Nothomb, Amélie: Attentat

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Nothomb, Amélie: Attentat

Beitragvon Barbara » So 4. Mai 2008, 13:12

Zur Autorin:
Amélie Nothomb wird am 13. August 1967 in Kobe, Japan geboren. Durch den Beruf ihres Vaters, eines belgischen Diplomaten, kommt sie in der Welt viel rum: China, Burma, New York, Laos und schließlich Europa. In Brüssel studiert sie romanische Philologie und kehrt nach ihrem Studium nach Tokio zurück. Dort arbeitet sie in einem großen Konzern. 1992 kehrt Amélie Nothomb nach Belgien zurück und veröffentlichte ihr erstes Buch „Die Reinheit des Mörders“. Bedingt durch den großen Erfolg dieses Romans, widmet sie sich fortan hauptberuflich der Schriftstellerei.

Inhalt:
Amélie Nothomb erzählt in ihrem Buch die Geschichte des widerwärtig hässlichen und überdurchschnittlich intelligenten Epiphane Otos, der sich in die überdurchschnittlich schöne und durchschnittlich intelligente Ethel verliebt. Sie nähern sich an und Epiphane wird ihr innigster Freund und Berater. Als sich Ethel jedoch in den sehr gut aussehenden Künstler Xavier verliebt, scheinen Epiphane`s Hoffnungen auf eine „dauerhafte Beziehung“ mit Ethel für immer verloren.

Meine Meinung:
Was zunächst wie eine Wiederauflage vom „Glöckner von Notre Dame“, von „Der Elefantenmensch“ oder von „Die Schöne und das Biest“ anmuten lässt, entpuppt sich während des Lesens zunehmend als eine böse, ironische und grausame Auseinandersetzung mit dem Thema Hässlichkeit und Schönheit und der Umgang mit beidem im Alltag. Die Sprache, die Amélie Nothomb gerade zur Darstellung des hässlichen Protagonisten Epiphane wählt, ist dermaßen krass und widerwärtig, dass es dem Leser förmlich den Magen umdreht und er dieses sich ekelnde Gefühl während der gesamten Geschichte nicht mehr los wird. Dadurch hat sich bei mir auch kein Mitleid mit der Hässlichkeit des Mannes eingestellt, wie man es bei den oben genannten Themen-Vorgängern gewöhnt ist. Allerdings muss dieses eklige Gefühl auch sein, um den Grund der Thematik zu verstehen. Amélie Nothomb scheint darauf aufmerksam machen zu wollen, welchen Stellenwert in unserer sehr oberflächlichen Welt Hässlichkeit und Schönheit haben, wie damit umgegangen wird und wie sie bewusst, schon pervers, eingesetzt wird, um bestimmte Ziele zu erreichen. Im Grunde ein gutes Thema, das auch nie an Aktualität verliert, und gerade in der heutigen Zeit, einer Zeit des nächsten German -Topmodells und der immer wieder neu gesuchten Teenie- Superstars wichtiger denn je zu sein scheint.
Was mir allerdings an der Darstellung des Themas nicht gefällt, ist, dass sich die Autorin zu vieler Klischees bedient: Der hässliche Mensch ist über die Maßen intelligent, kennt alle wichtige Literatur, kennt sich in der menschlichen Psyche ebenso gut aus, wie in der weltlichen Philosophie. Er hat als Einziger den Durchblick über die wahren Hintergründe und Zusammenhänge des Lebens. Die gut aussehenden Menschen sind zwar nicht alle sonderlich dumm, aber keiner ist so intelligent, dass er dem Blick hinter die Kulissen standhalten könnte. Dadurch werden sie von hässlichen Protagonisten immer wieder zur Schau gestellt und durch dessen Machtmittel, der Intelligenz bloßgestellt. Mag sein, dass dies zu einem gewissen Prozentsatz der Fall ist, aber dennoch sollte man, wie ich finde, in einem Buch, dass diese Art von Missständen bewusst machen möchte, versuchen, sich von solchen Klischees zu befreien und sie erst gar nicht als
Stilmittel verwenden. Auch dann nicht, wenn es satirisch so überzogen ist, wie hier. Daher empfinde ich das Buch als etwas zu gewollt.

Fazit:
Alles in allem ist das Buch nicht schlecht, aber spitze war es für mich nicht. Dazu fehlte mir dann auch der angeblich so überraschende Schluss, da man ihn bereits in der Hälfte des Buches erahnen kann, wenn man Titel und Entwicklung logisch miteinander verbindet. Jeder, der einen empfindsamen Magen hat und die krasse Sprache der Amélie Nothomb nicht gewöhnt ist, sollte das Buch auf den ersten Seiten nur überfliegen. Sie ist sicherlich eine Autorin mit einem besonderen Stil und mit einer extremen Phantasie. Und durch beides polarisiert sie gewiss die Leserschaft: Entweder man mag sie oder man mag sie nicht. Ob ich sie mag, weiß ich noch nicht so recht. Dies entscheidet sich vielleicht beim dritten Buch von ihr: Vielleicht!

Bewertung: ***
( * schlecht / ** ganz gut / *** gut / **** spitze)

Infos: Taschenbuch, 194 Seiten, 8,90 Euro, erschienen bei Diogenes
"Das Lesen eines Buches ist die Zwiesprache mit der eigenen Seele!"
B.H.

Liebe Grüße
Barbara
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Barbara
 
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