Jacobsen, Howard - Die Finkler-Frage

Hier können registrierte und mitdiskutierende Mitglieder Buch-Rezensionen schreiben.
Forumsregeln
Hier können registrierte und mitdiskutierende Mitglieder Buch-Rezensionen schreiben. Die Moderatoren behalten sich vor, anderweitige und kommerzielle Einträge ohne Kommentar zu löschen!

Jacobsen, Howard - Die Finkler-Frage

Beitragvon Doris » Mi 28. Sep 2011, 11:57

Gebundene Ausgabe: 448 Seiten
Verlag: Deutsche Verlags-Anstalt (12. September 2011)
ISBN: 978-3421045232
Originaltitel: The Finkler Question
Preis: € 22,99


Kurzbeschreibung
Julian Tresloves Leben ist ein Scherbenhaufen. Gescheitert als Redakteur der BBC, gescheitert in seinen Beziehungen zu Frauen, gescheitert als Vater seiner zwei Söhne. Eines Abends wird Treslove Opfer eines Überfalls und glaubt zu hören, wie die Angreiferin ihn als Juden beschimpft – und ist auf perverse Art glücklich. Endlich gehört er irgendwo dazu. Was nur werden seine beiden Freunde zu diesem Gesinnungswandel sagen? Beide sind Juden und wären es lieber nicht …

Von Männerfreundschaft, Liebe, Sex, Tod, und was es bedeutet, jüdisch zu sein – sprachlich raffiniert nimmt Howard Jacobson die Obsessionen unserer Zeit ins Visier und hat mit „Die Finkler-Frage” einen beißend-klugen und dabei hochkomischen Gegenwartsroman geschrieben.

:arrow: Die Finkler-Frage


Meine Meinung:
Drei Männer und die ewige Diskussion über Sex, Freundschaft, Frauen, Tod.

Julian Treslove ist kein depressiver Mann; er hat einfach nur den Hang die Dinge etwas pessimistischer zu sehen als andere und daher kreisen seine Gedanken ständig um Themen wie das Leben im Allgemeinen, den Tod, das Glück.
Während seine Kollegen bei der BBC die Karriereleiter unaufhaltsam erklimmen, bleibt er stehen. Sein Gerede von Trauer und Verlust mag niemand so recht verstehen.

Libor Sevcik, fast 90jährig, Böhmen entronnen (Gott sei Dank)ist der Meinung dass es sich nur in England oder Amerika zu leben lohnt.
Nun ist er, nachdem er 40 Jahre mit Malkie verheiratet war, Witwer. Wofür lohnt es sich jetzt noch zu leben?
Ein Mann der davon überzeugt ist, dass man für Glück einen weitaus grausameren Preis bezahlen muss als für dessen Gegenteil.

Sam Finkler, der Dritte im Bunde, inzwischen auch Witwer und mit Julian Treslove zusammen zur Schule gegangen, ist der Meinung Monogamie ließe sich nicht mit der Natur des Mannes vereinbaren und hat immer wieder Affären (seine Frau weiß davon).
"Einem Mann steht es frei, mit seinem Körper zu tun, was ihm beliebt, solange er dabei nicht seine Familie in die Armut treibt oder sie infiziert".....

Im abendlichen London wird Julian dann auf dem Heimweg, nachdem er sich mit Libor und Sam getroffen hatte, von einer Frau überfallen.
Von einer Frau! Ausgerechnet!
War es Zufall oder eine der Frauen die ihn hasste, weil er sie noch unglücklicher machte als sie eh schon war?
War es eine Verwechslung?
Hat er antisemitische Äußerungen gehört? Ja, ganz sicher!

Dieser Überfall ändert alles. Plötzlich fühlt er sich zugehörig und in seinen Bemühungen jüdisch zu denken und zu fühlen benimmt er sich jüdischer als seine beiden Freunde es jemals waren.
Er lernt Hephzibah kennen. Sie entspricht überhaupt nicht seinem Frauenbild, ist aber so jüdisch dass ihm fast "das Herz schmilzt".

Warum möchte er jüdisch sein? Weil er darin den direkten Weg in die Katastrophe sieht?

Howard Jacobsen geht der "Finkler-Frage" mit Ironie, Wortspielereien und Witz auf die Spur dass es eine wahre Freude ist. Bei dieser Suche nach Identität habe ich mich köstlich unterhalten und kann das Buch wirklich jedem empfehlen der tragischkomische Geschichten mag.

5 von 5 Sternen
"Das richtige ist das intensive Buch. Das Buch, dessen Autor dem Leser sofort ein Lasso um den Hals wirft, ihn zerrt und nicht mehr los läßt - bis zum Ende nicht, lies oder stirb! Dann liest man lieber." Kurt Tucholsky
Doris
 
Beiträge: 1277
Registriert: Fr 10. Okt 2008, 14:38

Zurück zu Rezensionen

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 9 Gäste