Haitner, Ilan: Liebe und andere Schlamassel

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Haitner, Ilan: Liebe und andere Schlamassel

Beitragvon Barbara » So 2. Jan 2011, 19:25

Haitner, Ilan: Liebe und andere Schlamassel


Zur Person:
Haitner wurde 1970 geboren, studierte Wirtschaftswissenschaften und arbeitete als Analyst in einer Brokerfirma. Dieses Dasein frustrierte und langweilte ihn. Daher begann er Tagebuch zu schreiben. Er entschloss sich, dieses Tagebuch auf eigene Faust zu veröffentlichen. So kam er zum Schreiben. Anschließend studierte er, wie Amir, in New York Film. „Liebe und andere Schlamassel“ ist sein zweites veröffentlichtes Buch und sein drittes Buch ist kürzlich erschienen. Er lebt in Tel Aviv und gehört dort zu der jungen Generation von Schriftstellern.


Zum Inhalt:
Amir, Ende zwanzig, weiß noch nicht wo sein Leben hin soll. Seine Lebensumstände erlauben es ihm, zu suchen und sich auszuprobieren: in jeder Beziehung. Er geht nach New York, studiert an der Film Acadamy. Relativ schnell bemerkt er, dass die Filmerei beruflich nichts für ihn ist. Mehr aus „Langeweile“ beginnt er ein Drehbuch zu schreiben. Dieses wird ein Erfolg und für eine halbe Million Dollar an eine Filmfirma verkauft. Nach dem Studium geht er nach Israel zurück und sucht sich einen Job, bei dem er viel Zeit hat: Er wird Nachtwächter bei Petrogas.
So wie er beruflich auf der Suche nach einem Sinn ist, so sucht er auch im zwischenmenschlichen Bereich: Er sucht nach einer Frau, die zu ihm passt. Kaum in New York findet er sie: Philly! Sie ist ebenfalls Israelin und passt in allen Bereichen wunderbar zu ihm. Sie erleben eine traumhafte gemeinsame Zeit. Doch als ihre Liebe die höchste Stufe erreicht, zerstört ein Zwischenfall alles. Amir verliert Philly.
Zunächst betäubt er seinen Schmerz mit vielen Frauen, doch er merkt sehr schnell, dass es ihm nicht gelingt. Er versucht sie zu finden …

Meine Meinung:
Meine Meinung zu diesem Buch ist recht unsicher: So richtig weiß ich nicht, was ich von dem Buch halten soll und ob ich es gut finden soll. Auch wenn ich es fast an einem Abend gelesen habe, so lag das Fesselnde sicherlich nicht in der Thematik oder in der Schönheit der Sprache. Es las sich zügig und ohne große gedankliche Finessen.
Im Klappentext schreibt der Verlag, dass Haitner rasant und wild schreibt. Beides kann ich bejahen. Sprachlich klar, unverblümt, direkt und manchmal philosophisch. Auch das kann ich mit Abstrichen bejahen.
Die Thematik ist sicherlich nicht neu. Leider wirkt die Geschichte oft sehr konstruiert und einige Szenen scheinen aus der Not der Plotentwicklung heraus geboren zu sein. An vielen Stellen erinnert mich Haitners Buch an Goethes Werther, wobei dieser sicherlich schöngeistiger, feinsinniger und gewiss auch philosophischer war. Haitners Amir sucht sich vor allem auch auf sexueller Ebene. Und das wird dem Leser bereits im Prolog sehr schnell in einer fast pornographischen Sprache klar gemacht. Genau diese Sprache störte mich. Mir war sie zu direkt, zu derbe und zu grass. Da hätte ich mir Feingeistigeres erhofft. Was die philosophischen Gedanken betrifft, so höre ich MRR im Hintergrund murmeln: Nichts als Alltagsphilosophie! Reine Hausfrauenphilosophie!
Er bringt zwar viele Gedanken und Emotionen auf den Punkt, bündelt sie und analysiert sie auch, allerdings wirkt es auf mich wirklich sehr hausfrauenphilosophisch. Auch hier hätte ich mir etwas mehr Tiefe und mehr Einblicke in die menschlichen Sphären, auch in kultureller Hinsicht erhofft.

Nun weiß ich natürlich nicht, ob es eventuell auch Absicht ist, dem Leser alles so unverblümt und verständlich darzubieten, weil er provozieren möchte. Und provokant ist sein Buch sicherlich. Da ich mich nicht genug im Alltag jugendlicher Israelis auskenne, kann ich nicht beurteilen, inwieweit dieses Buch dort etwas „Besonderes“ auf dem Markt ist. Wenn es ihm um die Darstellung der „Sinnlosigkeit“ und „Lebensleere“, die Heitner wohl selbst durchlitten hat, der jungen Männer einer bestimmten Schicht geht, dann hat er es durchaus geschafft, diese drastisch zu veranschaulichen. Dann passt auch die derbe und „gefühllose“ Sprache mit der er bestimmte sexuelle Szenen darstellt. Zugute halten muss man ihm schon, dass er sprachlich auch unterscheidet, zwischen seinem Leben mit Philly und ohne sie. Sein Leben mit Philly umschreibt er „zärtlicher“ und „warmherziger“. Sollte dies eine schriftstellerische Nuance sein, hat er diese Variante, geschickt sprachlich und darstellerisch genutzt.
Aber dennoch hat mich das Buch nicht so begeistert, wie die Optik des Autors. Es ist nicht schlecht, es unterhält einen sicherlich auch und es regt einen hin und wieder auch zum Nachdenken an. Aber ich werde den Inhalt des Buches sicherlich schneller vergessen, als das Aussehen dieses Autors.
Sollte wieder eines seiner Bücher ins Deutsche übersetzt werden, lese ich zum Vergleich und auch aus Neugierde rein, denn ich möchte die Qualität dieses Autors nicht auf meine Meinung über nur eines seiner Bücher stützen.

Fazit: Heitner bekommt von mir für seine „Liebe und andere Schlamassel“ nur drei Sterne – für sein Aussehen ( :arrow: Foto hier) wie viel Sterne darf man vergeben???
"Das Lesen eines Buches ist die Zwiesprache mit der eigenen Seele!"
B.H.

Liebe Grüße
Barbara
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Barbara
 
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