Müller, Herta: Herztier

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Müller, Herta: Herztier

Beitragvon steffi » Fr 5. Mär 2010, 09:57

Herztier von Herta Müller


Verlag: Fischer-Taschenbuch
Kategorie: zeitgenössisch
Umfang: 252 Seiten
ISBN: 9783596175376
Wertung: 5 (von 5 Punkten)

Inhalt:

Herta Müller erhielt 2009 den Nobelpreis für Literatur. Herztier ist ihr zweiter Roman, der 1994 erstmals erschienen ist.

Die Ich-Erzählerin kommt von ihrem Heimatdorf in die Stadt und studiert Sprachen. Ihre Kindheit und auch ihre Familie schielder sie distanziert. Sie schließt sich in der Stadt drei Freunden an und sie erleben im Rumänien der 80er-Jahre die Diktatur und leisten dagegen Widerstand. Sie rücken in den Blickpunkt des Geheimdienstes Securitate und stehen fortan unter Beobachtung und Bedrohungen, erleiden Repressalien und es stellt sich die Frage, wie man in so einem Land weiterleben kann, ohne seine Würde zu verlieren.

Meinung:

Herta Müller beschreibt das Leben während der Dikatur in Rumänien sehr eindrucksvoll. Die Geschichte scheint einige autobiografische Züge zu haben.

Ihr Stil ist kurz und prägnant, der Roman erinnert an vielen Stellen an ein Prosagedicht. Sie baut Bilder auf, die später als Metaphern wiederverwendet werden und vieles von der Geschichte wird über die beim Leser entstehenden Emotionen transportiert. Gleichzeitig schildert sie die Begebenheiten aus einer Distanz, die einem verdeutlicht, wie einsam die Menschen dort waren, weil sie aus Angst vor dem Regime nicht mehr frei miteinander sprechen konnten. So verzahnen sich Stil, Handlung und Bedeutung zu einem sehr intensiven und außergewöhnlichen Text. Dies macht es aber auch dem Leser nicht immer leicht und manchmal hatte ich den Eindruck, dass man als Leser etwas arbeiten muss, um nahe an den Text heranzukommen. Gleichzeitig kann man sich dadurch aber auch den bedrückenden Themen behutsam nähern.

In der herrschende Atmosphäre der Ohmacht, des Misstrauens und der Hoffnungslosigkeit zeigt sich, wie der Mensch mit diesen Dingen umgeht, während er sein Leben nicht mehr frei gestalten kann.Und doch wäre es so einfach:
Wenn der Richtige gehen müßte, könnten alle anderen im Land bleiben. (S. 69)

Während des Lesens spürt man die Verzweiflung und die immerwährende Angst fast körperlich, diese Intensität hat mich sehr beeindruckt, für mich daher eines der besten Bücher in diesem Jahr.
(Steffi)
Gruss von Steffi

:lesen:
Wolfgang Reinhard - Die Unterwerfung der Welt ( Langzeitprojekt)
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steffi
 
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