Tolstoi und sein Werk: Anna Karenina u.a.

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Re: Tolstoi und sein Werk: Anna Karenina u.a.

Beitragvon steffi » Mo 23. Jan 2012, 12:15

Didonia hat geschrieben:
Ich wünsche Dir viel Lesevergnügen und Durchhaltevermögen bei diesem Wälzer :mrgreen:


Dem schließe ich mich an ! Ich freu mich auf weitere Leseberichte von dir, Petra !
Gruss von Steffi

:lesen:
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Re: Tolstoi und sein Werk: Anna Karenina u.a.

Beitragvon Josie » Mo 23. Jan 2012, 22:02

Oh, wie schön, liebe Petra. Da hast du ja ein tolles Buch noch vor dir. Die Stelle mit der Schlittschuhbahn ist eine aus dem Buch, die mir besonders gut gefallen hat und zu der ich während des Buches immer wieder mal zurückgeblättert habe. Diese zarten, zurückhaltenden Gefühle Lewins gegenüber Kitty...

Ich wünsche dir viel Vergnügen und freue mich auf deine Eindrücke. :)
Liebe Grüße
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Re: Tolstoi und sein Werk: Anna Karenina u.a.

Beitragvon Barbara » Di 24. Jan 2012, 08:15

Liebe Petra,

Anna Karenina, schön. Ich habe das Buch so gerne gelesen, auch wenn ich Anna irgendwann am liebsten erschlagen hätte und mir Oblonski leid tat. ;)

Auch ich wünsche Dir ein tolles Leseerlebnis. Schade, dass ich es schon hatte.
"Das Lesen eines Buches ist die Zwiesprache mit der eigenen Seele!"
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Liebe Grüße
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Re: Tolstoi und sein Werk: Anna Karenina u.a.

Beitragvon Josie » Di 24. Jan 2012, 21:48

Barbara hat geschrieben:Liebe Petra,

Anna Karenina, schön. Ich habe das Buch so gerne gelesen, auch wenn ich Anna irgendwann am liebsten erschlagen hätte und mir Oblonski leid tat. ;)

Auch ich wünsche Dir ein tolles Leseerlebnis. Schade, dass ich es schon hatte.


Ähnlich erging es mir in meinem Empfinden Anna gegenüber auch. Und ganz ehrlich, ich mochte sie nicht wirklich.
Liebe Grüße
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Re: Tolstoi und sein Werk: Anna Karenina u.a.

Beitragvon Petra » Mi 25. Jan 2012, 09:39

Hallo Ihr Lieben,

schön, dass Euch meine Eindrücke zu „Anna Karenina“ interessieren. Ich werde gerne weiter berichten. Derzeit befinde ich mich auf Seite 140.

Was Ihr über Anna schreibt, kann ich mir gut vorstellen. Ihre ersten Auftritte geben schon Anlass zum denken. Zum einen wie sie Dolly gegenübertritt. Sie leistet ihrem Bruder folge und wiegt Dolly in einer falschen Sicherheit. Sie macht sie Glauben, dass es Oblonski unsagbar leid tut, und dass es gewiss nie wieder vorkommen würde, wenn sie ihm nur ganz verzeihen könne. Oblonski selbst hat ja schon festgestellt, dass es ein Dilemma ist. Er liebt seine Frau nicht mehr, und stellt in Frage, ob er auf seine amourösen Abenteuer verzichten sollte und seine Geliebte einfach sich selbst überlassen solle. Anna weiß das gewiss. Ihr Engagement die Ehe von Stiwa und Dolly zu retten in allen Ehren, aber mir führt das zu weit.

Derzeit gilt mein Mitleid somit auch besonders Dolly. Ob sich bei mir noch Mitleid mit Oblonski einstellt, muss sich erst noch zeigen.

Die zweite Szene, in der Anna zu denken gibt, ist die, als sie auf dem Ball mit Wronski die Mazurka getanzt hat, und Kittys Betrübnis erkennt. Sie lässt in dem Moment von Kitty ab. Von Schuldgefühl oder Mitgefühl ist da nicht allzu viel zu merken. Ich bin gespannt, wie sie sich weiter entwickelt. Bzw. weiß ich im Groben ja schon, wie es mit Anna weitergehen und enden wird. Und wenn ich mir anschaue, auf welcher Grundlage sie und Wronski sich kennenlernen, und wie Wronskis Einstellung zur Ehe ist, dann kann man schon einiges befürchten. Ich kann mir vorab aber auch schon denken, dass Tolstoi sich erstaunlich gut in Anna eingefühlt haben muss. Denn das könnte in der Tat so mancher Frau passieren. Wenn wir den (wie wir meinen) richtigen Mann kennenlernen, sind wir allzu oft bereit, alles aufzugeben. Anna ist da zumindest kein Einzelfall, und ich bin gespannt, wie Tolstoi sie, ihre Situation und ihre Gedanken darstellen wird. Ich könnte mir vorstellen, dass ihr Wunsch, in Wronski die Erfüllung ihres Lebens gefunden zu haben, sie alle warnenden Anzeichen übersehen und überhören lässt, weil ihr Wunsch dass Wronski der ist und ihr das gibt, was sie sich von ihm erträumt, allzu groß ist, und wohl auch nicht realistisch. Ich bin gespannt.

