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Plischke, Thomas: Die Zwerge von Amboss

BeitragVerfasst: Mo 27. Okt 2008, 10:51
von keksigirl
Inhalt:

Zum Einstieg ein paar eigene Worte zum Inhalt:
Machtgierige, skrupellose Zwerge, unmenschliche Experimente und ein mutiger Zwerg...
Wahlen stehen an im Zwergenbund. Die Zwerge sind unzufrieden, der Ausgang der Wahlen ungewiss, denn es mangelt an Arbeitsplätzen und Geld und immer mehr menschliche Flüchtlinge kommen in den Bund – ein Krieg steht kurz bevor.
Zudem wird in der Stadt Amboss ein Zwerg ermordet und gleich steht für die Zwerge fest: Das kann nur ein Mensch gewesen sein. Der Verdächtige wird kurz darauf tot aufgefunden, alles sieht nach Selbstmord aus und der Fall scheint gelöst. Doch der Sucher Garep ist nicht davon überzeugt, als dann aber ein zweiter Zwerg vor seinen Augen von einem Menschen getötet wird und der daraufhin Selbstmord begeht, kann er nicht mehr verhindern, dass ihm der Fall entzogen wird. Garep stellt auf eigene Faust weitere Nachforschungen an, die ihn nicht nur selbst zum Gejagten machen, sondern ihn auch erkennen lassen, dass eine Macht am Werk ist, die nur von Zwergen und Menschen gemeinsam aufgehalten werden kann...

1. Meinung:

Die Handlung des Buch gliedert sich in 3 Handlungsstränge. Der Hauptstrang erzählt die Geschichte um die Ermittlungen von Garep und Bugeg, die in der Stadt Amboss nach den Ursachen der Zwergemorde suchen. Die beiden Nebenstränge sind die Vorgänge in einer Heilanstalt, in der Halblinge und Menschen vom Anstaltsleiter Kolber und seinem Leiböffner Himek für grausame Experimente missbraucht und geopfert werden und die Suche des menschlichen Bestienjägers Siris nach seiner Schwester, die im Zwergenbund lebt. Zuerst haben die Erzählstränge nichts miteinander zu tun, aber im Laufe des Buches fügen sie sich immer mehr zu einem überzeugenden Gesamtkonzept zusammen.

Das Buch liest sich sehr gut, die Sprache ist anschaulich und lebhaft, so das man sich gleich mittendrin im Geschehen befindet. Einige unerwartete Überraschungen schaffen es immer wieder neue Spannung aufzubauen und das Buch sehr fesselnd zu gestalten. Der Umgang der Figuren untereinander scheint locker, denn alle duzen sich.
Die Ansichten der Zwerge über Menschen (sie nennen uns „Langschädel“) können einen auch das ein oder andere mal zum Schmunzeln bringen.
Außerdem gibt es immer wieder Ähnlichkeiten zwischen den herkömmlichen Krimis und diesem Buch. So muss auch hier der Sucher Garep gegen die Ansichten seiner Vorgesetzten ermitteln und sein Assistent Bugeg ist völlig verblendet von seinen Vorurteilen.

Die Figuren sind liebvoll und vielschichtig gestaltet. Vom sympathischen und zuverlässigen Sucher Garep über den eifersuchtsbelasteten Sucher Bugeg und dem skrupellosen Anstaltsleiter Kolbner bis hin zum naiven, leichtgläubigen Leiböffner Himek, der sehr lange braucht um die Vorgänge in der Heilanstalt zu verstehen, haben alle Figuren einen passenden Charakter bekommen.

