Tamaro, Susanna: Antworte

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Tamaro, Susanna: Antworte

Beitragvon Barbara » So 2. Jan 2011, 19:18

In „Antworte“ geht Susanna Tamaro der Frage nach: „Was ist die Liebe?“ Mit Hilfe dreier voneinander unabhängigen Lebensgeschichten betrachtet sie das Thema aus unterschiedlichen Perspektiven und Beweggründen.
Zunächst ist da das 7jährige Mädchen, das seine Mutter durch einen Unfall verliert. Sie ist auf der Suche nach der tiefen Liebe, die sie mit ihrer Mutter verloren hat.
Dann die Witwe, die glücklich über den Tod ihres verhassten, Menschen verachtenden Mannes ist. Sie lässt ihr Leben an der Seite dieses Mannes, der das Leben des gemeinsamen Sohnes auf dem Gewissen hat, Revue passieren.
Und schließlich der Mann, der nicht glauben kann, dass seine einst unsichere und hilfsbedürftige Frau nun rein durch das Wissen und das Gefühl das Leben zu lieben, aufblüht, glücklich und vor allem unabhängig wird. Da muss es doch einen anderen Mann geben.?. Mit diesem Nicht-Glauben zerstört er alles.
Alle drei Geschichten erzählt Tamaro in so unverblümter, nichts beschönigenden oder verschleierten Art und Weise, dass ich während des Lesen immer begleitet wurde von einem seltsamen Gefühl im Magen.

Susanna Tamaro ist die Großnichte Italo Svevos. So ein großer Name verpflichtet sicherlich. Ich kenne, wie bereits erwähnt nur ihr Buch „Geh wohin Dein Herz Dich trägt“. Mir hat das Buch sehr gut gefallen und ich weiß noch, dass ich mir die eine oder andere Textstelle angestrichen habe, weil ich sie so gut fand. Daher war ich damals etwas enttäuscht, als ich lesen musste, was MRR von diesem Buch hielt. Für ihn war es nichts weiter als eine Ansammlung von „Hausfrauenweisheiten“.

„Antworte“ ist eines der Bücher, von denen man zunächst nicht weiß, was man davon halten soll. Sie müssen „sacken“ und gefühlsmäßig verarbeitet werden. Gestern, nachdem ich das Buch begonnen hatte zu lesen, wollte ich es im Grunde wieder weglegen, weil es nicht die Leichtigkeit hatte, die ich als Ferienlektüre für mich vorsah. Aber, ich konnte nicht aufhören. Kennt ihr das auch? Es gibt Bücher, die liest man, obwohl sie einem während der gesamten Lesezeit ein mulmiges Gefühl verursachen und man ständig zwischen Aufhören und Lesesog hin und herschwankt. Ich habe das Buch zu Ende gelesen und das mulmige Gefühl blieb.
Und das, obwohl Frau Heidenreich im Klappentext versprochen hat: „(…) lesen Sie das buch, es wird sie glücklich machen.“ Das kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen. Mich hat es eher seltsam berührt und nachdenklich gemacht. Da kann ich schon eher nachvollziehen, was die Süddeutsche damals darüber schrieb: „(…)ein kleines weises Buch der Gefühle“. Wobei ich mit dem Wort „weise“ meine Probleme habe. Und da schließt sich der Kreis für mich zu MRR und seiner damaligen Bezichtigung „der alltäglichen Weisheiten“. In diesem Buch, so empfand ich es, kamen viele gute Ansätze zur Frage „Was ist die Liebe?“ auf. Aber die Beschreibungen, Erklärungsversuche oder Erscheinungen im Leben der drei Protagonisten ließen mich das Buch nicht als weises Buch sehen, sondern als Sammlung Klischee behafteter Beschreibungen von Lebenssituationen, die zwangsläufig so zu sein scheinen müssen. Um das Ganze noch mystisch zu untermauern, lässt Susanna Tamaro einen weißen Hund wie aus dem nichts ins Geschehen hineinkommen. Dieser steht, so habe ich es mir erklärt, eventuell symbolisch für die aufrichtige, unbefleckte und reine Liebe. Und da er immer am Ende erscheint, soll er sicherlich auch die Hoffnung, die einen trotz aller negativen Erfahrungen immer weiter an die wahre Liebe glauben lässt, symbolisieren. Das empfand ich an der einen oder anderen Stelle recht aufgesetzt und theatralisch. Genauso immer mal wieder auftauchende Sätze, wie: „In diesem Augenblick erlosch die Kerze, und wie ein Schwerthieb fuhr ein weißes Licht durch den Raum.“ Gut, ich gebe zu das Zitat ist aus dem Zusammenhang gerissen, aber auch mich traf dieser letzte Satz der 2. Geschichte genauso unvermittelt. Hätte sie ihn weggelassen wäre dem Ende sicherlich zuträglich gewesen. Schade – weniger ist manchmal mehr.

Zusammengefasst komme ich für mich zu dem Schluss: Einerseits ist das Thema interessant und auch an verschiedenen Stellen gut angegangen worden. Andererseits ist Tamaro, wie ich finde, oft über das Ziel hinausgeschossen und hat durch zu viel Klischee und durch zu viel aufgesetzte Mystik, viele tolle Ansätze im Keim erstickt.

Daher kann ich dem Buch nur drei Sterne geben.
"Das Lesen eines Buches ist die Zwiesprache mit der eigenen Seele!"
B.H.

Liebe Grüße
Barbara
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Barbara
 
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