Bakker, Gerbrand: Oben ist es still

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Bakker, Gerbrand: Oben ist es still

Beitragvon Petra » Mo 24. Jan 2011, 09:51

Bakker, Gerbrand
Oben ist es still

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Genre: Erzählung / Zeitgenössische Literatur
Seitenzahl: 316
Verlag: Suhrkamp
Format: TB
Preis: 9,90 €
ISBN: 9783518461426
Bewertung: 10 Punkte
(von 10 möglichen Punkten)

Inhalt:

Helmer van Wonderen, Bauer wider Willen, macht klar Schiff. Er verfrachtet seinen bettlägerigen Vater ins Obergeschoß, entrümpelt Wohn- und Elternschlafzimmer, streicht Dielen, Fenster, Türen und Wände und schafft neue Möbel an. Das Gemälde mit den schwarzen Schafen, die Fotografien von Mutter und die alte Standuhr kommen nach oben, alle Pflanzen, die blühen können, auf den Misthaufen. Da Vater ihm nicht den Gefallen tut, einfach zu verschwinden, sich von einem Windstoß hinwegfegen zu lassen oder wenigstens zu sterben, richtet Helmer sein Leben unten neu ein. Seine ungelebten Träume kann er jedoch nicht so leicht entsorgen. Als er eines Tages unerwartet Post erhält, brechen sich Erinnerungen Bahn. "Henk hätte hier wohnen sollen. Mit Riet und mit Kindern." Henk, der Zwillingsbruder, ist lange tot. Riet aber lebt, und sie hat einen Sohn.

Meine Meinung:

Helmer begehrt auf. Gegen das Leben, das er führt, das sein Vater ihm aufgezwungen hat. Jetzt, wo der Vater wehrlos ist, hat Helmer die Kraft dazu. Doch die Veränderungen, die für ihn so groß sind, erscheinen dem Leser so geringfügig, dass es schmerzt. Zeigt das doch deutlich, dass Helmer niemals wird ganz aus seinem Leben ausbrechen können. Helmer ist einer jener Menschen, die immer im Hintergrund geblieben sind, die stets ein fremdbestimmtes Leben geführt haben, im Schatten anderer. Wie Helmer selbst so schön sagt: Er war Bruder, er war Sohn, er war beinahe Schwager. Aber als Helmer hat ihn nie jemand wirklich wahrgenommen.

Wie unbedeutsam ein Leben sein kann, in all seinen verpassten Chancen, das hat Gerbrand Bakker faszinierend eingefangen. Ebenso, wie uns unsere Eltern prägen. Und was es heißt, ein Zwilling zu sein. Ganz fein sind diese Dinge hier beobachtet mit einer spröden Poesie erzählt. Auch Helmers Auflehnung ist so eindringlich skizziert. Mit so leisen Tönen, bricht sich Helmers Wut Bahn. Etwas anderes wäre nicht glaubhaft gewesen, denn Helmer ist kein Mensch, der auf den Putz hauen kann. Aber diese leisen Töne muss man erst einmal treffen. Gerbrand Bakker gelingt das scheinbar mühelos. Und so entsteht eine sagenhaft leise und gleichzeitig eindringliche Geschichte, die, wäre sie lauter gewesen, nie so tief hätte berühren können.

Der Leser verbringt eine unvergessliche Zeit bei Helmer auf dem Bauernhof. Mitten zwischen Schafen, Kühen, zwei Eseln, einer Nebelkrähe, dem sterbenden Vater, zwei Nachbarsjungen, und Ada – die Mutter der beiden Jungen. Um all das entwirft Gerbrand Bakker wunderschöne karge Szenen, in einer ebenso kargen Sprache formuliert und macht „Oben ist es still“ zu einem ganz einzigartigen Buch, dem ich viele würdige Leser wünsche. (Petra)

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Liebe Grüße,
Petra


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