French, Tana: Totengleich

Hier können registrierte und mitdiskutierende Mitglieder Buch-Rezensionen schreiben.
Forumsregeln
Hier können registrierte und mitdiskutierende Mitglieder Buch-Rezensionen schreiben. Die Moderatoren behalten sich vor, anderweitige und kommerzielle Einträge ohne Kommentar zu löschen!

French, Tana: Totengleich

Beitragvon Petra » Do 15. Okt 2009, 11:47

French, Tana
Totengleich

Bild

Genre: Krimi / Thriller
Seitenzahl: 778Seiten
Verlag: Scherz Verlag
Preis: 16,95 €
ISBN: 9783502101925
Bewertung: ***/****
(* schlecht / ** ganz gut / *** gut / **** spitze)

Inhalt:

Eigentlich hat sich die junge Polizistin Cassie Maddox versetzen lassen, da ihr die Arbeit im Morddezernat in ihrem letzten Fall zu sehr zugesetzt hat. Doch als sie an einen Tatort gerufen wird, ist ihr schnell klar, dass sie sich aus diesem Fall nicht heraushalten kann. Denn die Ermordete ist ihr wie aus dem Gesicht geschnitten.

Noch erstaunlicher ist der Name der Toten: Lexie Maddison. Das war Cassies Name in einem Undercovereinsatz, in der Zeit bevor sie ins Morddezernat gewechselt hatte. Die Tote gleicht ihr somit nicht nur aufs Haar, sondern hat auch Cassies abgelegte Identität angenommen. Cassies früherer Boss Frank Mackey aus ihrer Undercover-Zeit bittet sie, sich auf ein gefährliches Unterfangen einzulassen. Lexies’ Tod soll geheimgehalten und Cassie als Undercover-Agentin in die WG eingeschleußt werden, in der Lexie die letzten Jahre gelebt hat.

Cassie übernimmt den Auftrag und findet sich schon bald in einem alten Cottage wieder, in einer eingeschworenen Studenten-WG und verliert sich immer mehr in dieser Welt und vergisst beinahe warum sie dort ist: um Lexies Mörder zu überführen.

Meine Meinung:

Nach einem Debüt wie „Grabesgrün“ waren die Erwartungen an den zweiten Band um Cassie Maddox hoch gesteckt! Doch Tana French ist das Erstaunliche gelungen: sich und ihrem Stil – der „Grabesgrün“ zu einem außergewönlichen Leseerlebnis gemacht hat – absolut treu zu bleiben und doch etwas völlig Neues zu erzählen.

Dieser Thriller ist absolut kein Abklatsch des ersten Bandes. Er unterscheidet sich von diesem schon durch den Wechsel der Erzählperspektive. In „Grabesgrün“ vertraute Cassies Kollege Rob dem Leser den Verlauf der Geschichte an, in „Totengleich“ ist es Cassie selbst, die erzählt. Auch der Schauplatz ist ein ganz anderer, da Cassie diesmal nicht fürs Morddezernat sondern für eine Undercovereinheit ermittelt. Das bringt viele neue interessante Details in die Handlung ein. Denn so eine Undercovertätigkeit ist schon eine spannende Angelegenheit: Die akribischen Vorbereitungen auf den Einsatz, das hochsensible Vorgehen während des Einsatzes, um das Vertrauen des Umfelds zu gewinnen und Infos herauszuholen, sich gleichzeitig aber mit nichts zu verraten – all das bietet viel zusätzliche Spannung und Neues.

