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Kirino, Natsuo: Die Umarmung des Todes

BeitragVerfasst: Mi 4. Mär 2009, 10:50
von Petra
Kirino, Natsuo
Die Umarmung des Todes

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Genre: Thriller
Seitenzahl: 608 Seiten
Verlag: Goldmann
Preis: 9,95 €
ISBN: 9783442458523
Bewertung: ***/****
(* schlecht / ** ganz gut / *** gut / **** spitze)

Inhalt:

Yayoi Yamamoto arbeitet Nacht für Nacht in einer Lunchpaket-Fabrik am Rande Tokios, um endlich das Geld für eine eigene kleine Wohnung aufbringen zu können. Doch als sie herausfindet, dass ihr Mann Kenji ihre gesamten Ersparnisse verspielt hat, verliert sie die Nerven und bringt ihn im Affekt um.

In ihrer Not ruft sie ihre Kollegin Masako an. Gemeinsam mit zwei weiteren Kolleginnen - der aufopfernden Yoshie, die nicht nein sagen kann und Kuniko, die unter chronischer Geldnot leidet – beseitigt Masako die Leiche. Und Yoyoi schlüpft in ihre Rolle als besorgte Ehefrau, deren Mann nicht nach Hause gekommen ist.

Es gelingt ihnen vorerst die Tat zu vertuschen. Doch sie ahnen nicht, was sie damit anrichten, wen sie sich damit zum Feind machen…

Meine Meinung:

Die vier Frauen stehen im Mittelpunkt des Geschehens. Die Autorin nimmt sich Zeit, jede der einzelnen genau zu durchleuchten. Dem Leser beschert sie damit interessante Lesestunden. Denn an jeder gibt es etwas zu entdecken – ja, im Grunde entdecken die vier Frauen sich durch die Tat und deren Folgen selbst er so recht. Yayoi, die Zarte, die Hübsche, die sich an ihrem Mann rächt, der sie schändlich hintergangen hat. Masako, die Verhärtete, deren Mann und Sohn sich meilenweit von ihr entfernt haben. Yoshie, bei der man sich fragt, wo ihre persönliche Grenze ist in ihrer Aufopferungsbereitschaft. Und Kuniko, der Nimmersatt, der immer mehr will – vor allem materielle Dinge, um einen Ausgleich zu schaffen zur eigenen inneren Leere und Unzufriedenheit.

Durch sie alle geht ein Ruck. Eine von ihnen wird zur heimlichen Hauptfigur des Romans. Man weiß am Anfang nicht recht, welche es sein wird. Auch weiß man nicht, welche bestehen wird und welche nicht. Oder ob sie alle vier untergehen. Denn sie geraten immer tiefer in den Sog ihrer eigenen Tat. Aber nicht nur das. Diese Tat hat sie auch geöffnet, für die dunkle Welt. Vieles wird vorstellbar, seit sie Kenji… ja,... entsorgt haben. Keine schöne Angelegenheit. Auch nicht für den Leser. Und für Jemanden im Hintergrund erst recht nicht. Das sollen die vier Frauen am eigenen Leib noch zu spüren bekommen; und der Leser fiebert mit ihnen mit.

Dieser Thriller entführt in die Unterwelt. Aus der es für sie alle kein Zurück mehr gibt (der Originaltitel müsste auch mit "Out" übersetzt werden, was ich passender finde als "Die Umarmung des Todes"). Auf dem Weg dorthin begleitet der Leser diese Frauen und einige Nebenfiguren. Alle haben eines gemeinsam: Sie sind auf die ein oder andere Art einsam. Haben sogesehen nichts zu verlieren. Nur zu gewinnen, wenn ihnen vorher keiner ein Ende setzt. Natsuo Kirino ist es sehr eindringlich gelungen, diese einsamen Gestalten dem Leser nahe zu bringen. Ohne Sentimentalitäten.

Würde man das Buch auf die Thrillerhandlung reduzieren, wäre es mir zu lang und nicht interessant genug. Was dieses Buch so lesenswert und letztlich ausmacht, sind die Figuren und ihr Umfeld in dem sie leben. Ihre Einsamkeit, ihre Arbeit (sehr interessant zu Anfang geschildert unter welchen Bedinungen die Frauen dort in dieser Lunchpaket-Fabrik arbeiten müssen – es spiegelt somit auch ein Stück vom Leben der Menschen am Rande der Gesellschaft in Japan wieder, die auf das Geld angewiesen sind) und ihre Beziehungen untereinander.

Kleinigkeiten über den Alltag und das Leben in Japan bekommt man auch nebenbei mit. Wo sie einer Erklärung für uns Europäer bedürfen, setzt die Übersetzerin eine kleine Fußnote. Das fand ich sehr bereichernd und interessant. Es wird auch nicht überstrapaziert. Bei mir dauerte es nicht lange und ich konnte mir die Welt von Yayoi, Masako, Yoshie und Kuniko lebhaft vorstellen. Ein durch und durch bereicherndes Leseerlebnis! (Petra)

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