Leserunde: George Eliot - Middlemarch

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Re: Buch I bis 6. Kapitel

Beitragvon Hermy » Mo 30. Aug 2010, 11:01

Hallo Maria,

genauso köstlich wie Du fand ich das Kapitel 6. Dabei bringt es den Plot kein bisschen weiter, aber wie heisst es so schön im Untertitel des Romans „A Study of Provincial Life“, und in diesem Kapitel zeigt sich George Eliot als eine wunderbare Beobachterin des Provinzlebens.

Mrs. Cadwallader ist ein Prototyp für kleinstädtische Wichtigtuerinnen, deren sozialer Status ganz auf der Position des Ehemannes beruht und denen nichts Weiteres in den Sinn kommt als tagein tagaus das Leben ihrer Mitbürger regieren zu wollen.

Aber auch Sir James Chettam zeigt, dass er keine wahre aufkeimende Liebe zu Dorothea verspürte, sondern eher auf die Anreize und Anziehungskraft eines so jungen Mädchens (17? 18? Jahre; und Celia 15? 16?) eigentlich mit der Idee einer Vernunftehe reagierte. Auch das Verhalten ist höchst geläufig in gewissen sozialen Kreisen.

Auf die bezaubernde Ironie von GE wollte ich noch eingehen, komme nur nicht dazu und vergesse leider mir die schönsten Sätze zu notieren. Heute komme ich nicht zum Weiterlesen, muss molochen.
Beste Grüsse
Hermy


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Re: Buch I bis 6. Kapitel

Beitragvon JMaria » Mo 30. Aug 2010, 11:20

Hermy hat geschrieben:
Mrs. Cadwallader ist ein Prototyp für kleinstädtische Wichtigtuerinnen, deren sozialer Status ganz auf der Position des Ehemannes beruht und denen nichts Weiteres in den Sinn kommt als tagein tagaus das Leben ihrer Mitbürger regieren zu wollen.


Auf die bezaubernde Ironie von GE wollte ich noch eingehen, komme nur nicht dazu und vergesse leider mir die schönsten Sätze zu notieren. Heute komme ich nicht zum Weiterlesen, muss molochen.



das macht nichts, moloche nur weiter *grins*
Übrigens, hast du Mrs Cadwallader sehr gut charakterisiert, - eine Wichtigtuerin.

ich nahm mir gerade etwas Zeit um mal ein Bild von Locke herauszusuchen, mit dem Celia ihren zukünftigen Schwager vergleicht:

http://de.wikipedia.org/wiki/John_Locke

so stelle ich mir Casaubon vor (mit Muttermale) ;)

auch über Wordsworth habe ich meine Kenntnisse etwas aufgefrischt. Ich kenne eigentlich nur sein Gedicht "Daffodils", das ich sehr romantisch finde, also eine Lustbarkeit die Dorothea Brooke nicht gutheißt. Sie findet Wordsworth trivial.

http://william-wordsworth.de/translatio ... cloud.html

Grüße von
Maria
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Re: Buch I. (Kapitel 1-12)

Beitragvon Hermy » So 5. Sep 2010, 12:07

Zum Lesen bin ich diese Woche kurz gekommen, nur das Schreiben fällt mir schwer.

Einige Gedanken zum ersten Buch:
Es ist viel mehr als bloss die Geschichte Dorotheas Heirat mit Casaubon, George Eliot beschreibt ein wunderbares Kaleidoskop Kleinstädtischer Charaktere, sie überblickt das subtile soziale Gefüge Mitte des 19. Jahrhunderts in England, aber auch das Menschliche in ihren Protagonisten. Dadurch wird Middlemarch auch zu dem universellen Roman der Weltliteratur, den ich gerade mit so viel Vergnügen lese.

