Leserunde: Thomas Hettche - Pfaueninsel

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Re: Leserunde: Thomas Hettche - Pfaueninsel

Beitragvon YvonneS » Fr 17. Okt 2014, 09:26

steffi hat geschrieben:Ich finde, er macht das sehr geschickt. Er wechselt auch ganz unbemerkt die Erzählperspektive, mal Märchen, mal Träume, Marie als personaler Erzähler, auktorialer Erzähler - das finde ich äußerst spannend. Vielleicht sind es auch weniger Erzählperpektiven als Erzählformen.

Diese Erzählstruktur könnte für manche Leser allerdings ein Problem darstellen. Genau betrachtet, gibt es eigentlich keine richtige Handlung in dem Buch, sondern vielmehr eine Aneinanderreihung von Episoden und Momentaufnahmen, historischen Begebenheiten und Personen gepaart mit enzyklopädischen Einwürfen. Die Kunst liegt hier im geschickten Verweben dieser Einzelteile und das gelingt dem Autor - da möchte ich Steffi zustimmen - meiner Meinung nach meistens ganz gut, auch wenn es mir manchmal ein bisschen „too much“ ist und sich mir der Eindruck auftut, der Autor will unbedingt alles in seinen Roman packen, was ihm bei seinen Recherchearbeiten an Wissen über den Weg gelaufen ist. ;)

Der Grundtenor der Geschichte ist aber immer vorhanden, auch wenn er oftmals nur zwischen den Zeilen hervorblickt.

Ich beginne jetzt mit dem 5. Kapitel.
Liebe Grüße
Yvonne



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Re: Leserunde: Thomas Hettche - Pfaueninsel

Beitragvon JMaria » Fr 17. Okt 2014, 14:40

Danke nochmals für den Tipp sich das Interview anzuschauen, das Dennis Scheck mit dem Autor geführt hat. Sympathisch und der passende Rahmen, hat mir gut gefallen.

http://www.daserste.de/information/wiss ... e-100.html
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Re: Leserunde: Thomas Hettche - Pfaueninsel

Beitragvon JMaria » Fr 17. Okt 2014, 21:00

Hallo zusammen,

den Wechsel der Erzählperspektiven (S. 9, 69, 103) finde ich interessant und gibt der Geschichte etwas Märchenhaftes. So auch, daß neben Zwergen nun auch eine andere Märchenfigur auftaucht, Peter Schlemihl von Adelbert von Chamisso, der seinen Schatten verkaufte und deswegen nie von der Gesellschaft anerkannt wurde.

Es fasziniert und verwirrt, wie der Autor in die Trickkiste greift.

Irritierend ist für mich auch, daß Marie Sappho zitiert.


Reiterheere mögen die einen, andere halten Fußvolk oder ein Heer von Schiffen für der Erde Schönstes, ich aber das, was man liebt.

Ich finde keinen Übersetzer, der dafür 1819 in Frage käme.
Außerdem wurde Sappho, so meine ich mich zu erinnern, später ins Deutsche übersetzt. Vielleicht hat der Autor auf eine frühe französische Übertragung des Verses zurückgegriffen und hat es Marie sozusagen übersetzen lassen?

Unbekannt war Sappho 1819 sicher nicht, denn Grillparzer hat ja ein Trauerstück 1818 uraufgeführt.

Hat jemand eine Idee?

Ovid schreibt, daß Sappho klein, dunkelhäutig und unscheinbar war. Marie also nicht unähnlich.

Gruß,
Maria
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Re: Leserunde: Thomas Hettche - Pfaueninsel

Beitragvon steffi » Sa 18. Okt 2014, 17:34

Bei Sappho bin ich noch nicht. Ich könnte mir aber vorstellen, dass Hettche da auch ein kleines Spielchen treibt.

Denn bisher scheint alles sehr gut recherchiert. Die Namensgebung zu Hortensie hat mir gut gefallen. Und es war auch zuerst Nicole-Reine Lepaute mit dem botanischen Namen Peautia caelestina, später aber wurde sie umbenannt in Hortensia opuloides (lat. hortus= Garten).

Lt Dictionnaire des Sciences naturelles (t. 21) von 1821:
http://www.biodiversitylibrary.org/item ... 3/mode/1up
Gruss von Steffi

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Re: Leserunde: Thomas Hettche - Pfaueninsel

Beitragvon YvonneS » So 19. Okt 2014, 14:26

Ich bin jetzt auf Seite 176 über einige grobe historische Fehler gestolpert. Erwähnt wird da ein Herbsttag im Jahr 1829, an dem der Porticus des Mausoleums für die verstorbene Königin Luise im Beisein der königlichen Familie eingeweiht wird.

