Moerk, Christian: Darling Jim

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Moerk, Christian: Darling Jim

Beitragvon keksigirl » Di 3. Mär 2009, 13:08

1. Meinung:

Das Märchen vom bösen Wolf...

... oder von dem, der auszog die Walsh-Morde zu klären


Es war einmal in Malahide, da lebte ein Briefträger namens Niall und behaglicher Ruhe. Doch eines Tages stolperte er in der Arbeit plötzlich über ein mysteriöses Büchlein, das sein Leben von nun an verändern sollte. Denn das Büchlein vermochte eine grausame Tat zu klären, nämlich den grausamen Tod von Moira Walsh und ihrer beiden Nichten Fiona & Róisín aus der Strand Street Nummer 1. Niall war sehr mutig und so begab er sich auf ihre Spuren und in ihre todbringende Vergangenheit...

Oft hat man schon Diskussionen darüber mitbekommen, ob die Märchen der Gebrüder Grimm zu grausam sind. Befürworter dieser Theorie sollen Christian Morks Roman "Darling Jim" lesen um zu wissen, wie grausam Märchen wirklich sein können.
Denn als ein Märchen - wenn gleich auch ein sehr modernes - lässt sich dieser Thriller am besten beschreiben.
Er bietet einen bösen Wolf, wie auch arglose Zicklein, eine böse Hexe und einen mutigen Prinzen.
Schade ist nur, dass der Autor seine Märchenfiguren sehr oberflächlich handeln lässt und sie wenig tiefgründig gestaltet hat.
Anders ist der Thriller aber auf jeden Fall und somit durchaus interessant und besonders.
Die Handlung ist gut strukturiert und klar, die Sprache verständlich und ansprechend. Wie in einem Märchen notwendig wird das Geschehen sehr bildhaft und magisch dargestellt.
Die Art und Weise der Aufklärung der Tathintergründe ist treffend gewählt. Wer könnte eine Geschichte besser erzählen als jemand, der sie selbst erlebt hat? So lässt der Autor Fiona & Róisín durch ihre Tagebücher sprechen.
Schön ist auch, dass am Ende alle offenen Fragen stimmig geklärt worden sind und der Leser somit über alle Hintergründe und Folgen bestens Bescheid weiß.
Einige unerwartete Geschehnisse sorgen zudem für Spannung, wenn sie auch am Ende teils gestellt oder unglaubwürdig wirken, als ob der Autor die Lust verloren hätte.

Alles in allem ein gutes und stimmiges Buch, das durch seine sprachliche und methodische Gestaltung über andere Schwächen hinwegsehen lässt. Ein Roman mit interessanten Figuren, die dem Buch das gewisse "Etwas" verleihen, nämlich eine märchenhafte Erscheinung. Und wenn es nicht gelesen wurde, dann lesen wir es noch heute. (keksigirl)

2. Meinung:

Rendezvous mit einem Wolf

Der Postbote Desmond Kean findet drei Frauenleichen, die auf grausamste Art und Weise ums Leben gekommen sind. Erschlagen, vergiftet, an Ketten gefesselt. Die Bewohner des kleinen irischen Dorfs Malahide sind geschockt. "Sklavenschwestern von eigener Tante ermordet" schreibt die Presse. Fantasiegespinste der Journalisten oder Wahrheit? Eine Klärung erfolgt zunächst nicht. Das Dorf möchte mit den Morden nichts zu tun haben. Die Ermittlungen der örtlichen Polizei verlaufen im Sande.
Als Desmond von Schuldgefühlen geplagt den Ort verlässt, bekommt das Dorf einen neuen Postboten, den jungen Hobbyzeichner Naill Cleary. Aber auch dieser bleibt ihnen nicht lange erhalten. Kurz nachdem er inmitten der unzustellbaren Sendungen das Tagebuch von Fionah Walsh, einer der toten Fremden, findet, verliert er seinen Job. Er verlässt das Dorf, nunmehr mit einem neuen Ziel. Er möchte den Tod der Walsh-Schwestern aufklären.

Hunger nach Liebe, das zeichnet die Frauen aus, die auf den Charme des Märchenerzählers Jim Quick hereinfallen. Gut aussehend, charmant und mit dem gewissen Etwas zieht er sie in seinen Bann und bringt ihre Herzen zum Schmelzen. Tag für Tag tingelt er durch die Pubs von Irland und erzählt die tragische Geschichte eines Prinzen, der seinen Zwillingsbruder tötet und zur Strafe als Wolf weiterleben muss. Die Erzählungen des charismatischen Wanderers gehen auch an den drei Walsch-Schwestern und ihrer Tante nicht spurlos vorbei und ebenso wie die anderen weiblichen Dorfbewohner, erliegen sie dem Charme des fremden Mannes. Eine Entwicklung, die für sie verheerend enden soll.

Christian Mørk hat für sein Buch „Darling Jim“ eine ungewöhnliche und interessante Art der Erzählung gewählt. Eingebettet in die Ausführungen eines Erzählers, hat er zwei Tagebücher gestellt, die von den Opfern kurz vor ihrem Tod geschrieben wurden und auf ihre eigene Art und Weise die Geschehnisse erklären. Ohne Kommissar oder Sonderkommission, nur durch das Engagement eines Postboten und der aufgefundenen Tagebücher, werden dem Leser die Motive des Verbrechens und seine Aufklärung nach und nach deutlich. Eine Geschichte, die an ein Märchen für Erwachsene erinnert, aber in ihrer Grausamkeit seines gleichen sucht.

Nicht nur die ungewöhnliche Art der Erzählung, auch der Schreibweise des Autors hat überzeugt. Seite für Seite enthüllen die Tagebücher der Schwestern die für das Verständnis des Lesers notwendigen Fakten, ohne auf die Darlegung der Gefühle und Sichtweisen der Opfer zu verzichten. Stück für Stück entwickeln sich die Ereignisse und lassen sich letztendlich wie ein Puzzle stimmig aneinanderfügen. Aber bis es soweit ist, wartet der Leser voller Ungeduld auf das entscheidende Teil, das dem Ganzen einen Sinn verleiht. Leicht und flüssig, ohne unnötige Ausschweifungen schafft es der Autor, eine gleich bleibende Spannung aufzubauen, welche es dem Leser leicht macht, das Buch in einem Zug durchzulesen.

„Darling Jim“ ist kein Thriller im herkömmlichen Sinn. Weder der typische rasante Spannungsaufbau, noch der dominierende psychologische Aspekt ist vorhanden. Es ist ein guter Roman mit kriminalistischen Elementen, der wie ein mystisches Märchen für Erwachsene anmutet. (villawiebke)
keksigirl
 
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