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Minck & Minck: Totgepflegt

BeitragVerfasst: Mo 28. Jul 2008, 12:06
von Binchen
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Inhalt:
Maggie(37) Drehbuchautorin, hat ihr Tatort-Drehbuch vergeigt, Schreibhemmung! Pleite ist sie, und ihr Freund hat sich anderweitig orientiert. Die Schreibhemmung hält schon länger an, und so muss sie die noble Wohnung in Köln aufgeben und zieht wieder zurück in ihre Heimatstadt Bochum in eine 22 m2 Souterrain-Wohnung. Ein neuer Job muss auch her, damit wenigstens die Spaghetti-Diät bezahlbar bleibt und der neue Hausgenosse, Kater Dr. Thoma, die Reste des Essens nicht vollends verschmäht.

Der Hunger treibt sie also zu ‚Pieteät Sommer’, in dem Bestattungshaus fängt sie als Schreibkraft an. Mit dem nervigen Herrn Sommer, dem stillen finnischen Thanatopraktiker Herrn Matti, Orgelmän, und vielen Leichen. Igitt – Leichen, sie wird doch nicht ins Kühlhaus gehen müssen? Nein, wird ihr versichert, doch natürlich entwickelt sich der Job anders als gedacht, denn eines Tages benutzt Mattie mehr als 2 Worte um Maggie auf grobe Ungereihmtheiten aufmerksam zu machen.

Als dann noch die Prusseliese, Maggies Lieblingsorganistin für Trauerfeiern, plötzlich stirbt, ist ihre Neugierde geweckt. Was passiert wirklich bei ‚Pietät Sommer’ ? Zusammen mit ihrer Freundin Wilma, versucht sie, es herauszufinden.

Meine Meinung:

Ruhrgebietskrimi muss das Leser aus anderen Regionen abschrecken? Nein – keinesfalls. Bochum liefert den Lokalcolorit, die Charaktere sind mit typischen gradlinigen Charakterzügen versehen, von ältere Damen bekommt man halt schon mal mehr Informationen, wenn man sie mit dem typischen Worten begrüßen kann, aber niemand muss sich fürchten, dass das Ruhrdeutsche vorherrscht. Das Autorenduo hat die Gratwanderung zwischen charakteristisch und überzeichnet sehr gut gemeistert.

Wer aktuelle Wortspielereien und Sprachwitze liebt, der ist hier stilsicher untergebracht. Makabrer schwarzer Humor mischt sich mit Situationskomik. Der Fall macht Freude und die Charaktere sind lebendig. Pflegedienste, Bestatter, Friedhöfe und Krematorien wird man nach diesem Roman mit neuen Augen betrachten – und vor allen Dingen gelbe Fusseln.

Maggie hatte ich gleich ins Herz geschlossen, egozentrisch, mit Galgenhumor versehen, unkonventioneller Garderobe beim Einkaufen, mit sehr interessanten Bekannten versehen, bereitet sie uns witzige Unterhaltung. Nicht alle ihre Handlungen sind rational nachvollziehbar, doch ihr Umgang mit den Nebendarstellern, die Darstellung ihre komischen Überlegungen, ihre Ausflüge zu Wilma ziehen gleich in den Bann und bis auf ein paar Alkoholszenen zuviel, ist die Handlung ganz und gar nicht nervtötend sondern ein Angriff auf die Lachmuskeln. In der Öffentlichkeit lesen darf hier nur, wer sich nichts aus merkwürdigen Blicken aufgrund von Lachkrämpfen macht.

Ich bin schon gespannt auf den nächsten Krimi mit Maggie Abendroth, wie gut, dass er schon erschienen ist! (Binchen, Juli 2008)

Bewertung ****