drüben im Hoerbuecher4um tauschen wir uns schon seit ein paar Tagen über "Die geheimen Tagebücher" von Samuel Pepys aus. Anlass war ein Hörbuch, das wenige Auszüge der Ausgabe enthält, die Roger Willemsen 2004 herausgegeben hat.
Mich interessieren die Tagebücher deshalb, weil sie Beobachtungen aus dem 17. Jahrhundert enthalten. Und zwar aus erster Hand. Und das auch noch mit Gewissheit sehr ehrlich. Denn Samuel Pepys wollte unbedingt verhindern, dass sie von jemandem (und von seiner Frau insbesondere) gelesen werden und verfasste sie in einer Geheimschrift. Erst gut 100 Jahre nach seinem Tod wurden sie entschlüsselt. Binchen ließ uns im Zuge unserer Diskussion im Hoerbuecher4um wissen, dass er gern in historischen Romanen als Quelle benutzt und benannt wird. Kann ich mir gut denken, denn das sind ja ganz ehrlich Beobachtungen aus erster Hand.
Binchen *liebwink* entfachte die Diskussion, da ihr einige Dinge in dem kurzen Hörbuch aufgestoßen waren. Wer die Diskussion ganz nachverfolgen möchte kann das hier tun: Diskussion im Hoerbuecher4um zu Samuel Pepys (Link führt zu der Seite in dem Thread, auf der der Austausch anfing.)
Damit aber auch die, die jetzt nicht die Diskussion nachlesen möchten wissen, was Binchen störte, hier ein Zitat von Binchen, das es ganz gut erklärt.
Binchen hat im Hoerbuecher4um geschrieben hat geschrieben:Der Pepys(zu der Zeit ca. 31 Jahre alt) nervt mich in der Hörversion, weil ich zwischen den Passagen, wo er gegessen hat und überlegt, wo seine Blähungen und Winde herkommen, die er in der Kutsche fahren lässt, und seinen Frauengeschichten und dem Streit mit seiner Frau, mir den Blick auf das verstellt, was ich von ihm erhofft hatte
- den Blick auf die Politik (muss nicht) und die Einstellungen der Zeit, für die er so gelobt wird. Die persönlichen Intrigen und die politischen Machenschaften, das tricksen, wer wann wen trifft, das ist nämlich hochinteressant, nur von den Passagen mit den körperlichen Befindlichkeiten und dem Abschluss der meisten Tage: Zu Bett - bin ich so genervt, dass ich dem Rest nicht mehr lauschen wollte, weil ich immer auf diese doofen Passagen fixiert bin.
Diese Passagen sollen in seinen Tagebucheinträgen auch immer wieder vorkommen. Maria *liebwink* schrieb dazu:
Maria hat im Hoerbuecher4um geschrieben hat geschrieben:Doch Pepys ist so ein Mensch, wenn er eine Situation schildert, dann ist sein Augenmerk erst auf die Kleidung seines Gegenübers gerichtet, das Essen, die Frauen usw. bevor er zu dem "weniger" wichtigen kommt, der politischen Situation. So ist er der gute Pepys *g*
Das Wörtchen WENIGER ist absichtlich in Hochkommata gesetzt. Denn natürlich wären die eigentlich wichtigen Dinge eben genau die, die Pepys dann erst an zweiter Stelle behandelt. Das als Erklärung. Das hat sich aus der Diskussion drüben im Hoerbuecher4um so erschlossen und ich fand es zur Erklärung des aus dem Zusammenhang gerissenen Zitats von Marias Posting jetzt wichtig.
Ich denke, dass ich Samuel Pepys Tagebücher lieber in Buchform kennenlernen möchte. Man kann - wenn es stört - die Stellen überspringen, die aus historischer Sicht eben nicht so interessant sind. Vielleicht unterscheiden sich die Ausgaben aber auch voneinander. Evenutell auch in diesem Punkt. Das würde mich interessieren, falls da einer was zu sagen kann.