Im Übrigen ist dies ja nicht die einzige Geschichte, die Tolstoi in diesem Roman erzählt. Annas Geschichte stellt er die Geschichte ihres Bruders gegenüber, aber auch die Lewins und Kittys. Das macht das ganze zu einem großen Panorama, das sich so langsam entfaltet, und mir sehr gefällt. Es fällt mir jedes Mal schwer, mich aus dem Buch zu lösen, mich von den Figuren loszureißen.
Liebe Grüße,
Petra


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Re: Tolstoi und sein Werk: Anna Karenina u.a.

Beitragvon Petra » Fr 27. Jan 2012, 12:26

Hallo zusammen,

ich bin auf Seite 200. Anna ist überstürzt aus Moskau abgereist, da sie die Gefahr spürt, die Wronski für sie bedeutet. Noch ist sie sich nicht bewusst darüber, woher diese Gefahr kommt, und spielt sie vor sich selbst herunter. Aber sie ahnt bereits, dass sie ihm völlig verfallen könnte. Das hat Tolstoi ganz wunderbar eingefangen. Diese Beklemmung und Befürchtung darüber, dass die Gefühlswelt die Vernunftswelt zu verschlingen vermag. Ebenso brillant wird er auch in seiner Schilderung sein, wie Anna alle Vernunft in den Wind schlägt, weil ihr Gefühl einfach zu stark ist. Jeder, der schon mal sehr stark verliebt war, wird das nachempfinden können, so verurteilenswert es mit Abstand betrachtet ist. Ich bin bisher beeindruckt, wie authentisch Tolstoi diese Entwicklung aufzeichnet, und wie viel Zeit er sich dafür lässt. Diese Zeit verstärkt die Authentizität, denn er kann dadurch aufzeigen, wie schleichend und allmählich die Gefühle die Oberhand gewinnen, und die Vernunft an Kraft verliert.

Auch die Figur des Wronski finde ich interessant. Ich bin bespannt, ob er sich so stark in Anna verliebt, dass auch er für eine Zeit glaubt, dass er seine Freiheit und Unabhängigkeit für sie hergeben würde. Oder ob er sie gedankenlos ins Unglück stürzt, wie er ja auch Kitty unglücklich gemacht hat, ohne es wirklich zu bemerken. Sehr glaubhafte Personen, gefällt mir.

Auch wie es sich nun für Kitty und Lewin weiterentwickelt erwarte ich mit Spannung. Kitty verreist nun erst mal mit ihrer Familie, und Lewin ist nach einem Besuch bei seinem Bruder Nikolai auf seinen Hof zurück gekehrt. Er scheint sich auf das zu besinnen, was im Leben wichtig ist, und wohin es ihn bringen soll. Er sammelt sich allmählich wieder.

In all diese Figuren fühlt Tolstoi sich hervorragend ein. Darin übersteigt er meine Erwartungen.

Edit: Was ich auch ganz toll beobachtet finde, ist die Szene, als Anna an ihrem Mann bei ihrer Rückkehr aus Moskau die großen Ohren auffallen, und sie sich wundert, was er nur für große Ohren hat. Eine Welt, die einem bekannt und vertraut ist, kann durch die Liebe zu einem anderen Menschen, in sich zusammenbrechen. Man betrachtet die gewohnte Welt mit neuen Augen, und stellt an ihr allerhand Dinge fest, die man zuvor übersehen hat, und die einen jetzt gravierend stören. Diese aufkommenden Zweifel am bisherigen Leben sind wirklich sehr fein beobachtet.
Liebe Grüße,
Petra


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Re: Tolstoi und sein Werk: Anna Karenina u.a.

Beitragvon Petra » Sa 28. Jan 2012, 18:26

Hallo zusammen,

Bis Seite 230: Es wird immer deutlicher, wie psychologisch ausgefeilte dieser Roman ist. Nicht nur die Figuren und ihre Motive, sind psychologisch brillant ausgearbeitet, sondern auch aus soziologischer Sicht beweist Tolstoi ein sehr gutes Auge. Der übliche Kreis hat sich gerade nach einem Besuch im Theater bei Fürstin Betsy eingefunden. Die Szene hat Tolstoi meisterhaft entworfen. Wie man sich um den Tisch gruppiert, Gespräche aufnimmt, sie wieder verebben, und warum das der Fall ist, und wie man nun schließlich zu den Lästereien übergeht, um ein angeregtes Gespräch in Gang zu bringen. All das ist so fein beobachtet und die Verhaltensmuster innerhalb solch einer Gesellschaft sind brillant zu Papier gebracht.

