Hallo zusammen,
Ich schrieb: So langsam verstehe ich auch die kleine Kritik, die man an dem Buch übte. Es seien ein paar Zufälle zuviel. Hier ist jede Figur mit den anderen verknüpft.
Steffi schrieb: Ich sehe es aber so, dass Fallada nicht eine Realität darstellen wollte sondern bestimmte Typen und Verhaltensmuster aufzeigen.
ja Steffi, genau. Das meinte ich mit meinem Beisatz dazu, dass ich denke, dass Fallada das absichtlich gemacht hat. Ich sehe den Grund ebenfalls darin, dass er jeweils einen bestimmten Typus Mensch (mit den Prägungen dieser Zeit) mit den einzelnen Figuren darstellen wollte. Sie stehen nicht nur einzeln für sich, sondern für ein Verhaltsmuster oder bestimmte Typen. Schön, dass Du das auch genauso empfindest. Das bestätigt mir meinen Eindruck. Es ist natürlich schade, dass man ihm das teilweise vorgeworfen hat, bzw. es als Schwäche des Romans gesehen hat. Eigentlich finde ich das doch recht deutlich, was er sich dabei gedacht hat. Er wollte dadurch die Geschichte sicher nicht vereinfachen.
Steffi hat geschrieben:Zola hat nur wenige Hauptpersonen, die er aufbaut, während Fallada sehr viele Aspekte abdecken will, ich hatte das ja schon vorher mal geschrieben.
Auch das sehe ich ebenfalls so. Fallada deckt sehr viele Aspekte ab. Zeigt sehr viele Facetten auf. Es gab nicht nur die Helden (von denen er hier überhaupt nicht erzählt) und auf der anderen Seite die bösen Nazis. Es gab ganz viele Feinabstufungen. Ganz viele Gründe, warum die Menschen damals alle (oder doch fast alle) so handelten, wie die Figuren in seinem Roman. Das wird gerade jetzt zum Schluss hin auch immer deutlicher, finde ich. Ich bin ganz fasziniert! War ich anfangs angetan, so hat sich das noch um ein ein Vielfaches gesteigert!
Zola werde ich mir auch in Ruhe mal anschauen. Für Deinen Vergleich bin ich dankbar. Du machst auf Zola dadurch neugierig.
Steffi hat geschrieben:Und ich denke, dass einer der Beweggründe ist, dass man dann beim Sterben (..jeder für sich allein !) dann auch auf ein Leben zurückblicken müssen kann, mit dem man zufrieden ist. Das finde ich, ist eine der Aussagen, die Fallada damit verknüpft, auch später dann, als Eva Kluge sich um Kuno kümmert, kommt das nochmal zur Sprache.
Sehr richtig! Und der Trudel legt er es zu Anfang des Vierten Teils auch noch mal in den Mund. Da möchte ich jetzt aber nicht vorgreifen. Habe ich eben in einem Posting zu Kapitel 53 (bei Maria 52) geschrieben. Darauf können wir dann gerne noch mal zu sprechen kommen. Ich finde diesen Aspekt nämlich auch sehr wichtig! Denn selbst wenn die Quangel-Karten nur angstvoll ausgehändigt werden und sonst nichts bewegen, son können Otto und Anna Quangel doch am Ende auf ihr Leben zurückblicken und sagen: Ich war nicht einverstanden und ich habe das geäußert! Ich habe nicht mitgemacht. Ich habe etwas (im Grunde egal was) dagegen getan! Ein sehr wichtiger Gedanke, den ich mir ebenfalls aus diesem Fallada-Leseerlebnis mitnehmen werde.
Steffi hat geschrieben:Ich frage mich, wie es Fallada da ging, ob er das für sich verwirklichen konnte.
Sehr gute Frage! Vielleicht wirst Du aus der Biografie, die ja neuaufgelegt werden soll, darüber etwas erfahren. Falls, so wäre ich sehr dankbar, wenn Du es mit uns teilen würdest.
Steffi hat geschrieben:Dabei denke ich auch an den betrunkenen Persicke (Kapitel weiß ich im Moment nicht), da hat sich wohl Fallada selbst ein bißchen porträtiert und mir lief es da eiskalt den Rücken hinunter, weil ich gespürt habe, das schreibt einer, der das schon selbst so erlebt hat.
Auch das ging mir genauso! War es die Stelle, wo dieser Kleb (hieß er so?) ihn aufsucht und Persicke so betrunken ist, dass er sogar in ein Delirium verfällt? Das dürfte der Abend sein, in dem auch Barkhausen zum dritten mal geprellt wird. Die Nacht, in der Frau Rosenthals Besitz abermals den Eigentümer wechselt. Auch dieser Übergang von Frau Rosenthals Besitz finde ich so eindringlich. Das wird mit Judenbesitz oft so gegangen sein.
Zurück zum Alkohol. Ich glaube auch, dass Fallada da ein bisschen sich selbst porträtiert hat. Wahrlich schauderlich! Und so treffend geschildert!
Steffi, Danke für Deine Eindrücke. Die fand ich sehr erhellend und bereichernd!
Ich hatte heute Mittag ein wirklich schlimmes Kapitel hinter mich gebracht. Mir brannten wirklich Tränen in den Augen und ich hatte einen Kloß im Hals. Aber es muss so sein. Fallada zeigt viele Schicksale anhand der hier ausgesuchten auf. Es war so. Beschönigen hilft da nichts.