Berg, Sibylle: Der Mann schläft

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Berg, Sibylle: Der Mann schläft

Beitragvon Petra » Mi 14. Apr 2010, 10:54

Berg, Sibylle
Der Mann schläft

Bild

Kategorie: Ungekürzte Lesung
Genre: Erzählung
SprecherInnen: Katja Riemann
Regie: /
Medium: 6 CDs
Laufzeit: ca. 440 Minuten
Verlag: Osterwoldaudio
Preis: 29,95 €
ISBN: 9783869520131
Bewertung: 8,5 Punkte
(von 10 möglichen Punkten)

Inhalt:

Eine junge Frau wird langsam älter, doch ihr scheint es schnell. Die jungen Männer werden immer jünger, aber leider nicht intelligenter. Die Welt ist leer und kalt, und die Liebe ein Marketinginstrument, um Waschmittel zu verkaufen. Und doch geschieht das Unerwartete. Die Frau lernt den einen Mann kennen, der sie glücklich macht. Was kann man sich Besseres wünschen in dieser unfreundlichen Welt, in der fast alle mit guten Gründen unglücklich sind? Doch dann kommt der Mann abhanden, und man fragt sich, ob das mit rechten Dingen zugeht. Sibylle Berg erzählt eine moderne Liebesgeschichte, und sie zeigt mit ihren so melancholischen wie bösartigen Bildern eine Welt, in der man höchstens überleben kann, wenn man nicht ganz alleine ist. Doch die Welt kennt kein Pardon für eine, die ihre Träume trotzdem nicht aufgeben will.

Meine Meinung:

Ich übernehme den Klappentext, weil sich der Inhalt dieses Romans so schwer fassen lässt. Wir haben es hier mit einer Frau (sie erhält keinen Namen, ebenso wie die meisten anderen Figuren in diesem Roman – müssen sie auch nicht, denn wir kennen sie schon… aus unserem eigenen Leben) zu tun, die (besonders in jungen Jahren, aber im Grunde ihres Herzens auch heute noch) eigentlich keine Beziehung möchte. In jungen Jahren hat sie sich vertröstet (noch bin ich jung und will das Leben und die Liebe genießen, binden kann ich mich später noch) und in späteren Jahren nach und nach erkennen müssen, dass die natürlichen Instinkte der Menschen gegen sie sind: Die Männer suchen sich jüngere Frauen. Und für ältere Frauen bleibt kein Mann mehr übrig. Wäre auch nicht so schlimm, wo die Liebe doch nur eine Farce ist. Jeder doch nur seinen Trieb befriedigen möchte. Man sich selbst doch immer am nächsten steht…

… doch wenn das so ist, warum hängt sie sich auf einmal so verzweifelt an jeden Mann der nur ansatzweise Interesse bekundet? Weil sie sich in jungen Jahren geirrt hat: Sie dachte ihr Leben sei nicht lang genug um sich irgendwann selbst nicht mehr genug zu sein.

Verbittert (oder doch nur mit einem scharfen, ehrlichen Auge?) sieht sie auf ihre Beziehungen zurück. Die vielen kurzen und die eine längere, als sie endlich DEN Mann (auch er namenlos) gefunden hat. Uns erscheint sie zuweilen zynisch, doch in Vielem was sie denkt steckt auch Wahrheit. Über das (unerträgliche) Leben und die (ersehnte und doch nie erfüllte) Liebe. Auch über andere Menschen, die unsere Wege kreuzen: Sogenannten Freunde und Bekannte, die uns ermüden und lästig sind. Deren Anliegen uns nicht von Herzen interessieren. Deren Wohnungen, die so viel über sie offenbaren. Viel mehr als wir je wissen wollten.

Man muss (und sollte!) gewiss nicht die gleichen Konsequenzen aus so mancher Erkenntnis ziehen, wie diese Frau hier. Man kann zum Glück das Leben auch anders betrachten. Nicht so sinnlos, vorprogrammiert und unerträglich. Aber auch kann man den Wahrheitsgehalt so mancher Sichtweise dieser Frau nicht ganz wegstreichen. Zieht man von dieser gnadenlos desilussionierten und depressiven, verlassenen Frau all die gegenteiligen – positiveren – Erlebnisse und Sichtweisen aus dem eigenen Leben ab, bleibt immer noch genug übrig, was nachdenklich stimmt.

Und genau hierfür mag ich diesen Roman, der so verbittert, zynisch und böse über die Welt, das Leben, die Liebe, die Menschen nachdenkt. Auf eine ganz eigenwillige Weise, der ich gern gelauscht habe. Besonders, da Katja Riemann jeden hier enthaltenen Gedanken perfekt stimmlich zum Ausdruck bringt.

PS: Ganz hoffnungslos endet der Roman nicht. Und neben all den vernichtenden Gedanken der Frau sehen wir letztlich auch in ihr einen Menschen, der sich doch nach einem anderen Menschen sehnt – wie wir alle. (Petra)

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Liebe Grüße,
Petra


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