Maria hat die Tagebücher von Samuel Pepys auch als Buch. Ich ging zunächst davon aus, dass es die Roger Willemsen-Ausgabe ist. Denn bei Amazon fand ich erst keine andere (ist Amazon schlechter geworden oder finde ich mich allein mit der Suchfunktion dort nicht mehr zurecht? Oder haben die gewisse Ausgaben gar nicht in ihrem Sortiment, die aber bei buecher.de z. B. enthalten sind? Ach doch... ich finde welche, aber nur wenn ich über den Autor gehe - das ist mir jetzt zu umständlich). Maria klärte inzwischen darüber auf, dass sie die viel ältere Reclam-Ausgabe hat. Und deutete auch an, dass Roger Willemsen in der von ihm herausgegebenen Ausgabe größeres Augenmerk auf Samuel Pepys amouröse Abenteuer legt als es in den anderen Ausgaben bisher der Fall war. Vielleicht legt er auch ein größeres Augenmerk auf die Stellen, die Binchen so stören (und mich sicher auch nicht brennend interessieren - ich möchte gern was über den Alltag und das Kulturleben und die politischen Themen von damals erfahren). Maria, kannst Du das einschätzen? Wäre das möglich? Oder kann dazu sonst hier jemand was sagen?
Auf jeden Fall wird beim nachforschen schnell klar, dass Roger Willemsen nicht sämtliche Tagebucheinträge hier veröffentlicht. Sondern eine sorgsam getroffene Auswahl.
Gern hätte ich gewusst, ob auch die anderen verfügbaren Ausgaben alle nur eine Auswahl veröffentlichen. Oder ob es eine Ausgabe gibt, die sämtliche Tagebucheinträge veröffentlicht. Folgende Ausgaben habe ich gefunden. Ich setze die Links zu buecher.de, da ich wie gesagt bei Amazon nicht so recht fündig wurde:
Eichborn (Hrsg. Roger Willemsen und Volker Kriegel, Übersetzer: Georg Deggerich, 411 Seiten)
Reclam (Übersetzer: Helmut Winter)
Insel (Hrsg. Anselm Schlösser, Übersetzerin: Jutta Schlösser, 706 Seiten)
Als zusätzliche Angabe bei der Reclam-Ausgabe steht, dass Helmut Winter auch die Einträge ausgewählt hat. Somit ist klar, dass sowohl in der Reclam-Ausgabe als auch in der Eichborn-Ausgabe eine AUSWAHL an Tagebucheinträgen veröffentlicht wurde. Nicht sicher bin ich mir bei der Insel-Ausgabe.
Maria, könntest Du vielleicht noch sagen wieviele Seiten Deine Reclam-Ausgabe hat? So kann man da vielleicht Rückschlüsse ziehen.
Außerdem hat Eichborn in 2007 noch zusätzlich Der erotische Pepys herausgebracht. Dass es sich hier um eine (240 Seiten umfassende) Auswahl handelt ist klar. Ebenso auf welches Thema sich diese Ausgabe (anscheinend völlig) konzentriert. Wollte ich hier der Vollständigkeit halber aber erwähnen.
Ich bin mir nun nicht sicher, welche Ausgabe ich für mich möchte. Vielleicht kann mir hier jemand helfen. Ich denke ich hätte gern eine Auswahl. Aber eine, die den größten Augenmerk auf die historisch interessanten Dinge legt (Alltagsbeschreibungen, Kultur, Politik). Falls eine der Ausgaben da besser geeignet scheint als andere, hätte ich das gern gewusst. Vielleicht könnt Ihr mit den Dingen, die IHR zu Samuel Pepys und der ein oder anderen Ausgabe wisst, bei meiner Entscheidung etwas helfen.
Denn Maria gab mir drüben noch einen Hinweis zu dem Buch, der mich davon überzeugt, dass das was für mich sein könnte: Die Tagebucheinträge eignen sich wunderbar zum immer wieder mal zwischendurch lesen. Als Nachttischbuch sozusagen. Auch wenn man immer nur sehr sporadisch darin lesen kann. Genau das kann ich zur Zeit gebrauchen, da ich gern ja wieder anfangen möchte zu Hause auch etwas zu lesen, aber immer nur ganz sporadisch dazu komme und dann auch immer nur kurz. Außerdem liebe ich Schilderungen aus der damaligen Zeit wenn sie aus erster Hand sind. Einen besseren Einblick in die vergangene Zeit kann uns kein Autor der Gegenwart geben, denke ich.