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Peace, David: Tokio im Jahr Null

BeitragVerfasst: Mi 13. Okt 2010, 14:19
von Petra
Peace, David
Tokio im Jahr Null

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Kategorie: Gekürzte Lesung
Genre: Krimi / Thriller
SprecherInnen: Manfred Zapatka
Regie: /
Medium: 6 CDs
Laufzeit: ca. 420 Minuten
Verlag: Osterwoldaudio
Preis: 24,95 €
ISBN: 978-3869520582
Bewertung: 7,5 Punkte
(von 10 möglichen Punkten)

Inhalt/Meine Meinung:

Niemand ist, der er zu sein vorgibt – dieser Satz kommt in diesem Roman häufig vor.

Als Japan im Krieg kapituliert, und der westliche Kalender die traditionelle Zeitrechnung ablöst, befindet sich alles im Umbruch. Die Demokratie hat sich längst noch nicht gefestigt, Mechanismen des alten Regimes sind immer noch existent. Die Situation der allgemeinen Verwirrung und Zerstörung nach dem Krieg, nutzt so mancher, um seine wahre Identität zu verschleiern. So auch Inspektor Minami. Auch er hat Schuld auf sich geladen – wie so viele andere im Krieg. Selbst im Polizeiapparat ist er nicht der einzige, der das Spiel um versteckte Identitäten mitspielt. Man kann niemandem trauen. Das wird umso klarer, als Inspektor Minami zusammen mit seinen Leuten in einem Fall ermitteln muss, in dem ein Serienkiller junge Frauen missbraucht und anschließend erdrosselt.

Ein Schuldiger ist schnell gefunden. Doch so einfach, ist es nicht. Die Begriffe Korruption und organisiertes Verbrechen sind enger mit dem Fall verwoben, als einem lieb sein könnte. Inspektor Minami ist fest entschlossen, den wahren Täter zu stellen.

Ein wenig verwirrend sind anfangs die vielen japanischen Namen. Sie auseinander zu halten, ist nicht einfach. Also: gut zuhören!

David Peace ist dafür bekannt, seine Thriller an wahre Begebenheiten anzulehnen. So soll auch dieses Buch, das Auftakt zu Peaces Japan-Trilogie ist, auf einem historisch verbürgten Fall beruhen. So dient das Nachkriegs-Japan nicht nur als schmückende Kulisse, sondern ist wahrer Schauplatz dieses Kriminalfalls. Wie gut oder schlecht der Autor die Begebenheiten, das Land, die Menschen und die Zeit eingefangen hat, vermag ich nicht zu beurteilen. Die Geschichte und die Figuren vermitteln jedoch einen authentischen Eindruck.

Die Stilmittel, die Peace dazu verwendet, gefallen mir. Kurze, stakkatoartige Sätze vermitteln ein Gefühl von durch den Krieg abgestumpften und abgetöteten Seelen. Vermitteln eine Dringlichkeit die zu den Themen passt: Elementare Bedürfnisse müssen gestillt werden. Bedürfnisse wie Hunger und die Notwendigkeit die eigene Identität geheim zu halten ebenso, wie der Drang nach Betäubung. Betäubung des Schmerzes, der Erinnerung. All das fängt David Peace sprachlich gekonnt ein und vermittelt eine bedrückende, düstere, aber stimmige Atmosphäre.

Manfred Zapatkas leise aber intensive Stimme ist perfekt dazu geeinget, diese Geschichte und vor allem ihren Ton und ihre Stimmung exzellent herüberzubringen. Er legt ein bisschen Unterwürfigkeit hinein. Einiges an Dringlichkeit. An Gehetztsein. Mit ihm verliert man sich im zerstörten Tokio. Und in den zerstörten Seelen. (Petra)

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