Walser, Martin: Ein fliehendes Pferd - Rezension von Peka

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Walser, Martin: Ein fliehendes Pferd - Rezension von Peka

Beitragvon Binchen » Di 1. Apr 2008, 12:41

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Kategorie: Autorenlesung
SprecherInnen: Martin Walser
Medium: 3 CDs
Laufzeit: 218 Minuten
Verlag: der hörverlag
Preis: 19,95 €
ISBN: 978-3-86717-098-7

Bewertung:
****
(* schlecht / ** ganz gut / *** gut / **** spitze)

Inhalt:
Helmut und Sabine Halm machen Urlaub am Bodensee. Unverhofft treffen die beiden auf einen früheren Schulkameraden von Helmut, nämlich Klaus Buch und seine Frau Helene. Der lebendige Klaus Buch, augenscheinlich das genaue Gegenteil von Helmut, freut sich ungemein über dieses Wiedersehen und plant die nächsten Tage und Abende mit dem Ehepaar Halm zu verbringen. Helmut weiß nicht so recht was er von allem halten soll bis eines Nachmittags ein fliehendes Pferd den Weg der Paare kreuzt...

Meine Meinung:
Vor etwa dreissig Jahren (genauer gesagt im Jahre 1978) hat Martin Walser diese Novelle veröffentlicht, von der Marcel Reich-Ranicki sagt es wäre die überzeugendste Arbeit des Autors überhaupt. (Vor-)Gelesen hat der Autor den Text bereits im Jahre 1995, warum das Hörbuch erst jetzt veröffentlicht wurde dürfte unter Umständen an der aktuellen Neuverfilmung des Stoffes liegen. Aber das alles sollte uns nur am Rande interessieren,wichtig ist der Hörgehalt und um den soll es nun gehen. Die beiden männlichen Protagonisten befinden sich in ihrer ganz persönlichen "Mitleidskrise", neudeutsch auch Midlifecrisis genannt. Da ist zum einen der ruhige, eher schüchterne und zurückhaltende Helmut - auf dessen Seelenleben in der Geschichte eingegangen wird - und auf der anderen Seite der Lebemann Klaus. Braun gebrannt, sportlich und Segelboot erfahren, mit einer zwanzig Jahre jüngeren Frau an der Seite, der Prototyp des erfolgreichen Mannsbildes überhaupt. Helmut fühlt sich gestört durch das Wiedersehen mit Klaus hat aber keine Chance sich diesem zu entziehen. Klaus lässt keine Gelegenheit aus Helmut mit alten Geschichten aus der Schulzeit aufzuziehen. Gibt sich Helmut sexuellen Phantasien hin, wenn er Helenes wippende Brüste anstarrt, dann folgt die Ernüchterung schnell wenn Klaus in der Runde lautstark erzählt, wie Helmut sich durch das zuhalten seiner "Blumenkohlsträußel Vorhaut" am Ende beim urinieren selbst nass gemacht hat. Peinlich ist das und Helmut empfindet das auch so wie der Hörer erfährt. Walser steigert die Geschichte, es kommt auf den Bodensee zu einer Art Showdown dem eine geschickte Wendung der Geschichte folgt. Zu viel verraten möchte ich jetzt nicht, aber diese Wendung ist das eigentlich gelungene und schöne von Martin Walser's Novelle. Wer mehr wissen möchte muss hören und darf sich auf über 200 kurzweilige HörMinuten freuen. Abschliessend noch ein Wort zum selbst sprechenden Autor. Anfangs gewöhnungsbedürftig war ich schnell gefangen von Walsers Stimme. Mir kam es so vor als hörte ich einen leichten schweizer Akzent heraus, dieser Akzent macht den sprechenden Autor nur noch sympathischer. Es handelt sich um eine Lesung vor Publikum, so das an manchen Stellen das auch zu hören ist. Eine neue, eine gelungene und empfehlenswerte Hörerfahrung. (Peka, Oktober 2007)
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Binchen
 
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