Dorothea wie auch Casaubon, später der junge Arzt Tertius Lydgate wie auch die Bürgermeistertochter Rosamond Vincy, sie alle erträumen sich ein zukünftiges Leben, wollen es aber nicht in Worte fassen.
Dorothea möchte lernen, lernen und nochmals lernen, zeigt grosses Interesse an der Religion. Sie will nicht nur eine Ehefrau an der Seite eines vermögenden Manns sein, sie möchte ihm einfach auch in seinen Studien zur Seite stehen. In ihrem jugendlichen Eifer bemerkt sie nicht die geistige Sterilität Casaubons. Ihre Schwester Celia besitzt eine viel bessere Beobachtungsgabe, ist durch keinen Eifer geblendet. Dorotheas Verhalten birgt den Keim eines späteren Scheiterns in sich, eine universelle menschliche Verhaltensweise.

George Eliot zeigt uns auch, an Hand des Paares Dorothea mit Sir James Chettam, wie sich eine offene Freundschaft zwischen zwei Menschen entwickeln kann, nachdem die sexuelle Spannung sich gelöst hat (Kapitel 8). Diese Passage dünkte mich sehr modern für das England der 1830er Jahre. Wie denkst Du darüber, Maria?

Ein wunderbar amüsant zu lesendes Kapitel ist die Dinner Party bei den Brookes (Kapitel 10). Da zeigt sich doch mal wieder was für Klatschbasen Männer sein können :lol:

George Eliot verfeinert die Zeichnung des sozialen Umfelds in dem sich der Roman bewegt und verweist auf die wirtschaftlichen Zusammenhänge der Familien Middlemarchs. Natürlich bringt auch dieses wirtschaftliche und soziale Familiengeflecht Sprengstoff mit sich. Bankiers, Honoratioren, Grossbürgertum… Fred Vincys unvorsichtiger Umgang mit Geld, Mary Garths offene Opposition ihm gegenüber.

Interessant ist auch immer wieder wie George Eliot die Hauptprotagonisten von verschiedenen Seiten aus beleuchtet. Der allwissende Erzähler gibt nicht nur deren Gedanken wieder, sondern Nachbarn, Geschäftspartnern, Familienmitgliedern geben alle ihre Meinung ab. Das bringt definitiv das Romanpersonal dem Leser näher. Zum Beispiel wird Casaubon Persönlichkeit neben Dorothea auch von Celia, Mr. Brooke, Chettam, den Cadwalladers und natürlich über seine eigenen Bedenken gezeichnet.

Neue Personen tauchen auf, es ist absehbar, dass ihre Geschichte in den nächsten Büchern dargestellt wird. Neben Dorothea und Casaubon bin ich gespannt auf Fred und Mary, auf Lydgate und Rosamond, Celia, Chattam, aber auch über Bulstrodes, dem religiösen Bankier und Schwager des Bürgermeisters möchte ich mehr erfahren. Selbst die nebengestalten machen Laune, sind sie doch häufig von Ironie und Satire begleitet, so wie die Cadwalladers und des Bürgermeisters Schwester, Mrs. Waude.
Beste Grüsse
Hermy


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Re: Buch I. (Kapitel 1-12)

Beitragvon JMaria » Mo 6. Sep 2010, 15:43

Hallo Hermy,

du hast deine Gedanken ja schön zusammengefasst. Ich kann dir nur zustimmen, bisher empfinde ich "Middlemarch" auch als einen universellen Roman. In diesem Dorfroman findet man die große Welt und Weltansichten.

Oder wie es im Buch heißt:

...Middlemarch zählte in der Tat darauf, Lydgate zu verschlingen und ihn sich gemächlich einzuverleiben. (bereits im 2. Buch Ende Kapitel 15)

Wahrhaftig, hier kommt die Vorstellung eines lebenden Organismus auf !




Hermy hat geschrieben:
George Eliot zeigt uns auch, an Hand des Paares Dorothea mit Sir James Chettam, wie sich eine offene Freundschaft zwischen zwei Menschen entwickeln kann, nachdem die sexuelle Spannung sich gelöst hat (Kapitel 8). Diese Passage dünkte mich sehr modern für das England der 1830er Jahre. Wie denkst Du darüber, Maria?



