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Scharsich, Dagmar: Die gefrorene Charlotte

BeitragVerfasst: Di 5. Jan 2010, 00:34
von Binchen
Autor : Scharsich, Dagmar
Titel: Die gefrorene Charlotte
Cover: Bild
(Cover von amazon)
Kategorie: Lesung
Genre: Krimi/Zeitzeugnis
SprecherInnen: Ilka Hein
Regie: /
Medium: 2 mp3-CDs
Laufzeit: ca. 15:16 Std
Verlag: Radioropa
Preis: 9,80 €
ISBN: 978-3836801942
Bewertung: **** von max.*****
(_furchtbar / *schlecht/** noch ok / *** richtig gut / **** spitze/***** außergewöhnlich)


Inhalt:
Ostberlin : Wenige Wochen vor der Öffnung der Grenzen

Cora OST feiert bei Tante Johanna ihren Geburtstag. Tante Johanna war immer ihr sicherer Hafen, auch wenn sie irgendwann einmal eine eigene Wohnung haben wollte. Überraschend erhält sie in diesem Jahr ein Kästchen mit 6 wertvollen Puppen, sogenannte gefrorene Charlotten. Nur die 7. behält die Tante noch.
Kurz darauf ist die Tante tot, Cora erbt ihre Puppensammlung von beträchtlichem Wert, und die Sorgen der Tante, sie soll eine Steuerschuld in 6-stelligem Ost-Mark-Betrag begleichen. Wovon nur?
Die Tante hatte ihr einen Schutzengel versprochen, falls ihr etwas zustoßen sollte. Dieser scheint in Figur von Oberst Brendel aufzutauchen - oder ist es doch der freundliche Doktor im Caritas-Krankenhaus ? Oder gar der schöne Markus, der sich plötzlich für Cora interessiert?

Wem kann Cora trauen? Und was passiert eigentlich um sie herum?

Meine Meinung:


Für diesen Roman brauchte ich viel Geduld. Hätte ich nicht :arrow: 'Der grüne Chinese' gelesen

ich hätte vermutlich wegen der DDR-Thematik, hieran nicht einmal einen Gedanken verschwendet, aber hier ging es wieder um Berlin und die Ecke um den Alexanderplatz, die ich im Chinesen so mochte. Diesmal halt in der Zeit kurz vor der Öffnung der Mauer, einer Zeit in der die Flüchtlinge über Ungarn aus dem Land strömten. Dazu eine Krimi-Handlung? Ich konnte mich darauf einlassen.

Cora ist naiv - wiederholt betont wird das durch die ständige Warnung 'Cora mach den Mund zu' - anfangs nervte mich das genauso wie die Lesart von Ilka Hein - bis ich langsam begriff - das unterstreicht den Inhalt ungemein. Eine junge Frau, aufgewachsen und bevormundet in der DDR, beginnt langsam zu begreifen.

Wie ich in 'Kind 44' die Diktatur erfühlte, konnte ich in diesem Roman verstehen, wie die Stasi-Verfolgung auf die Menschen wirkte und wie die DDR funktionierte. Eingestreute DDR-Fachbegriffe analog zu unseren Tempo-Taschentüchern, verschiedenen Schnaps-sorten, Resopal-Tischen … vermitteln sicher auch eine gewisse Authentizität.

Problematisch wurde es für mich, als Cora zur Problemverdrängung ständig Goldbrand trinkt, es passt zu Roman und zu den Situationen, trifft aber mal wieder meinen Nerv - warum müssen die ständig im Alkohol versinken?

Mit Coras Entwicklung entwickelt sich auch die Sprecherin und zeigt, das ihr Repertoire größer ist, als gedacht. Das zeigte mir um so deutlicher, wie sich auch die Geschichte entwickelt.
Mit der notwendigen Geduld entwickelt sich hier eine reizvolle Kriminalgeschichte, mit teilweise witzigen Wortwendungen und einem mir bisher unbekannten Hintergrund. Wer auf die klassische Sprache, die im Turm so hervorragend ist, verzichten mag, erlebt hier eine andere Art DDR-Geschichte, die durch langsam anziehende Spannung besticht.

Danke nochmal an Peter, der uns die Geschichte so ans Herz gelegt hat.
(c) Binchen, Januar 2010