Shaun Tan: Ein neues Land

[Wolf]

Hallo zusammen,

noch so ein Buch, um das ich herumschleiche: Shaun Tan: Ein neues Land.

Ein Comic (oder eine Graphic Novel, wie es heutzutage heißt), der ganz ohne Worte auskommt und der von einem Mann erzählt, der seine Heimat verlassen muß und in einem neuen, ihm völlig fremden Land ankommt. Auch dem Leser erscheint dieses "neue Land" fremdartig, eine Art Fantasywelt: es gibt merkwürdige Tiere, die Gebäude sehen seltsam aus, die Eßgewohnheiten sind völlig anders als gewohnt. Man kann beim Lesen nachempfinden, wie schwierig es ist, sich als Neuankömmling in diese neue Welt einzuleben.

Auf der Seite des Autors und Zeichners (ein Australier) kann man sich hier einen Eindruck von den Zeichnungen machen: http://www.shauntan.net/books/the-arrival.html Die Bilder sind dort zwar recht klein, aber man sieht da schon sehr gut, wie beeindruckend die Zeichenkunst von Shaun Tan ist.

Diese Graphic Novel ist offenbar etwas ganz besonderes, so ziemlich jeder, der sie gelesen hat, ist begeistert, z. B.: Liisas Litblog, Rezension in der Comic-Radioshow (mit einigen Bildern).

Einziges Problem sind die 29,90 Euro, die dieses schöne Buch kostet.

In einer Rezension von Comicgate heißt es am Ende als Fazit:

Dieser grafische Roman ist so ungewöhnlich wie empfehlenswert. Das zu investierende Geld ist nicht leicht zu verschmerzen, aber man muss ehrlicherweise sagen, dass auch die äußere Erscheinung sehr luxuriös im großformatigen Hardcover, geprägten Cover und Lesebändchen daherkommt. Ein Prachtband fürs Regal also.

Die englische Ausgabe ist billiger, aber das ist, glaube ich, auch nur ein Paperback, nicht so edel, wie die gebundene Ausgabe aus dem Carlsen-Verlag. 128 Seiten hat der Comic übrigens, das ist also auch kein ganz dünnes Büchlein.

Schöne Grüße,
Wolf

[Rachel]

Hallo Wolf,

um dieses Buch schleiche ich tatsächlich auch schon eine ganze Weile herum.

Ich bin beim Erscheinen der englischen Ausgabe darauf aufmerksam geworden, dort hat das Buch ebenfalls praktisch nur begeisterte Meinungen geerntet.

Mal schauen, ob ich irgendwann doch noch schwach werde. Mir würde allerdings auch die günstigere, englische Ausgabe genügen.

[Petra]

Hallo zusammen,

Mensch, was ist das denn schon wieder für ein Tipp! Hier wird man wirklich rund um die Uhr verführt! Das ist ja mal eine tolle Idee! Eine Geschichte NUR mit Bildern erzählt. Klasse! Dann noch das Thema, das ja mit fühlen zu tun hat (wie fühlt man sich wenn man in der Fremde ankommt). Das nur durch Bilder vermittelt zu bekommen hat ja wirklich einen Reiz!

Toll - Danke für den Tipp, Wolf!

Auch an Dich Rachel wegen der englischen Ausgabe, die preisgünstiger ist. Denn mit der käme ich in DEM Fall auch zurecht! *g*

[steffi]

Wow, die Bilder sind beeindruckend ! Überhaupt finde ich das gesamte Konzept sehr interessant, aber ich denke mir, man braucht vielleicht sehr viel Phantasie, um sich selbst quasi die Geschichte zu erzählen ?
Ob ich die hätte ?

Reizen würde mich das schon - ich überlege die ganze Zeit, wem ich das schenken könnte, um dann vorher reinzulinsen ?

[Petra]

Hallo Steffi,

das hast Du schön in Worte gefasst! Denn das ist treffend: Man braucht gewiss viel eigene Fantasie um sich die Geschichte in diesem Comic ohne Worte selbst zu erzählen. Aber ich finde bei dem was man bei dem Link sehen kann, funktioniert das erstaunlich gut. Zumindest bei mir. Die Gefühle des Menschen kamen so gut herüber, dass es mich selbst total erstaunt hat. Das war es auch, was mich auf dieses Buch neugierig gemacht hat. Ich habe es mir auf jeden Fall mal notiert und werde es mir vielleicht bei Gelegenheit mal gönnen.

[Wolf]

