Hallo zusammen,
abschließend möchte ich nun noch mal auf meine Ausgabe eingehen. Ich las die Neuübersetzung von „Anna Karenina“, die im Hanser Verlag (hier geht es zur
Ausgabe bei Amazon) erschienen ist. Das Buch ist zum einen ein Schmuckstück. Dünndruck, Fadenheftung – zwei Attribute, die ich zu schätzen weiß. Das Format ist erstaunlich handlich und das Buch durch den Dünndruck nicht so schwer, wie man es von fast 1.300 Seiten vermuten sollte.
Inhaltlich hat mich die Ausgabe ebenfalls überzeugt. Wer den Inhalt möchte, aber nicht so viel Geld für diese Hardcover-Ausgabe bezahlen möchte, kann inzwischen auch auf die
TB-Ausgabe ausweichen, die dtv erschienen ist. Eine Besonderheit macht diese TB-Ausgabe übrigens sehr interessant: Das Cover. Das Umschlagbild zeigt das Porträt von Maria Hartung (bzw. Maria Gartung - russische Schreibweise). Das Nachwort meiner Ausgabe (das wird sich sicher auch in der TB-Ausgabe finden) gibt darüber Aufschluss, dass eine Begegnung Tolstois mit Maria Gartung ihn zu der Figur der Anna Karenina inspiriert hat. Maria Gartung war die älteste Tochter des russischen Dichters Alexander Puschkins. Hier das Cover der dtv-Ausgabe:
Und hier nochmal das
Porträt von Ivan Kuzmich Makarov in etwas größerem Format.
Das Nachwort gibt aber auch Aufschluss darüber, dass Tolstoi nicht nur durch die Tochter Puschkins zur Figur der Anna Karenina inspiriert wurde, sondern auch von dem Fragment „Die Gäste trafen auf der Datscha *** ein“ Puschkins. Nicht nur das Thema, sondern einzelne Szenen (Ehemann, der ahnt, dass seine Frau untreu ist, ein Eingeständnis aber nicht erreichen kann. Die Frau wird von ihrem Geliebten schwanger. Der Geliebte stürzt kurz darauf beim Pferderennen) hat Tolstoi hieraus übernommen.
Spannend, was sich über die Entstehung des Romans rekonstruieren lässt, und wie er gewachsen ist, und wie die einzelnen Ebenen erst später zu einem Ganzen zusammengefügt wurden. Darauf geht das Nachwort ein. Ein schöner Abschluss für den Roman.
Die Anmerkungen zum Roman waren ebenfalls sehr interessant. Man erfährt viel über die gesellschaftlichen, politischen, landwirtschaftlichen Verhältnisse und Zusammenhänge, die in dem Roman einiges an Raum einnehmen. Auch geht das Nachwort darauf ein, welche Figuren ihr Vorbild im realen Leben finden, und welche autobiografischen Elemente sich in dem Roman finden. So zieht das Nachwort Zusammenhänge zwischen Fiktion und Wirklichkeit, wo welche aufzuspüren sind.
Im Anhang wird auch auf die russischen Eigennamen eingegangen, auch auf das Schriftbild (welche Passagen kursiv gesetzt wurden etc.). Auf die im Roman oft genannten Maße und Gewichte wird eingegangen, und es fehlt auch nicht an der Nennung der Quellen derer man sich für das Nachwort bedient hat. Zur Übersetzung wurden auch interessante Information an die Hand gegeben, so dass man besser einschätzen kann, wie nah sie sich an der Vorlage orientiert und was sie von anderen Übersetzungen des Romans unterscheidet. So fühlte ich mich gut informiert über das Buch, die Hintergründe und die Übersetzung.
Die Anmerkungen sind im Roman nicht nummeriert worden. Das fand ich den einzigen Nachteil. Entschieden hat man sich dafür wahrscheinlich, um den Lesefluss nicht zu stören. Da man aber über Sternchen auf Fußnoten zur Übersetzung französischer Sätze aufmerksam gemacht wird, ist das inkonsequent. Dann hätte man auch mit Hilfe von Nummern auf eine vorhandene Anmerkung aufmerksam machen können. Man kann somit entweder die Anmerkungen gesammelt zum Schluss lesen, oder aber man schaut hinten bei den Anmerkungen auf welcher Seite sich als nächstes eine Stelle versteckt, auf die eine Anmerkung Bezug nimmt. Etwas umständlich, kann man aber auf dem Weg machen. Andersherum hätte ich es aber besser gefunden.
Erfreulich fand ich, dass ich nur einen Druckfehler entdecken konnte. Auch wenn ich vielleicht einen Fehler übersehen haben mag, so fiel mir doch auf, wie sorgfältig an der Ausgabe gearbeitet wurde. Bei einer Ausgabe, für die ich bereit bin soviel Geld zu bezahlen, erwarte ich das, aber selbstverständlich ist es leider trotzdem nicht.
Fazit: Ich würde mich wieder für diese Ausgabe und diese Übersetzung entscheiden. Ich bin sehr zufrieden.