Gleichzeitig findet der Leser aber auch viel Vertrautes aus Band eins vor: Die Stimmung, die Tana French schon in „Grabesgrün“ so eigenartig heraufbeschworen hat, erlebt der Leser auch in diesem Band. Es wird eine unglaubliche Nähe zur Hauptfigur und dem übrigens Personal aufgebaut. Die Erzählung ist Tana French genauso atmosphärisch und dicht gelungen wie in ihrem Debüt – sie hat ihre prägnante Stimme, ihren besonderen Ton, behalten. Man ist direkt wieder drin, in Cassies Welt. Man atmet förmlich die Luft und sieht die Natur vor sich, fühlt die Berührungen der Mitbewohner auf Cassies Haut, verliert sich mit Cassie gemeinsam in dieser isolierten Welt… Stimmungen einfangen kann Tana French ganz erstaunlich gut – das stellt sie hier erneut unter Beweis. Auch die Themen des ersten Bandes finden sich hier wieder: Die Wahrheit, die der Ermittler so dringlich sucht herauszufinden und das ihm das oft nur durch Lügen gelingt. Hier vielleicht noch schwerwiegender als in Band eins, denn als Undercoveragentin muss sich Cassie hier das Vertrauen der Bewohner der Studenten-WG erschleichen durch Täuschung und Lügen. Freundschaft – auch ein Thema aus dem ersten Teil – wird hier erneut, wenn auch anders, aufgegriffen. Freundschaft und die Enttäuschung, die man durch einen Freund erfahren kann. Auch das fängt Tana French wieder sehr intensiv ein und überträgt die damit verbundenen Gefühle auf ihre Leser.

Auch wie in Band eins schon, nehmen die Ermittlungsarbeiten (die dort so fiebrig durchgeführt wurden, in langen Nächten) einen gewissen Raum in der Handlung ein. Hier sind es jedoch (neben einigen Verhören) eher die fiebrigen Vorbereitungen auf den Undercovereinsatz, die jedoch auch in fiebrigen nächtlichen Gelagen stattfinden. Aber genau das hebt es meiner Meinung nach: Nicht ein wieder Abspulen der gleichen Dinge, die in Band eins geschildert wurden von der Arbeit im Morddezernat, sondern ein anderer Ausgangspunkt, der bewirkt, dass anders vorgegangen werden muss. Der Leser erlebt somit zugleich Neues und Vertrautes (nur in anderem, neuen, und dadurch interessanten Rahmen). Eine absolut gelungene, interessante und spannende Mischung!

Cassies Einleben in der WG erlebt der Leser mit allen Sinnen mit, und verliert sich mit Cassie zusammen in einem anderen Leben. Fast verliert sie dabei ihr eigenes Leben aus den Augen und läuft sogar Gefahr, dass ihr der Fall entgleitet… denn die Studenten, mit denen sie dort ihre Zeit verbringt, sind charismatisch und üben eine ganz spezielle Faszination auf Cassie und den Leser aus! Cassie und man selbst hofft, die Zeit dort würde nie zu Ende gehen. Aber nach rd. 780 Seiten Undercovereinsatz muss ein jeder unausweichlich in sein eigenes Leben zurück – Cassie, und auch der Leser. Was danach noch Bestand hat, offenbart sich erst zum Schluss.

Warum bei so viel Begeisterung einen halben Stern Punktabzug? Nicht alles hat Tana French zu meiner vollsten Zufriedenheit aufgelöst. Nicht alle Handlungen Cassies' sind vollends nachvollziehbar. Es gibt dort ein paar Holprigkeiten und Ungereimtheiten. Sie haben den Lesespaß jedoch in keinster Weise gemindert. Aber als perfekt kann ich es somit nicht bewerten. Aber es ist haarscharf daran vorbeigeschrammt! Bei Autoren die so fantastisch erzählen können wie Tana French kann man über solche Kleinigkeiten wirklich hinwegsehen! Wie gut, dass sie bereits an Band drei schreibt – ich bin sehr gespannt, was sie sich diesmal einfallen lässt, denn Tana French ist – das hat sie nun zum zweiten Mal gezeigt – für so manche Überraschung gut und erfüllt nicht immer die Erwartungen ihrer Leser, was ihre Reihe für mich umso interessanter macht! (Petra)

Buch direkt bei Amazon bestellen

Hier gibt es eine Rezension zum Hörbuch.

Spoilerthread - für die, die unsere Diskussion zu dem Buch verfolgen wollen.
Liebe Grüße,
Petra


Ich lese gerade: :lesen:
Rónán Hession - Leonhard und Paul (HC)
Benjamin Stevenson - Die mörderischen Cunninghams. Irgendwen haben wir doch alle auf dem Gewissen (ebook)

Ich höre gerade: :kopfhoerer:
-

Buecher4um
Hoerbuecher4um
Seifen4um
Petras SeifenKUNST
Benutzeravatar
Petra
Administrator
 
Beiträge: 14273
Registriert: Do 27. Mär 2008, 13:34

Zurück zu Rezensionen

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 20 Gäste