Frame, Janet - Dem neuen Sommer entgegen

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Frame, Janet - Dem neuen Sommer entgegen

Beitragvon Doris » Do 16. Jun 2011, 16:36

•Gebundene Ausgabe: 287 Seiten
•Verlag: Beck; Auflage: 2 (28. Februar 2011)
•Sprache: Deutsch
•ISBN 978-3406605208
•Preis € 19,95


Kurzbeschreibung'
Dem neuen Sommer entgegen', 1963 in London geschrieben, ist erst nach dem Tod Janet Frames veröffentlicht worden. Ihr erschien dieser Roman zu persönlich, um ihn zu Lebzeiten zu publizieren. Grace Cleave verbringt ein Wochenende außerhalb Londons. Die junge Schriftstellerin aus Neuseeland wird von einem Kritiker, der es gut mit ihr meint, zu sich in den Norden Englands eingeladen. Aber gerade die schlichte Herzlichkeit und das Verständnis ihrer Gastgeber stellen Grace auf eine schwere Probe. Sie fühlt sich wie ein Zugvogel, auch, weil das Heimweh nach Neuseeland an ihr zehrt und ihr ganzes Leben im Ausland als flüchtig und vorübergehend erscheinen lässt. Alles Menschliche ist ihr irgendwie fremd, sie sucht nach ihrem Platz in der Welt - und muss ihn erst in ihrer eigenen Haut finden, ob gefiedert oder nicht.
Wunderschön geschrieben, mit einer fast überwachen Genauigkeit, anrührend und auch komisch, ist dieser Roman aus dem Nachlass von Janet Frame ein weiteres Zeugnis dafür, dass diese Autorin zu den bedeutendsten der Literatur des 20. Jahrhunderts gehört. Vielen Lesern und Cineasten ist Janet Frame im Gedächtnis geblieben durch ihre Autobiographie 'Ein Engel an meiner Tafel' und deren Verfilmung durch Jane Campion.


Über den Autor
Janet Frame wurde 1924 als drittes von fünf Kindern eines Eisenbahnarbeiters in Dunedin, Neuseeland, geboren, wo sie 2004 auch starb. Die Familienverhältnisse waren zum Teil tragisch, sie selbst wurde zu Unrecht als Schizophrene über Jahre in Nervenheilanstalten behandelt, u. a. mit Elektroschocks.
Frame ist Autorin von zwölf Romanen. Ihre Autobiographie gehört zu den bedeutendsten Beispielen für dieses Genre im 20. Jahrhundert. Janet Frame zählte zu den Anwärterinnen für den Literaturnobelpreis.

:arrow: Dem neuen Sommer entgegen

Meine Meinung:
Ihren autobiografischen Roman (1963) wollte Janet Frame nicht zu Lebzeiten veröffentlichen, zu persönlich seien die Details.

Ich war gefesselt von der Geschichte und konnte Grace Cleaves Verzweiflung beinahe körperlich spüren.
Zentrales Thema ihrer Geschichte ist ihre fehlende Fähigkeit mit Menschen zu kommunizieren und da wundert es einen nicht, dass eines ihrer Lieblingswörter "Ja" ist, denn "dies erspart einem so viele Erklärungen".
Wie einsam muss sich ein Mensch fühlen der stolz ist einen Satz wie "Es schmeckt mir so gut bei Ihnen" gesagt zu haben.

Von Neuseeland nach England übersiedelt, wird Grace von einem Kritiker eingeladen das Wochenende in Nordengland bei seiner Familie zu verbringen. Die Einfachheit, die anwesenden Kinder, die fürsorgliche Ehe/Hausfrau überfordern Grace und sie wollte so gerne mitteilsam sein. Aber es gelingt ihr nicht; sie würde es wahrscheinlich niemals lernen. Richtig wohl scheint sie sich nur an ihrer Schreibmaschine zu fühlen.
Die Worte die so gerne gesagt werden wollen sind in ihrem Kopf, finden aber keinen Ausgang und so erfährt der Leser auf das Genaueste ihre Beobachtungen, ihre Empfindungen und letztendlich auch ihre Einsamkeit und ihren Schmerz.
Immer wieder schweifen ihre Gedanken nach Neuseeland ab, schmerzhafte aber auch schöne Erinnerungen an ihre Eltern und Geschwister leben auf.

Kein einfaches Buch, ein eigenwilliger Schreibstil - aber eine ganz große Autorin.

Volle Punktzahl
"Das richtige ist das intensive Buch. Das Buch, dessen Autor dem Leser sofort ein Lasso um den Hals wirft, ihn zerrt und nicht mehr los läßt - bis zum Ende nicht, lies oder stirb! Dann liest man lieber." Kurt Tucholsky
Doris
 
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