Ich finde, es passt zum Charakter von Sir James; er ist gutmütig und auch etwas phlegmatisch. Dennoch ist es wirklich ein sehr modernes handeln. Vielleicht hat die Autorin ähnliche Erfahrungen mit dem männlichen Geschlecht gemacht ... (?)


George Eliot verfeinert die Zeichnung des sozialen Umfelds in dem sich der Roman bewegt und verweist auf die wirtschaftlichen Zusammenhänge der Familien Middlemarchs. Natürlich bringt auch dieses wirtschaftliche und soziale Familiengeflecht Sprengstoff mit sich. Bankiers, Honoratioren, Grossbürgertum… Fred Vincys unvorsichtiger Umgang mit Geld, Mary Garths offene Opposition ihm gegenüber.



das Umfeld baut sich nun auf. Der Bau des Krankenhauses und die Leitung dürften auch noch für Aufregung sorgen. Man bemerkt den Umgang mit neuen Gedanken, z.B. dass der Leichenbeschau nicht mehr von Juristen sondern von Ärzten vorgenommen werden sollen. Hier hat sich Tertius Lydgate in die Nesseln gesetzt, weil er sich im Grunde für die Menschen am Tisch nicht groß interessiert und vergaß, dass Mr. Chichely Leichenbeschauer ist.

Fred Vincy und Mary:
das dürfte noch zu großen Verwicklungen führen.


Neue Personen tauchen auf, es ist absehbar, dass ihre Geschichte in den nächsten Büchern dargestellt wird. Neben Dorothea und Casaubon bin ich gespannt auf Fred und Mary, auf Lydgate und Rosamond, Celia, Chattam, aber auch über Bulstrodes, dem religiösen Bankier und Schwager des Bürgermeisters möchte ich mehr erfahren. Selbst die nebengestalten machen Laune, sind sie doch häufig von Ironie und Satire begleitet, so wie die Cadwalladers und des Bürgermeisters Schwester, Mrs. Waude.



du 'sagst' es ! :D

Ich bin im 2. Buch "Alt und Jung" / 16. Kapitel.

Schöne Grüße
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Re: Leserunde: George Eliot - Middlemarch

Beitragvon Hermy » Mo 6. Sep 2010, 16:37

Hallo Maria,

ich habe bereits das 2. Buch gelesen, bevor ich das 3. beginne, muss meine Gedanken dazu sich noch etwas setzen lassen.

Auf jeden Fall macht es viel Spass diesen Schmöker zu lesen.

Schönen Nachmittag.
Beste Grüsse
Hermy


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Re: Leserunde: George Eliot - Middlemarch

Beitragvon JMaria » Di 7. Sep 2010, 15:49

Hermy hat geschrieben:Hallo Maria,

ich habe bereits das 2. Buch gelesen, bevor ich das 3. beginne, muss meine Gedanken dazu sich noch etwas setzen lassen.

Auf jeden Fall macht es viel Spass diesen Schmöker zu lesen.

Schönen Nachmittag.



Hallo Hermy,

ich bin zwar noch nicht ganz durch mit dem 2. Buch, doch es ist durchsetzt von "Alt und Jung", wie es der Titel verheißt. Noch haben die "Alten" das Sagen, boxen die Jungen aus Schwierigkeiten oder sind abhängig, da sie ihren Lebensunterhalt (Mary) erhalten. Wie wird es aussehen, wenn die "Jungen" erwachsen und selbständiger werden?

Ich hoffe, wir erfahren es noch.

Edit:
nicht nur den Menschen betrifft das Kapitel "Alt und Jung", sondern auch die Anschauungen derer und die Veränderungen, die sich anbahnen.


