Rahimi, Atiq: Stein der Geduld

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Rahimi, Atiq: Stein der Geduld

Beitragvon Doris » Mi 30. Sep 2009, 12:37

Titel: Stein der Geduld
Originaltitel: Syngué Sabour
Autor: Atiq Rahimi
Verlag: Ullstein
ISBN: 9783550087868
Preis € 18,00

Autorenporträt:
Atiq Rahimi, 1962 in Kabul geboren, studierte Literatur an der dortigen Universität. Während des Afghanisch-sowjetischen Krieges floh er 1984 über Pakistan nach Frankreich.
Neben dem Schreiben ist er vor allem als Dokumentarfilmer tätig. 2002 erschien sein international vielbeachteter Roman Erde und Asche, der 2004 verfilmt wurde. Für Stein der Geduld, das erste Buch das Rahimi auf Franösisch schrieb, erhielt er 2008 den Prix Goncourt.


Kurzbeschreibung
Ein Mann liegt im Sterben. Seine Frau sitzt bei dem Bewusstlosen und beginnt zu erzählen von Demütigung und Unterdrückung, von alltäglichen Grausamkeiten und vom Drama ihrer Ehe. Die kraftvolle Sprache, die eindrücklichen Bilder wirken wie ein Schrei, der die Stille zerreißt.In einem Dorf irgendwo in Afghanistan sitzt eine Frau am Bett ihres schwerverletzten Mannes, der im Koma liegt. Im Zimmer ist es still, draußen hört man Schüsse, die Frau betet. Dann beginnt sie zu reden. Sie erzählt ihm, was sie ihm vorher nie sagen konnte, sie berichtet dem reglos Daliegenden von dem Drama, das die Ehe für sie bedeutet. Wie dem magischen »Stein der Geduld« aus der afghanischen Mythologie vertraut sie ihm ihren Schmerz an und beichtet ein Geheimnis, das sie seit langem bedrückt. Doch auch die Geduld eines Steins ist nicht unendlich. Atiq Rahimi hat ein großes, eindrucksvolles Buch geschrieben, erzählt in einer wunderbar klaren und poetischen Sprache.


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Meine Meinung:
Eine namentlich nicht genannte Frau sitzt am Lager ihres schwer verletzten Mannes. Sie ist verzweifelt, sie ist wütend, gedemütigt.
Und sie schreit ihm all dies entgegen und ernennt ihn zu ihrem "Stein der Geduld" wie in der afghanischen, mythologischen Geschichte. Plötzlich kann sie ihm alles erzählen ohne unterbrochen, ohne beschimpft zu werden. Ihre Gefühle schwanken zwischen Trauer, Hass und Liebe. Nie zuvor konnte sie ihren Mann so berühren wie sie es jetzt tut, nie zuvor konnte sie so offen sein.
Das Buch, 166 Seiten kurz, hatte streckenweise die Beklommenheit eines Kammerspiels.

"Auf einmal ist die Frau wieder da. Mit düsterem Blick. Zitternden Händen. Sie geht auf den Mann zu. Bleibt stehen. Atmet tief durch. Mit einer heftigen Bewegung packt sie den Schlauch. Schließt die Augen und zieht ihn aus seinem Mund. Dreht sich um, die Augen noch immer geschlossen. Macht ein paar Schritte. Schluchzt: "Gott vergib mir!", nimmt ihren Schleier und verschwindet."

Trotz der reduzierten Sprache berührte mich das Buch sehr. (dk)
"Das richtige ist das intensive Buch. Das Buch, dessen Autor dem Leser sofort ein Lasso um den Hals wirft, ihn zerrt und nicht mehr los läßt - bis zum Ende nicht, lies oder stirb! Dann liest man lieber." Kurt Tucholsky
Doris
 
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