Timm, Uwe: Am Beispiel meines Bruders

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Timm, Uwe: Am Beispiel meines Bruders

Beitragvon Didonia » Do 12. Mai 2011, 22:30

Klappentext
    "Es ist eine typische Familiengeschichte, wie sie sich tausendfach im Nachkriegsdeutschland zugetragen haben dürfte. Aber so, wie Uwe Timm sie erzählt, ist diese Geschichte noch nie erzählt worden. Man legt dieses Buch nach der Lektüre mit dem seltsamen Gefühl aus der Hand, einen künftigen Klassiker seines Genres gelesen zu haben."
    Hubert Spiegel in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung"

"75 m raucht Iwan Zigaretten, ein Fressen für mein MG", an diesen Satz denkt Uwe Timm öfter, während er versucht, dem 16 Jahre älteren Bruder, der im Zweiten Weltkrieg gefallen ist, durch sein Tagebuch und seine Frontbriefe näherzukommen.

Meine Großtante ist Jahrgang 1911, hat zwei Weltkriege überlebt. Von meinem Onkel habe ich mal erfahren, dass sie während des Zweiten Weltkrieges Leute bei sich versteckt hatte. Ob es Juden waren oder Kommunisten, ich weiß es nicht. Ich habe mal leise versucht anzufragen, weil ich natürlich neugierig war. Aber sie hat nie etwas über diese Zeit erzählt. Und sie brauchte nicht mal ein schlechtes Gewissen zu haben. Sie hat etwas getan.

Wie schwer mag es da wohl gewesen sein, von jemandem, der aktiv mitgemacht hat oder der weggeschaut hat, etwas zu erfahren? Hatten sie ein schlechtes Gewissen? Oder haben sie sich gerechtfertigt? "Wir haben doch nichts gewusst", hieß es doch immer.
Uwe Timm hat an diesem Buch erst gearbeitet, als seine Eltern nicht mehr lebten. Hatte er Angst vor den Antworten?

"75 m raucht Iwan Zigaretten, ein Fressen für mein MG." Jedesmal wenn ich diesen Satz las, bekam ich eine Gänsehaut. Wie oft mag sich Uwe Timm die Frage gestellt haben: Hat mein Bruder geschossen?

Uwe Timm ist es wunderbar gelungen, an das Thema Schuld, Verdrängung, Verantwortung heranzugehen.

Elke Heidenreich meint zu diesem Buch: "Die Jungen sollten es lesen, um zu lernen, die Alten, um sich zu erinnern, und alle, weil es gute Literatur ist."

Ich kann mich ihren Worten aus tiefstem Herzen anschließen.
Lesende Grüße, Anne

Denn ich, ohne Bücher, bin nicht ich. - Christa Wolf
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