Liebe Grüße
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Re: Leserunde: George Eliot - Middlemarch

Beitragvon JMaria » Fr 10. Sep 2010, 10:43

Hermy hat geschrieben:Hallo zusammen,
Drei Verfilmungen soll es bisher von Middlemarch geben
- ein TV-Feuilleton der BBC in 7 Folgen aus dem Jahr 1968 unter der Regie von Joan Craft;
- eine TV-Mini-Serie der BBC aus dem Jahr 1994 unter der Regie von Anthony Page;
- eine demnächst erscheinende Verfilmung (2010), bei der Sam Mendes Regie führt.


Hallo Hermy,

ich habe die BBC Verfilmung von 1994. Den 1. Teil (1. DVD) habe ich gesehen, dann habe ich mich aber entschlossen, erst das Buch zu lesen. Somit werde ich die restlichen Teile am Anschluß der Leserunde anschauen. Was ich bisher gesehen habe, hat mir durchaus gefallen.

Danke für die Info zur Neuverfilmung. Ich hoffe, die erscheint auch mal in deutsch.

Grüße von
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Re: Leserunde: George Eliot - Middlemarch

Beitragvon Hermy » So 12. Sep 2010, 17:42

Hallo Maria,

In Buch 2 haben wir verschiedenen jung-alt Paarungen. Da sind Fred Vincy und Mary Garth und ihnen gegenüber der alte, sarkastische Peter Featherstone, als zweites Paar zeigen die Geschwister Fred und Rosemund Vincy wie sich schon immer Jugend einer weichen, warnherzigen Mutter und ihrem Bürgermeistervater gegenüber benahm; Töchter wickeln Papa um den kleinen Finger, und Söhne können auf die Nachsichtigkeit der Mutter zählen. Dann sind da der junge Tertius Lydgate gegenüber dem religiösen Bankier Nicholas Bulstrode, beide wollen in Middlemarch die medizinische Versorgung verbessern. Die jung vermählten Casaubons, Dorothea und Edward, bergen in ihrer Ehe einen nicht eingestandenen Generationskonflikt, dazu kommt die Dreierbeziehung Dorothea Casaubon-Brooke und Will Ladislaw gegenüber dem alten Ehemann.

Ich lese fleißig weiter und bin in der zu Ende gehenden Woche neugierig bis in die Tiefen von Buch 4 vorgedrungen. Bei Kapitel 39 lege ich jetzt eine Pause ein, um noch eine Weile die Figuren und ihr Verhalten auf mich einwirken zu lassen. Wie weit bist Du gekommen mit dem Lesen, Maria?

Ein winziger Ausschnitt aus Kapitel 38 – es ist kein Spoiler, Maria – zeigt wie modern der Roman ist, oder doch eher wie wir mit unseren Äußerungen häufig auf der Stelle treten. Wie viele Jahrhunderte braucht es eigentlich bis der Mensch weiser wird :roll:
’…I suppose this young fellow is some loose fish from London.’
‘His name is Ladislaw. He is said to be of foreign extraction.’
‘I know the sort,’ said Mr. Hawley; ‘some emissary. He’ll begin with flourishing about the Rights of Man and end with murdering a wench. That’s the style.’
Beste Grüsse
Hermy


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Re: Leserunde: George Eliot - Middlemarch

Beitragvon JMaria » So 12. Sep 2010, 17:56

Hallo Hermy,

ich habe das 3. Buch "Warten auf den Tod" beendet.
Interessanterweise überlebt Fred das Typhusfieber. Ich hatte schon meine Befürchtungen, dass es, lt. Titel, nicht gut ausgeht.

Dafür erleben wir Leser in diesem Buch, wie so manche hohe Erwartung in einen Menschen verloren geht und manche Ideologien auf ein Maß zurecht gestutzt wird, das bitter schmecken mag.

Fred enttäuscht Mr. Garth. Mit welcher Würde Mrs. Garth ihren Ehemann trotz Enttäuschung unterstützt, ist bewundernswert. (ich bin gespannt, wie sich sein Überwinden der Krankheit auf sein Gemüt ausübt).

