Hallo Steffi,
ich bin nun mit dem Teil der Verbrechen durch...
steffi hat geschrieben: Es zeigt auch, wie nahe der Mensch an solchen Taten ist, wie leicht das sorgsame Gebäude der Moral zerbrechen kann. Bolano zeigt verschiedene Motivansätze, immer wieder erkennt man daraus, dass die Ausbeutung der Menschen, vielleicht der fehlende Humanismus in der Gesellschaft diese Morde möglich macht. Auch eine gewisse Gleichgültigkeit ist spürbar. Das ist mir auch während des Lesens so gegangen - bis man sich wieder vor Augen hält, dass es echte Menschen sind, um die es hier geht.
Bereits auf S. 176 fallen die Stichworte "Virus der Mörder" und "Copycat", zumindest Copycat wird auf S. 721 wiederholt. Es könnte durchaus sein, sich die Gruppe um die Vier aus Europa und die Gruppe um den FBI-Agenten Alfred Kessler im selben Lokal waren, als Espinoza sich auf der Toilette übergab und eine sanfte Stimme ihn aufforderte, sich ruhig auszukotzen; vielleicht Kesslers Stimme (?)
Ein Virus der Mörder geht um, sehr passendes Bild.
Die mehrfachen Erzählstränge fand ich sehr raffiniert aufgestellt, 3fach, wie ein geflochtener Zopf. Es gibt gewisse Gemeinsamkeiten in manchen der Fälle und Erzählsträngen.
Ist dir übrigens die Verknüpfung zwischen mit den zwei Spiegeln im Hotelzimmer aufgefallen (Norton und die Abgeordnete) ?
ja, das sprang mir auch gleich ins Auge. Unheimlich.
Ob er die größte Müllhalde Santa Theresas namens El Chile bewußt nach seinem Geburtsstaat nannte?
Bolano schafft es mit kurzen, prägnanten Sätze den Leser immer wieder aufzurütteln:
Wir leben auf einen Planeten von Spinnern S. 362
Was für eine aidsverseuchte läufige Hure ist doch die Wirklichkeit.. S. 713
Mexico ein Land von Machoes und Weicheiern S. 739
Die Wirklichkeit ist wie ein bekiffter Zuhälter S. 740
Dann wieder ausdruckstarke Bilder, wie z.B.:
...und bog in eine breitere, nicht minder trostlose Wüstenstraße, in der sogar die Sträucher von einer dicken Staubschicht bedeckt waren, als wäre in der Gegend eine Atombombe gefallen und niemand außer den Betroffenen hätten es bemerkt, dachte Kessler, aber die Betroffenen zählten nicht, weil sie den Verstand verloren hatten oder tot waren, auch wenn sie herumliefen und uns anschauten, Augen und Blicke, ....., mithin die blicke von Verrückten, von Leuten, die in einer anderen Dimension leben....Ich sehe immer diese aufgeschlitzte Ratte, mit den sorgfältig gelegten Innereien, vor meinen Augen, das ich im Wikipedia bei meinen Nachforschungen sah, als ich mich auf die Suche nach dem Begriff
viszeralen Realismus machte. Dieser Begriff kommt in Bolanos Roman "Die wilden Detektive" vor.
Viszeral - die Eingeweide betreffend und so empfinde ich Bolanos Erzählstil:
http://de.wikipedia.org/wiki/EingeweideGrüße,
Maria