Alles in allem hat mir das Lesen viel Freude gemacht. Das Buch vereint gleich mehrere Genres, nämlich Fantasy, Krimi & Abenteuer. Man kann sagen, es handelt sich um ein oberzwergische Buch, voller zwergentoller Unterhaltung und zwergantischer Spannung, das einem zu wahren Zwergonatiker werden lässt. (kekisgirl)

2. Meinung:

Aufruhr im Zwergenreich!
Seit Jahrzehnten habe ich keine Fantasy mehr gelesen und bin etwas skeptisch an dieses Buch herangegangen! Aber – was darf ich gleich als erstes lesen:
„Eine Woge aus Blut und Feuer brandete über eine blühende Alm hinweg, die sich in den stahlgrauen Hang eines Bergrückens schmiegte. Wo die Welle den Fels berührte, wusch sie ihn blank, bis sich das Strahlen einer unbarmherzigen Sonne so grell darin spiegelte, dass der Träumer sich abwenden musste, um nicht geblendet und von ewigem, stillem Gleißen verschlungen zu werden.“ Niemals hätte ich gedacht, dass Fantasy so poetisch sein könnte und dass es so viel Spaß machen würde, dieses Buch zu lesen. Mit ganz viel Phantasie und noch mehr Liebe zum Detail führt der Autor uns ins Land der Zwerge, Halblinge und Menschen. Wobei die Zwerge die herrschende Gruppe sind, die Halblinge geduldet und anerkannt und die Menschen eine Randgruppe – Fremde – die in Gettos leben und argwöhnisch von den Zwergen beäugt werden.
Drei Gruppen beherrschen das Geschehen in diesem Buch. Da ist zum einen der Sucher Schmied, ein offener und vorurteilsfreier Sucher mit seinem Gehilfen, der allerdings voller Hass, Misstrauen und Vorurteilen den Menschen gegenüber behaftet ist. Diese beiden müssen einen Mord aufklären, der natürlich einem Menschen, der dem Mordopfer ein Diener war, angelastet wird.
Da ist die Heilanstalt mit dem experimentierfreudigen Direktor und seinem Gehilfen, der allerdings bald nicht mehr Handlanger seines Chefs sein will und da ist Siris, der Bestienjäger.
Natürlich laufen bald alle drei Handlungsstränge zusammen und der Leser muss erkennen, dass es im Zwergenreich genauso zugeht, wie in unserer Welt! Auch dort herrschen korrupte Beamte und mächtige Wirtschaftsbosse, die das Geld für sich scheffeln und ungeahnte Privilegien haben. Dort gibt es Rauschmittel, eine Wirtschaftskrise, Angst vor einer Revolution und Krieg und es herrschen Machtgier und Hass unter den Zwergen. Auch dort gibt es Eifersucht und man zeigt Gefühle. Das Buch lässt sich flüssig lesen, die Beschreibungen der Zwergenwelt sind phantasievoll und mit viel Liebe niedergeschrieben; man kann sich sofort in dieses Land hineinversetzen. Allein die Namensgebung macht schon viel Spaß - schön finde ich die Wegegeld eintreibenden "Stinkzipfel". Wer Fantasy mag, sollte dieses Buch lesen. Dieses Buch ist sicher der Anfang zu einer tollen Reihe.
Einen Minuspunkt allerdings muss ich dem Buch geben: Ich mag das Cover nicht – ich hätte das Buch im Laden nie in die Hand genommen – aber das ist natürlich Geschmackssache, denn – wenn man sich in den Buchhandlungen umschaut – haben viele Bücher so reißerische Cover. (Tista)

3. Meinung:

Im Land der Zwerge

Als erstes fiel mir bei „Die Zwerge von Amboss“ das liebevoll gestaltete Cover auf, das es so wohltuend aus der Masse der düsteren Fantasybücher abhebt. Dann auf den ersten Seiten die schöne Karte der fiktiven Welt der „Zerrissenen Reiche“. Durch den fesselnden Einstieg hatte ich sehr hohe Erwartungen, denn die Szene mit dem ermordeten Zwerg und den Spannungen zwischen Zwergen und menschlichen Gastarbeitern gefiel mir gut.