Dorothea hat wohl den bittersten Brocken zu verdauen. Ihre hohen Erwartungen an ihren Ehemann haben sich nicht erfüllt, ihr Ideal von einem erfüllten Leben, muß sie herunterschrauben. Ihre Welt ist geschrumpft....

... Selbst die Möbel im Zimmer schienen geschrumpft zu sein, seit sie sie zuletzt gesehen hatte: Der Hirsch auf dem Wandtecppich sah eher wie ein Gespenst aus in seiner geisterhaften blaugrünen Welt; die Bände mit schöngeistiger Literatur im Bücherregal sahen eher wie unbewegliche Imitationen von Büchern aus... Kapitel 28


Casaubons Herzattacke, die in diesem 3. Buch nochmals gut ausgeht, ist im Grunde dennoch ein Warten auf den Tod.

Am Ende stirbt dann Mr. Featherstone und ich bin gespannt auf das Testament bzw. die Testamente. Mary ist sich treu geblieben.


Gleich geblieben sind mMn Sir James, Celia, Mary Garth.

mit Tränen hat sich Rosamonde nun Lydgate geangelt. Der Mann wußte nicht wie ihm geschieht.

Edit:
da waren wir heute fast zur gleichen Zeit online und haben eine Antwort geschrieben :D

Die jung vermählten Casaubons, Dorothea und Edward, bergen in ihrer Ehe einen nicht eingestandenen Generationskonflikt, dazu kommt die Dreierbeziehung Dorothea Casaubon-Brooke und Will Ladislaw gegenüber dem alten Ehemann.


und Mr. Brooke, Dodos Onkel, macht die Situation nicht einfacher.

Ich lese gerade Kapitel 35.


Zweites Edit:
etwas verwirrend fand ich mal wieder die Übersetzung aus Kapitel 29, als Casaubon eines seiner kleinen Schriften einem Mann namens Carp (fiktiv, Karpfen) widmet und ihn dann ein Mitglieds des Königreichs der Tiere nennt. Das hat mich verwirrt. Ich habe im Original nachgeschaut, dort heißt es "animal kingdom" zu gut deutsch "Tierreich", ein zoologischer Begriff.

weiter heißt es:

....... vielleicht sogar noch in dem gegenwärtigen dem Gekicher von Hinz und Kunz.

die Fußnote im Anhang gibt hier wenigstens das Original wieder Pike and Tench, Hecht und Schleie, um so das Bild von Carp weiterzuführen.

Dennoch verstand ich nicht warum George Eliot dieses Bild dem Leser gibt.

Liebe Grüße
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Re: Leserunde: George Eliot - Middlemarch

Beitragvon JMaria » Do 23. Sep 2010, 16:10

Hallo Hermy,

ich bin mit dem 4. Buch "Drei Liebesprobleme" durch. Wir wissen nun, wie die Testamente lauteten und dass es einen Neuzugang in Middlemarch gibt: Josh Rigg Featherstone, der uneheliche Sohn des Verstorbenen.


Drei Liebesprobleme - wie wahr. Die Einzelschicksale sind doch mit einander verwoben und man ahnt, dass so manche Handlung, spätere Konsequenzen mit sich zieht. Ich denke da besonders an das junge Paar Lydgate und Rosamond. Er erwartet eine Mitgift, sie erwartet, dass er ihr den Lebensstil gibt, den sie sich erträumt.

Fred und Mary könnten eine gemeinsame Zukunft haben. Hier könnte es zu einer Verbesserung kommen, wenn sich Mr. Garth tatsächlich Fred annimmt. Dieser junge Mann steht einfach noch nicht fest im Leben.


und bei Dorothea und Casaubon läuft es garnicht gut. Ihre Naivität reizt seinen Stolz und Zorn und seine Eifersucht. Doch neben ihrer Naivität hat Dorothea auch einen starken Willen und kann Dinge eigens beurteilen und das macht ihm wiederum Angst.


Die psychologischen Abläufe im Menschen schildert George Eliot doch sehr gut.

Liebe Grüße
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