Während dieses Beisammenseins finden Anna und Wronski Gelegenheit miteinander zu reden. Anna fordert ihn auf, dass das ein Ende haben muss. Er soll ihr nicht mehr folgen wie ein Schatten. Aber er merkt genau, dass ihr Herz etwas ganz anderes spricht, als ihre Lippen. Auch Kitty wird zum Thema zwischen den beiden. Anna wurde postalisch informiert, dass Kitty krank ist, und konfrontiert Wronski mit seinem Verhalten ihr gegenüber, dass sie gewiss so kränklich hat werden lassen.

Annas Mann hat den entrüsteten Blick der anderen auf die zu lange beieinander verweilenden - Anna und Wronski - bemerkt. Als er aufbrechen will, bleibt Anna noch. Später zu Hause grübelt er, was zu tun ist. Auch hier fühlt Tolstoi sich exzellent in einen Charakter ein. Diesmal in Annas Ehemann, den gefühlsarmen, nüchternen Alexej Alexandrowitsch. Mit seiner spröden Art, behandelt er diesen Fall wie einen in seiner Behörde. Überlegt, welche Instanz hier zuständig ist, und der Angelegenheit beizukommen ist, um sie ad acta legen zu können. Ganz furchtbar, wie vor sich selbst und vor Anna immer wieder betont, dass er sich zu Eifersucht nie herablassen würde. Zwar ist es ein durchaus interessanter und richtiger Gedanke, dass Eifersucht beide Parteien herabwürdigt und erniedrigt, aber schlimm ist, dass er sich diese Eifersucht nicht mal erlaubt. Selbst hier seine eigenen Gefühle unterbindet. Kein Wunder, dass Anna mit diesem Mann nicht glücklich ist. Ich kann sie verstehen. Besonders, da man sich damals aus fragwürdigen Gründen für eine Ehe entschieden hat, oder entscheiden musste. Dass irgendwann Gefühle für einen anderen entflammen, ist fast zwangsläufig. Und welche Qualen sich daraus für alle beteiligten ergeben, ist ganz schrecklich. Das hat Tolstoi sehr gut eingefangen.

Ihr seht, ich kann diesem Roman sehr viel abgewinnen, und lese das Buch sehr gern! Mit der Übersetzung und der wunderschönen Ausgabe bin ich weiterhin überaus glücklich!
Liebe Grüße,
Petra


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Re: Tolstoi und sein Werk: Anna Karenina u.a.

Beitragvon JMaria » Sa 28. Jan 2012, 19:32

Hallo Petra,

du gehst ja richtig auf in A. K.
Das freut mich, denn irgendwann möchte ich den Roman auch noch lesen und dein Bericht spornt an. Mein letzter Tolstoi war letztes Jahr "Krieg und Frieden. Die Urfassung" und ich war sehr davon angetan.

Weiterhin viel Freude beim Weiterlesen.

:-)
Schöne Grüße, Maria
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Re: Tolstoi und sein Werk: Anna Karenina u.a.

Beitragvon Petra » Sa 28. Jan 2012, 21:41

Hallo Maria,

ja, in diesem groß angelegten Panorama kann man sich richtig verlieren. Es übt auf leise Art eine gewisse Faszination auf mich aus. Und ich bin mir nun sicher, dass ich "Krieg und Frieden" auch lesen möchte. Die Urfassung hätte mich auch sehr interessiert. Aber bei mir wird es dann doch die Neuübersetzung des Hanser Verlags. Ich muss mich nur noch überwinden sie zu kaufen. Sie ist ja sehr teuer. Ich habe aber mal reingeschaut - große klasse!

Wenn Du "Anna Karenina" irgendwann liest, freue ich mich hier auf Deine Eindrücke. Meine werden sicher noch lange präsent sein.
Liebe Grüße,
Petra


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Re: Tolstoi und sein Werk: Anna Karenina u.a.

Beitragvon Barbara » So 29. Jan 2012, 16:45

Liebe Petra,

schön, dass Dir Anna Karenina so gut gefällt. Ich kann das nur zu gut verstehen. Mir ging es genauso. Von keinem seiner Bücher war ich enttäuscht, auch wenn Krieg und Frieden durch die Kriegspassagen für mich sehr langatmig wurde.
Aber auch alle anderen Bücher, vor allem auch diejenigen seiner Frau, einschließlich der Biografie "Mein Leben an der Seite Tolstois" kann ich Dir nur ans Herz legen.

Weiterhin viel Freude mit dem Anna Karenina!!
"Das Lesen eines Buches ist die Zwiesprache mit der eigenen Seele!"
B.H.

Liebe Grüße
Barbara
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