So, ich habe mir jetzt die englische Ausgabe The Arrival gekauft, weil ich noch einen 5-Euro-Gutschein von buecher.de hatte, der nur für englische Bücher galt. Sehr beeindruckende Zeichnungen, eine weiße Zwischenseite war am Rand fleckig und verknittert, was aber nur aufgezeichnet war. Trotzdem mußte ich da gleich nervös mit den Fingern drüberfahren, ob die Seite wirklich keine Knicke hat. *g* Erzählt wird, wie in den vorigen Beiträgen schon gesagt, eine Immigrantengeschichte. Der Auswanderer trifft in seiner neuen Heimat auch andere Flüchtlinge, die ihm erklären, weshalb sie ihre alte Heimat verlassen haben. Es sind sehr beklemmende Schicksale, die da in beindruckenden Bildern geschildert werden. Diese Menschen sind gegenüber dem Neuankömmling überaus freundlich und hilfsbereit, und überhaupt sind die Menschen in seiner neuen Heimat in der Regel sehr freundlich und so lebt er sich mit der Zeit in seiner neuen Heimat gut ein, obwohl ihm anfangs alles sehr fremdartig und unverständlich erscheint. Ich konnte der Geschichte problemlos folgen, obwohl sie völlig ohne Worte und nur in Bildern erzählt wird. Ein wirklich schönes Buch, der Einband sieht wie ein alter Ledereinband aus, auf den ein Photo geklebt wurde. Man hat das Buch natürlich relativ schnell durchgelesen oder -geschaut. Aber man kann sich das öfter ansehen, und in einige Zeichnungen kann man sich auch für lange Zeit vertiefen, weil sie wirklich sehr phantasievoll und liebevoll gezeichnet sind. Die englische Ausgabe ist ja auch einigermaßen erschwinglich, diesen Comic sollte man sich nicht entgehen lassen, er ist schon etwas ganz Besonderes, da sollte man ruhig mal einen Blick riskieren, das lohnt sich auf alle Fälle.

Schöne Grüße,
Wolf

[steffi]

Danke, Wolf, für deinen ausführlichen Bericht. Klingt sehr interessant und spannend und ich habe das Buch schon mal auf meine Merkliste genommen.

[Petra]

Hallo Wolf,

auch ich danke für den schönen Bericht, mit dem ich wirklich was anfangen kann! Für mich wird das Buch dadurch noch interessanter! Eben weil er scheinbar sehr geglückt ist, der Versuch eine Geschichte völlig ohne Worte zu erzählen. Mich fasziniert diese Idee einfach!

Auch wenn ich denke, dass ich länger zum durchblättern und schauen brauche. Mir geht es sogar bei Comics MIT Worten so. Ich brauche Zeit, bis das gesehene in meinem Kopf Form annimmt, sich mit Gefühlen anreichert und eine in sich abgeschlossene Szene in meinen Gedanken entsteht. Scheinbar braucht mein Gehirn länger Informationen zu einem Bild zusammenzufügen. Das könnte auch der Grund sein, warum ich langsam lese. Ich merke einfach, dass schneller lesen bei mir nicht funktioniert. Es entsteht kein vollständiges Bild im Kopf. Ebenso ist es bei Comics. Ich muss jedes Bild auf mich wirken lassen und mir Zeit dafür nehmen. Auch beim Comic lesen/schauen sind alle schneller als ich. Komisch!

Danke für den Bericht, Wolf! Und schön, dass Du mit dem Buch so viel Freude hattest!

[JMaria]

Hallo zusammen,
hallo Wolf,

dieser Thread zieht mich immer wieder an. Ich könnte jetzt nicht sagen, wie oft ich ihn schon angeklickt habe und mir auf der Shaun Tan Homepage die Bilder betrachtet habe, doch es war sehr oft.

Die Personen und die Gegenstände in den Bilder sind so wirklich, doch die Umgebung so unwirklich. Faszinierend.

nebenbei - das Migrationsthema ist wieder bzw. immer noch aktuell.

Ich glaube, im Grunde bin ich schon umgekippt, doch zögere ich den Kauf noch hinaus. Vermutlich um mich selbst zu quälen

danke für diese besondere Empfehlung.

Gruß,
Maria

[Wolf]

Hallo Petra und Maria,

Ebenso ist es bei Comics. Ich muss jedes Bild auf mich wirken lassen und mir Zeit dafür nehmen. Auch beim Comic lesen/schauen sind alle schneller als ich. Komisch!

es ist ja eigentlich auch viel besser, wenn man die Lektüre richtig auskostet. Wenn man von dem, was man gerade liest, gefesselt und beeindruckt ist, dann besteht ja auch gar kein Grund schneller zu lesen. Außerdem wird gerade gegen Comics öfter mal ins Feld geführt, daß sie im Vergleich zum normalen Buch leider so schnell durchgelesen sind, weshalb man da weniger für sein Geld bekomme. Wenn Du sie langsam liest, hast Du mehr davon als andere. Gerade bei diesem Comic von Shaun Tan kann man die Bilder auch öfter anschauen, so etwas macht man ja bei einem Buch normalerweise eher nicht: man liest sich nicht eine Seite dreimal hintereinander durch oder blättert wieder an den Anfang, um sich eine Seite erneut durchzulesen. Bei Comics macht man das viel eher, und ganz besonders bei diesem Comic: beispielsweise entspricht die Bilderfolge am Anfang des ersten Kapitels genau der Bilderfolge am Anfang des letzten Kapitels, der Unterschied ist nur, daß es am Anfang um Trennung und Furcht geht, am Ende dagegen um Freude und die Wiederbegegnung.

Die Personen und die Gegenstände in den Bilder sind so wirklich, doch die Umgebung so unwirklich. Faszinierend.

Die Bilder sind wirklich beeindruckend, teilweise sind die Personen fast fotorealistisch gezeichnet, eine Besonderheit dieses Comics sind auch die vielen ganzseitigen oder sogar doppelseitigen Bilder, die ein beeindruckendes Panorama bieten.

Wenn ich ihn noch nicht gelesen hätte, wäre ich jetzt äußerst neugierig auf diesen Comic. Allein schon die Frage, ob man mit dem Erzählkonzept "wortlose Bilderfolge" zurechtkommt, ist doch sehr interessant.

Schöne Grüße,
Wolf