Koch, Herman: Angerichtet

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Koch, Herman: Angerichtet

Beitragvon Petra » Mi 3. Nov 2010, 11:17

Koch, Herman
Angerichtet

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Kategorie: Gekürzte Lesung
Genre: Erzählung
SprecherInnen: Joachim Król
Regie: Vera Teichmann
Medium: 6 CDs
Laufzeit: 468 Minuten
Verlag: Argon
Preis: 19,5 €
ISBN: 9783839810583
Bewertung: 9 Punkte
(von 10 möglichen Punkten)

Inhalt:

Paul und Claire Lohmann sind mit Serge, einem bekannten Politiker und dessen Frau Babette verabredet. Paul und Serge sind Brüder. Diese vier Personen treffen sich in einem Sternerestaurant, um den Abend gemeinsam zu verbringen. Schon zu Beginn brechen schon lange schwelende Konflikte auf, besonders zwischen den beiden Brüdern. Sticheleien und versteckte Angriffe folgen.

Doch um das eigentliche Thema des Abends wird zunächst ein großer Bogen gemacht. Sowohl Pauls und Claires Sohn, als auch Serges und Babettes Sohn haben etwas getan, das ihr Leben für immer ruinieren kann. Drei der vier Anwesenden wollen das mit aller Macht verhindern. Dafür sind sie bereit weit zu gehen – sehr weit…

Meine Meinung:

Dieser Roman stellt Fragen. Fragen darüber, wie weit Eltern für ihr Kind gehen dürfen und wie weit sie tatsächlich bereit sind zu gehen. Fragen über Vererbung von schlechten Anlagen. In wie weit ist ein leibliches Kind stärker von seinen Eltern geprägt, als ein Adoptiertes, das lediglich durch die Erziehung der Adoptiveltern deren schlechte Eigenschaften vermittelt bekommen kann. Fragen danach, ob eine Mutter auch den Vater in einigen Dingen verrät, wenn es ums gemeinsame Kind geht. Ist Mutterliebe stärker als alles andere?

Die Fragen des Romans richten sich an seine Figuren. Aber sie richten sich in zweiter Instanz auch an den Leser/Hörer selbst. Und die Antworten kann nur jeder für sich finden. Die Figuren entscheiden für sich, der Leser, der in sich geht, jedoch für sich selbst. Denn es gibt einen großen Spielraum, in dem ein Jeder seine eigene Schmerzgrenze finden wird. Die Antwort darauf, wie weit man zu gehen bereit ist. Wie Stark die eigene Ausprägung an Mutter- oder Vaterliebe ist/wäre.

Diese großen Fragen fangen im Kleinen (oder sagen wir Kleinlichem) an. Schon während des Essens wirft der Roman durch den Erzähler Paul Fragen über scheinbar belanglose Dinge auf, die in unserer Welt jedoch einen gewissen Stellenwert haben. Hier entlarvt der Roman unsere Gesellschaft. Unsere Kultiviertheit, die oft, wenn man sie entblättert, lächerlich ist. Ganz besonders in gehobenen Kreisen. Sie stellen uns ein Armutszeugnis aus. Menschliche Empfindlichkeiten kommen hier ebenso auf den Tisch, wie aufgemotzte Gerichte, über die Paul sich boshaft aber messerscharf in einem inneren Monolog äußert. Die Dinge mal so offen auf den Tisch gelegt zu bekommen, von einem, der gerade nicht mitspielen mag, hat mir sehr gefallen. Und es bereitet auf die großen Themen vor, die dann auf den Tisch kommen. Die Söhne und ihre Tat, die ihr Leben zu ruinieren droht.

Mit dieser Geschichte werden die kleinen und großen Themen hinterfragt. Auf eine äußerst bissige Art, die sitzt! Paul redet sich in seinem inneren Monolog in Rage. Der Hörer merkt gleich, dass er es hier mit jemandem zu tun hat, dem es reicht. Was reicht ihm? Das aufgesetzte Getue, hier in diesem Restaurant, aber auch Dinge im zwischenmenschlichen Bereich. Diesen aggressiven, angriffslustigen Ton, greift Joachim Król exzellent auf. Beste Sprecherwahl für diesen ungewöhnlichen Roman. Ich glaube, dies ist eines der Bücher, bei denen die Stimme, die das Hörbuch hinzugibt, das Ganze noch abrundet.

Dass dieser erfolgreiche niederländische Roman verfilmt wird, wundert mich nicht. Aber ich freue mich auf die Verfilmung – ich kann mir allein schon die Tischszenen sehr gut vorstellen! (Petra)

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Liebe Grüße,
Petra


Ich lese gerade: :lesen:
Rónán Hession - Leonhard und Paul (HC)
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Ich höre gerade: :kopfhoerer:
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