Da ist von rotem Sandstein die Rede, der an die hessische Heimat Luises erinnert - Luise stammte aus dem Herzogtum Mecklenburg-Strelitz und nicht aus Hessen. :x

An der Einweihung nimmt auch der Kronprinz mit seiner Frau Ludovika von Bayern teil - der Kronprinz war mit Elisabeth von Bayern verheiratet, Ludovika war deren jüngere Schwester, die wiederum mit Herzog Max in Bayern verheiratet war, die beide bekanntlich Eltern der österreichischen Kaiserin Sisi waren. :roll:

Von der Schwester des Kronprinzen ist die Rede, die 1829 bereits seit zwölf Jahren Zarin von Russland ist und deshalb bei der Einweihung nicht dabei sein konnte. Charlotte war mit Zar Nikolaus I. verheiratet, der erst 1825 den Zarenthron bestieg und somit war Charlotte 1829 erst seit fünf Jahren Zarin von Russland.

Solche groben Fehler finde ich einfach daneben und die verleiden mir das Weiterlesen.
Liebe Grüße
Yvonne



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Re: Leserunde: Thomas Hettche - Pfaueninsel

Beitragvon steffi » So 19. Okt 2014, 20:07

YvonneS hat geschrieben:Da ist von rotem Sandstein die Rede, der an die hessische Heimat Luises erinnert - Luise stammte aus dem Herzogtum Mecklenburg-Strelitz und nicht aus Hessen. :x



Ja, das stimmt. Aber sie wuchs zuerst in Hannover und dann mit 10 Jahren, bei ihrer Großmutter in Darmstadt auf. Was sie natürlich als ihre Heimat angesehen hat, das müsste man aus Briefen erkunden.
Gruss von Steffi

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Re: Leserunde: Thomas Hettche - Pfaueninsel

Beitragvon steffi » So 19. Okt 2014, 20:20

YvonneS hat geschrieben:

An der Einweihung nimmt auch der Kronprinz mit seiner Frau Ludovika von Bayern teil - der Kronprinz war mit Elisabeth von Bayern verheiratet, Ludovika war deren jüngere Schwester, die wiederum mit Herzog Max in Bayern verheiratet war, die beide bekanntlich Eltern der österreichischen Kaiserin Sisi waren. :roll:


Seine Frau hieß Elisabeth Ludovika.
Die bayrische Ludovika hieß eigentlich Maria Ludovika Wilhelmine.
;)

Gennant wurde Elisabeth in der Familie wohl Elise.
Gruss von Steffi

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Re: Leserunde: Thomas Hettche - Pfaueninsel

Beitragvon YvonneS » Mo 20. Okt 2014, 09:36

steffi hat geschrieben:
Seine Frau hieß Elisabeth Ludovika.

Die bayrische Ludovika hieß eigentlich Maria Ludovika Wilhelmine.
;)

Genannt wurde Elisabeth in der Familie wohl Elise.


Das stimmt schon, aber da mehrere Vornamen Usus waren, gab es offizielle Rufnamen, und die waren bei der Älteren Elisabeth von Bayern und bei der Jüngeren Ludovika von Bayern.

Eine spätere "Königin Ludovika von Preußen" gab es nicht, die Gattin den Kronprinzen wurde nach seiner Amtsübernahme offiziell Königin Elisabeth von Preußen genannt, manchmal auch Königin Elisabeth Ludovika von Preußen. Ich glaub kaum, dass das im "Kronprinzessinnenstand" anders gewesen ist. :)

Mit Ludovika von/in Bayern assoziieren die meisten automatisch die Mutter von Sissi.
Liebe Grüße
Yvonne



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Re: Leserunde: Thomas Hettche - Pfaueninsel

Beitragvon YvonneS » Mo 20. Okt 2014, 09:48

steffi hat geschrieben:
YvonneS hat geschrieben:Da ist von rotem Sandstein die Rede, der an die hessische Heimat Luises erinnert - Luise stammte aus dem Herzogtum Mecklenburg-Strelitz und nicht aus Hessen. :x



Ja, das stimmt. Aber sie wuchs zuerst in Hannover und dann mit 10 Jahren, bei ihrer Großmutter in Darmstadt auf.


Ups, klarer Fall von Eigentor, denn eigentlich hätte ich das gewusst. :mrgreen:
Liebe Grüße
Yvonne



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Re: Leserunde: Thomas Hettche - Pfaueninsel

Beitragvon steffi » Mo 20. Okt 2014, 17:49

YvonneS hat geschrieben:Das stimmt schon, aber da mehrere Vornamen Usus waren, gab es offizielle Rufnamen, und die waren bei der Älteren Elisabeth von Bayern und bei der Jüngeren Ludovika von Bayern.

Eine spätere "Königin Ludovika von Preußen" gab es nicht, die Gattin den Kronprinzen wurde nach seiner Amtsübernahme offiziell Königin Elisabeth von Preußen genannt, manchmal auch Königin Elisabeth Ludovika von Preußen. Ich glaub kaum, dass das im "Kronprinzessinnenstand" anders gewesen ist. :)

Mit Ludovika von/in Bayern assoziieren die meisten automatisch die Mutter von Sissi.


Ja, das stimmt. Schon wegen der Sissi-Filme :D Ich hatte mich halt gefragt, ob sie innerhalb der Familie anders genannt wurde (ich bin noch nicht bei der Stelle im Buch). Aber außer Else hab ich auf die Schnelle nichts gefunden und zum längeren recherchieren hab ich keine Lust im Moment. Einem Lektor hätte das auf jeden Fall auffallen müssen.
Gruss von Steffi

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