Linie. Sondern um ein Gleichgewicht zuhalten. Wie kann er am besten verdeutlichen, dass manche Menschen innerlich lebende Toten sind? Indem er den Tag Halloween hernimmt und die Geister ruft. Ich weiß nicht, ob es ohne dieses Schauergefühl richtig gelingen würde. Vielleicht nimmt er aber durch diesen Gothic-Effekt etwas von der Tragik wieder heraus. Grübel.

Interessante Gedanken tun sich durch deine Äußerung auf.


furchtbar was ihr in eurer Jugend erlebt habt. So nahe ist Fiktion und Wirklichkeit. Da kommt einiges wieder hoch durchs lesen.

Liebe Grüße
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Re: Stewart O'Nan

Beitragvon Petra » Do 2. Jun 2011, 16:17

Hallo zusammen,

Stewart O'Nan schont einen nicht. Das merke ich schon an den Themen in "Abschied von Chautauqua". Manchmal treffen einen Gedanken darin wie Stachel. So z. B. wenn Emily sieht, dass alles um sie herum anders geworden ist. Das Leben, so wie sie es kannte, nicht mehr existent ist. Und das Resümee, dass alles vergeht. Und das auch richtig und gut so ist. Trotzdem ist es so hart. Man kann es nicht ändern, und doch ist es so schwer, sich damit abzufinden. Keine leichten Themen. Aber gut, dass O'Nan sie anpackt. Denn sie belange uns alle - früher oder später. Ich selbst kann mit diesen Gedanken ausgesprochen viel anfangen. Denn die Vergänglichkeit von allem musste ich mir selbst auch schon sehr bewusst machen.

In "Halloween" packt er noch härtere Themen an. Auch das ist gut, denn wie wir hier schon sehen, sind sie so utopisch gar nicht. So haben Dein Mann und Du, liebe Steffi, schon mal etwas ähnliches in Eurer Jugend erlebt. Da zeigt sich, wie nah O'Nan am Leben ist, mit seinen Büchern. Selbst mit "Halloween". Die Fragen, was die Überlebenden denken, fühlen und durchmachen, sind so berechtigt. Sie sind sicher toter als die Toten. Somit scheint O'Nan es sehr gut getroffen zu haben. Marias Gedanken dazu finde ich nachvollziehbar. Und vielleicht hätte er es ohne diese Grusel-Effekte nicht so präzise auf den Punkt bringen können. Ich bin gespannt, welche Gedanken ich beim lesen haben werde. Kann aber auch sehr gut verstehen, dass Dich diese Schocker-Effekte etwas zwiespältig machen, Steffi. Ich denke, das wird mir auch so gehen. Nehme Marias Gedanken dazu aber schon mal mit, das wird mir helfen. Da das Buch nicht so viele Seiten hat, habe ich es gewagt, trotzdem dieses Buch zu kaufen. Denn wäre es so dick wie "Abschied von Chautauqua", dann hätte ich Sorge, ob mir diese übersinnlichen Sequenzen nicht zu viel würden. Ich tue mich beim lesen mit so etwas ja auch schwer. Aber in der Kürze geht das sicher, zumal mit den Gedanken von Euch im Hinterkopf.

Ich freue mich schon sehr auf das Buch, und die Gedanken darin. Und werde es sicher wirklich mal zur Halloween-Zeit lesen. Denn der Gothic-Effekt passt da ja schön zu.

Eine persönliche Verbindung zu dem Thema habe ich leider auch. Eine sehr gute Freundin von mir hat ihren Ex-Freund durch einen Autounfall verloren. Sie waren schon nicht mehr zusammen, aber hatten noch eine sehr intensive Freundschaft, und sind auch nicht so wirklich voneinander weggekommen. Meine Freundin war am Boden zerstört. Schuldgefühle (weil sie - wenn auch berechtigt, was der Ex-Freund auch wusste - Schluss gemacht hatte) und eine ganz große Traurigkeit, dass er nicht mehr leben darf. Aber das war nichts gegen seine Eltern. Es ist schon sehr lange her. Und sie sind nach wie vor nicht darüber hinweg. Außerdem gibt es da natürlich noch den Todesfahrer. Wie der sich wohl fühlen mag? Und der oder die Menschen, die Organe von dem Verstorbenen erhalten haben. An solch ein Sekunde, in der irgend etwas so fatal schief läuft, sind so viele Leben gebunden.

Gut, dass O'Nan sich an solch ein Thema heran traut. Und gut, dass Du zu dem Buch gegriffen hast, Steffi, wo Du selbst damit auch etwas verbinden kannst.
Liebe Grüße,
Petra


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Ich höre gerade: :kopfhoerer:
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Re: Stewart O'Nan

Beitragvon steffi » Fr 3. Jun 2011, 10:50

JMaria hat geschrieben:Wie kann er am besten verdeutlichen, dass manche Menschen innerlich lebende Toten sind? Indem er den Tag Halloween hernimmt und die Geister ruft. Ich weiß nicht, ob es ohne dieses Schauergefühl richtig gelingen würde.


Danke, das hilft mir sehr, das einzuordnen. Du hast Recht, durch das gewinnt die Atmosphäre enorm und die einzelnen Personen werden noch deutlicher.

Auch deine Gedanken, Petra, sind sehr hilfreich. Schön, dass wir so darüber diskutieren können.
Gruss von Steffi

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Re: Stewart O'Nan

Beitragvon steffi » Mo 6. Jun 2011, 09:12

So, "The Night Country" habe ich beendet. Übrigens finde ich den eigentlichen Titel viel passender als "Halloween".

Eine sehr faszinierende Gedankenwelt, in die O'Nan da eintaucht. Dank eurer Hilfe konnte ich mich mit den Geistern auch anfreunden, mir wurde dann immer klarer, was der Autor damit bezweckte. Nämlich die Nacht in einem selber darzustellen. Denn so ist es eigentlich, die Überlebenden, zumindest die drei Personen, um die es hauptsächlich geht, kämpfen schwer mit der Nacht, die sich über sie gelegt hat; mit den Geistern, die man nicht mehr loswird und jeder hat seine bestimmten Methoden entwickelt, damit umzugehen. Aber diese Geister, diese Gedanken lassen sich nicht so einfach austricksen. Man befindet sich tatsächlich in einer Art "Night Country". Ein wunderbares Buch mit einem nicht einfachen Thema, melancholisch und traurig.

Überhaupt, Titel: Abschied von Chautauqua heißt ja im Original "Wish you were here" (und wer denkt da nicht gleich an Pink Floyd), gefällt mir auch viel besser und entspricht auch mehr dem Gefühl des Buches, finde ich.
Gruss von Steffi

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