Hallo Binchen, Rachel und alle zusammen,
@Binchen: Ja, Raisa gibt einem das Gefühl, als habe sie länger schon verstanden, dass an der Staatsführung was nicht stimmt. Das Gefühl hatte ich auch beim hören.
Und schön, dass Du es auch so empfindest, dass einem solch eine fiktive Geschichte manchmal mehr geben kann als alle Sachbücher die man darüber lesen kann. Denn mit den Köpfen der anderen zu denken, zu entscheiden und zu handeln bedeutet ein sich völlig in die Problematik reindenken. Nicht auf sachlicher Ebene, sondern auf einer ganz menschlichen und persönlichen Schiene. Das ist es, was mich an diesem Hörbuch so fasziniert und begeistert hat! Viel Spaß noch beim weiterhören! Ich bin auf Deine nächsten Berichte zum Gehörten sehr gespannt! Übrigens habe ich gerade eine
Rezension zu "Kind 44" geschrieben.
@Rachel: Meine Rezension zu dem Hörbuch erklärt vielleicht ein bisschen, warum mir diese Dinge aus der Krimihandlung nicht so dolle aufgestoßen sind. Ich fand den Krimi an dem ganzen so nebensächlich (bis hin zu belanglos - man hätte den fast weglassen können, das Thema also an was anderem aufhängen), dass ich mich damit gar nicht ernsthaft auseinander gesetzt habe.
Wenn ich jetzt so Deine Gedanken dazu lese, dann gebe ich Dir in den meisten Punkten völlig recht. Die Krimihandlung näher betrachtet ist sehr holprig. Allgemein habe ich das auch in meiner Rezension untergebracht (aufgefallen muss es mir also schon sein *g*), aber es war mir selbst so unwichtig, dass ich gar nicht konkret über diese Punkte nachgedacht habe.
Das einzige, was ich weniger unplausibel fand als Du, ist Leos Anfang zum Umdenken (mit dem Tierarzt). Denn den hat ja Vasilli zur Strecke gebracht, der ja Leos Widersacher ist. Und Vasilli hat ja auch unnötiger Weise den Freund des angeblichen Verräters hingerichtet, sowie seine Frau. Und wollte sogar vor den Kindern nicht halt machen. Das fand Leo ja nicht in Ordnung. Denn da geht Vasilli wohl zu weit - selbst unter einem Regime wie dem hier geschilderten. Und dann soll er auch noch unbedingt von dem angeblichen Verräter ein Geständnis bekommen und hört von dem anfangs schon auf die Frage wer er sei: "Ich bin Tierarzt. Meine Kunden sind...". Und genau den Wortlaut liest er in dem Geständnis. Nur hat ja dann noch jemand Raisa dort mit untergebracht. Und nun wird Leo persönlich angekratzt. Er und seine Frau. Und da geht sein Umdenken los, als es an die eigene Pelle gehen soll. Ist doch oft so. Auf einmal sieht man zwangsweise die andere Sicht auf die Dinge, weil man auf die andere Seite gestellt wird... Fand ich dann schon plausibel.
Aber vielleicht ist im Allgemeinen das Thema viel zu dicht (und ja auch sehr komplex und dicht geschildert), um es noch mehr auszuschmücken und somit die einzelnen Details noch begreiflicher zu machen und zu verdichten. Das könnte ich mir vorstellen.
Ich meine auch deshalb, dass ein anderer Aufhänger als eine Krimihandlung besser gewesen wäre. Das hätte so manche Holprigkeit (die für mich meistenteils in der Krimihandlung zu finden ist) erspart und noch mehr Freiraum zur Ausfeilung der Rahmenhandlung gegeben, in der für mich die eigentliche Geschichte steckte! Wer wen denunziert und wen man fasst und wer entkommt und die Gedanken darum waren für mich eh spannend genug! Viel spannender als die Morde.
Und zum Schluss hin hätte ich es auch realistischer gefunden, wenn Leo seine Vorteile angenommen hätte (z. B. das Pöstchen in der Politik). Wer würde nicht? Man kann da vielleicht mehr bewirken, als wenn man sich trotzig stellt? Soweit fand ich auch sehr glaubhaft, dass man ihn nun auch noch als Helden feiert. Man hat ja eine Begründung gefunden, die das rechtfertigt. Aber ich hätte mir auch gewünscht, er hätte nicht ein Morddezernat gründen wollen... aber auch hier sah ich es genauso wie Du: Das musste der Autor unterbringen um einen Aufhänger für weitere Bände zu haben.
Interessant, dass bei Amazon steht, dass der Autor tatsächlich schon an einer Fortsetzung arbeitet!
Es freut mich, dass Du es aber genauso siehst wie ich: Egal wenn manche Schwächen in dem (Hör-)Buch zu finden sind. Die guten Seiten sind dafür so gut (und eindrücklich) und interessant, dass es vollends entschädigt! Für mich 4 Sterne wert, weil ich mich hier wirklich in Menschen und ihre Situation hineinversetzen konnte und mir das geholfen hat, meinen Horizont zu erweitern! Das haben nicht so viele Autoren geschafft.