Geiger, Arno: Der alte König in seinem Exil

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Geiger, Arno: Der alte König in seinem Exil

Beitragvon Petra » Di 26. Jul 2011, 15:13

Geiger, Arno
Der alte König in seinem Exil

Bild

Kategorie: Ungekürzte Lesung
Genre: Erinnerungen / Lebenshilfe
SprecherInnen: Matthias Brandt
Regie: /
Medium: 4 CDs
Laufzeit: ca. 255 Minuten
Verlag: Hörbuch Hamburg
Preis: 19,95 €
ISBN: 9783899030365
Bewertung: 10 Punkte
(von 10 möglichen Punkten)

Inhalt / Meine Meinung:

Arno Geigers Vater ist an Demenz erkrankt. Was das heißt, für ihn und seine Angehörigen, davon erzählt dieses Buch. Jedoch nicht wütend oder dramatisch. Sondern sanft und authentisch. Eine Sanftheit, die einen die Krankheit lehrt. Am Anfang ist noch Wut da. Sie resultiert aus der Hilflosigkeit, die einen überkommt, wenn man mit ansehen muss, wie das Vergessen uns unaufhaltsam einen geliebten Menschen entreißt. Doch irgendwann stellt sich Resignation ein. Die Erkenntnis, dass man es nicht ändern kann. Was dann bleibt, ist Sanftheit, die sich an den Menschen richtet, der immer stärker in eine eigene Welt abdriftet.

Diesen Verlauf, den die Krankheit nimmt, aber auch unsere sich verändernde Haltung dazu, beschreibt Arno Geiger wunderbar treffend. Die anfängliche Wut, mit der wir der Krankheit begegnen, fängt er beispielsweise in einem absolut stimmigen kleinen Satz ein:

Wir schimpften mit der Person
und meinten die Krankheit


Genau so ist es. Ebenso treffend ist die Erkenntnis geschildert, die der Wut folgt. Man erkennt, dass der Erkrankte sich nicht mehr in unsere Welt begeben kann. Wir uns aber sehr wohl in seine. Und wir tun es. Sollten es auch tun. Um dem Demenzkranken das Gefühl von Sicherheit zu geben. Um ihn nicht unnötig aufzuwühlen. Arno Geiger löst mit seinen Beschreibungen bei Menschen, die das alles selbst miterleben mussten, ein zustimmendes Nicken aus. Für Menschen hingegen, die sich gerade aktuell der Demenzerkrankung eines Angehörigen stellen müssen, können diese Gedanken und Erfahrungen eine wertvolle Hilfe sein. Beiden Personengruppen kann ich dieses Buch wärmstens empfehlen. Zum aufarbeiten des Verlusts eines geliebten Menschen an diese Krankheit, oder zum vorbereiten auf den Weg, der vor einem liegt.

Eine wichtige Auseinandersetzung mit einer Krankheit, die viele betrifft. Aber auch eine wichtige Auseinandersetzung eines Kindes mit dem Leben eines Elternteils. Die Grundthemen des Lebens bleiben bei solch einem Thema selbstverständlich nicht außen vor: Familie, zu Hause, Persönlichkeit, Freiheit, Vergänglichkeit, Erinnerung, Krankheit, Tod. So erinnert sich Arno Geiger an Stelle des Vaters an dessen Leben. Arbeitet seine Kindheit auf, die Kriegsjahre, seine Ehe. Und schaut mit viel Wohlwollen und Liebe auf den Vater. Auf seine Stärken, aber auch seine Schwächen. Und auf die Dinge im Leben, die ihn geprägt haben mögen.

Matthias Brandt liest die Geschichte von Arno Geigers Vater, als sei es die seines eigenen Vaters. Doch er legt nicht nur viel Persönlichkeit in die Lesung, sondern auch großes Können. Fein nuanciert er die Sätze, die der Vater spricht. Absolut glaubhaft, in keiner Weise lächerlich. Er erzeugt mit seine Stimme eine unglaubliche Authentizität.

Fazit: Arno Geiger hat dieses Buch gewiss selbst genauso gebraucht, wie viele seiner Leser, die ebenfalls einen demenzkranken Menschen begleiten oder begleitet haben. Volle Punktzahl für ein Buch, das wohl tut und über eine Krankheit erzählt, die viele betrifft. (Petra)

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Liebe Grüße,
Petra


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