Thomas Plischke und sein Team haben mich nicht enttäuscht. Die von ihnen erschaffene Welt der Zerrissenen Reiche ist sehr gut durchdacht und überzeugend umgesetzt. Die zwergischen Ermittler Garep und Bugeg stehen für zwei verschiedene Einstellungen unter den Bewohnern des Staates Amboss. Der etwas ältere Garep ist eher aufgeschlossen und gewissenhaft. Für seinen jüngeren Assistent Bugeg hingegen steht schnell fest, dass der Täter der menschliche Haushälter des ermordeten Zwergs gewesen sein muss und er lehnt weitere Ermittlungen ab. In Amboss werden die Folgen einer raschen Industrialisierung deutlich. Die Infrastruktur und der Lebensstandard wurden in den letzten Jahren deutlich verbessert, jetzt drohen Arbeitslosigkeit und Unzufriedenheit – und das in einem Wahljahr. Natürlich möchte der Oberste Vorarbeiter wiedergewählt werden. Eines der Wahlkampfthemen sind die menschlichen Gastarbeiter, die so naiv sind noch eine Religion zu haben und als rückständig und gefährlich gelten. Da kommt dieser vermeintliche menschliche Mörder fast wie gerufen…

Die Parallelen zu unserer Erde sind deutlich und oft so ironisch gestaltet, dass ich immer wieder beim Lesen schmunzeln musste. Auch die sehr liebevoll ausgearbeitete Sprache der Zwerge gefällt mir sehr gut. So werden z.B. kleine Zwerge „Kiesel“ genannt und auch die Sprichwörter und Schimpfworte sind optimal auf die Sprache eines Volkes abgestimmt, das jahrhundertelang umgeben von Gestein unter der Erde lebte. (Mehr möchte ich an dieser Stelle nicht verraten.) Amboss und die Figuren werden so plastisch beschrieben, dass ich sie in ihrer jeweiligen Umgebung vor mir sehen konnte, ohne dass die Autoren sich in epischen Landschaftsbeschreibungen verloren.

Ein bemerkenswerter Erstling von einem Autorenteam, das offensichtlich viel Spaß bei der Arbeit hatte. Das sieht man auch an der Webseite, auf der noch viele Hintergrundinfos zu finden sind.

Ich freue mich schon auf den nächsten Band und wünsche mir viele Lesungen, eine davon vielleicht in meiner Gegend oder auf der Buchmesse in Leipzig. (sassenach)

4. Meinung:

Der Zwerg Garep Schmied soll zusammen mit seinem Assistent Bugeg, der ebenfalls ein Zwerg ist, einen Mord aufklären. Das Opfer ist ein Zwerg, der berühmte Komponist Namul Trotz, der einen menschlichen Haushälter hatte und wie es aussieht mit ihm mehr als nur eine geschäftliche Beziehung führte. Dieser Haushälter ist nun verschwunden, es finden sich Spuren, die auf einen Kampf hindeuten, und der Fall scheint klar; der Mensch war es, er hat den Zwerg getötet und ist geflohen.
Kurz darauf wird die Leiche des Menschen gefunden. Die einzige Zeugin, die Zwergin Karu, berichtet, dass der Mensch um Hilfe schrie und sich dann vom Dach in den Tod stürzte.
Für Bugeg ein weiteres Indiz, dass der Mensch der Mörder sein muss, doch Garep hat da so seine Zweifel.

Neben der Krimihandlung, die sich sehr geschickt durch das Buch zieht, wird ein farbenprächtiges Bild der Welt der Zwerge gezeichnet. Die Figuren sind ebenso sehr gut ausgearbeitet und es macht Spaß, mit ihnen die Welt zu entdecken. Da die Settings und Figurenperspektiven kapitelweise wechseln, wird die Spannung noch erhöht.
Der Schreibstil ist schön flüssig und angenehm zu lesen.
Lustig fand ich, dass die Zwerge ganz schön weit in ihren Erfindungen sind, es ist also keine archaisch anmutende Fantasywelt, die in diesem Buch präsentiert wird, sondern eher eine recht moderne. (Maren)