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Kumpfmüller, Michael: Hampels Fluchten

BeitragVerfasst: So 4. Mai 2008, 22:25
von Christine
Michael Kumpfmüller
Hampels Fluchten

Erschienen 2002 bei fischer
432 Seiten, 9,90 Euro

Inhalt
Heinrich Hampel, geboren 1932 in Jena, ist ein Versager auf der ganzen Linie. Getrieben durch den Wunsch nach Reichtum, nach Statussymbolen und der Anerkennung durch viele Frauen taumelt er durchs Leben. Nachdem er mit seinen Eltern und Geschwistern den Krieg in Jena vergleichsweise bequem überlebt hat, wird die Familie in die Sowjetunion gebracht. Auch dort lebt man gut in den eigenen, aus Deutschland mitgebrachten, Möbeln und in einer eigenen Wohnung. Während der Vater arbeiten muss, macht Heinrich die ersten Erfahrungen in der Liebe mit einem russischen Mädchen. Von nun an bestimmt der Wunsch nach Sex sein Leben.

Zurückgekehrt nach Jena lernt Heinrich weitere Mädchen und auch seine zukünftige Frau Rosa kennen, doch mit der beruflichen Karriere klappt es nicht. Dies gelingt ihm erst als die Familie in den 50er Jahren über die grüne Grenze in den Westen flieht. Heinrich macht als Bettenverkäufer Karriere, seine Verkaufserfolge erreicht er häufig durch die Taktik, das gekaufte Bett direkt mit der neuen Besitzerin einzuweihen. Dank dieser Erfolge gelingt es Heinrich sogar, sich mit einem Bettengeschäft selbstständig zu machen, und für kurze Zeit scheint sein Glück perfekt. Seine Ehefrau, besänftigt durch materiellen Reichtum, toleriert seine Eskapaden, für Nachwuchs ist gesorgt und man führt ein sorgenfreies Leben.

Doch für seinen Lebensstil, seine Frauen, teure Autos und edlen Whisky gibt Heinrich bedeutend mehr Geld aus als er einnimmt. Als seine Gläubiger nicht mehr mitmachen und eine Gefängnisstrafe droht, flüchtet Heinrich 1962, ein Jahr nach dem Mauerbau, in die DDR. In der alten Heimat ist alles besser, denkt er, aber auf jemanden wie ihn hat man in der DDR nicht gewartet.

Meine Meinung
Es hätte ein gutes Buch werden können. Ein Leben im Rahmen der deutschen Geschichte von 1932 bis 1989 hätte genug Stoff für ein interessantes Buch abgeben können.

Aber Kumpfmüller konstruiert einen der unsympathischsten Helden, der mir je begegnet ist. Heinrich Hampel, ein Säufer und ein Frauenheld, der mit absoluter Treffsicherheit jede Chance im Leben verspielt und jeden Mitmenschen, insbesondere seine Familie, betrügt und ausnimmt. Und nicht ein einziges Mal klüger wird oder irgendetwas Positives aus einer Niederlage zieht.

Macht es der unsympathische Held schon schwer, das Buch zu mögen, tut der Aufbau ein Übriges. Als hätte man alle Kapitel des Lebens durcheinander gewürfelt, bringt der Autor die Chronologie in Unordnung. Ohne irgendwelche Hinweise springt die Geschichte durch Zeit und Raum, der Leser muss sich selbst orientieren und das immer wieder nach nur wenigen Seiten neu. Bandwurmsätze und der Verzicht auf die Anführungszeichen bei der wörtlichen Rede erschweren zusätzlich den Lesefluss. Ohnehin benutzt Kumpfmüller eine merkwürdige Zwischenkonstruktion von direkter und indirekter Rede.

Für mich war „Hampels Fluchten“ eine absolute Enttäuschung, hier wurde eine halbwegs interessante Geschichte durch eine viel zu gewollt literarische Umsetzung völlig verdorben.
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