Hallo zusammen,
im Thread "Autoren, die ich immer schon für mich neu entdecken wollte"
erwähnte Yvonne die Autorin
Hiromi Kawakami. Dadurch neugierig geworden habe ich mir Kawakamis Roman
Der Himmel ist blau, die Erde ist weiß bei Amazon angesehen. Dort kann man ja einen "Blick ins Buch" werfen und mal kurz hineinlesen. Es erschien mir interessant genug, um es mir gleich zu bestellen. *g* Heute ist das Buch bei mir angekommen, das erste Kapitel habe ich schon gelesen: Die unvermeidlichen "Tatami-Matten" kamen da übrigens auch schon vor.
Am Ende des Buches gibt es sogar ein kleines Glossar, in dem Fremdwörter, die in der Übersetzung vorkommen, erklärt werden: nicht nur die erwähnten "Tatami", sondern auch Wörter wie "Miso-Paste" und "Onsen" (heiße Quelle zum Baden).
Kurzer Einschub: Ich lese gerade den Manga
"Der Wanderer im Eis" von Jiro Taniguchi, ein bekannter und großartiger japanischer Zeichner, der einige hochklassige Manga veröffentlicht hat. Weshalb erwähne ich das hier? Nun, eben dieser Jiro Taniguchi hat kürzlich auch den Roman
Der Himmel ist blau, die Erde ist weiß von Hiromi Kawakami zeichnerisch umgesetzt, wie ich zufälligerweise entdeckt habe, als ich nach der Autorin googelte. Diesen Manga gibt es allerdings außerhalb Japans noch nicht. Aber das erste Kapitel des Manga, das genau dem ersten Kapitel des Buches entspricht, kann man
hier online nachlesen. Der Text in den Sprechblasen ist natürlich auf japanisch, aber wenn man das erste Kapitel des Romans auf deutsch gelesen hat, kann man allein anhand der Bilder die Handlung nachvollziehen. Das ist alles erstaunlich gut getroffen: die Begegnung im Restaurant, die Wohnung des Lehrers mit den Büchern auf dem Boden, die seltsame "Eisenbahn-Teekannen"-Sammlung, seine Sammlung alter Batterien, an denen verschiedene Erinnerungen hängen. Selbst Details wie die Thermoskanne, die einmal erwähnt wird, sind dort treffend dargestellt. Im Original heißt die Erzählung übrigens "sensei no kaban": "Die (Akten-)Tasche des Lehrers". Die titelgebende Tasche kommt gleich auf den ersten Farbseiten des Manga ins Bild.
Neugierig hat mich auch der Anfangssatz der deutschen Übersetzung gemacht, in die ich, wie gesagt, vor dem Kauf bei Amazon hineingelesen habe:
Offiziell müsste ich meinen alten Lehrer bei seinem vollen Namen nennen: Harutsuna Matsumoto-Sensei - Herr Lehrer Harutsuna Matsumoto -, aber für mich bleibt er einfach der »Sensei«. Statt einer Berufsbezeichnung oder Anrede ist dieses Wort für mich zu einer Art Eigennamen geworden.
"Sensei" (Lehrer) ist ja im Japanischen die Standardanrede für einen Lehrer, man redet ihn normalerweise nicht mit seinem Nachnamen an, sondern mit "Sensei". Deshalb hat mich gewundert, weshalb hier eigens betont wird, daß die Ich-Erzählerin ihren ehemaligen Lehrer mit "Sensei" anredet. Die Lösung brachte der erwähnte Manga; dort wird auf den ersten beiden Farbseiten nämlich der zweite Satz des Romans zitiert: Die Ich-Erzählerin nennt ihren Lehrer nicht "sensei", was in sinojapanischen Zeichen (= Kanji) geschrieben ist, auch nicht "sensei" in Hiragana-Silbenschrift, sondern "sensei" in Katakana-Silbenschrift geschrieben.
In gesprochener Sprache klingt das alles gleich, aber diese drei Schreibungen haben unterschiedliche Nuancen, und sie sind auch nicht gleichermaßen üblich. So etwas ist fast unübersetzbar, hier muß man die deutsche Übersetzung wirklich loben, es war nicht leicht, diesen Satz in ein einigermaßen sinnvolles und verständliches Deutsch zu übertragen. In einer englischsprachigen Rezension habe ich gelesen, daß diese eigenwillige Schreibung von "sensei" eine gewisse Saloppheit ausdrückt, sie aber keineswegs respektlos ist. Auch im originalen Buchtitel "sensei no kaban" kommt diese auffällige Katakana-Schreibung von "sensei" vor.
Das finde ich alles sehr interessant, deshalb danke, Yvonne, daß Du diese Autorin erwähnt hast.
Schöne Grüße,
Wolf