Hallo zusammen,
auf der Suche nach dem Uebersetzer der dem Hoerbuch "Grosse Erwartungen" zugrundeliegenden Uebersetzung [gelesen von Hans Paetsch] habe ich dieses Forum und den Thread zu Charles Dickens entdeckt.
Jetzt habe ich "Oliver Twist" und "Grosse Erwartungen" als Hoerbuecher [beide gelesen von Hans Paetsch] mir angehoert und moechte nun weitere Werke von Charles Dickens auch sehr gerne lesen.
Durch diesen Thread habe ich erfahren, dass die verschiedenen Uebersetzungen unterschiedlichen Kuerzungen unterzogen wurden. Bei "Grosse Erwartungen" hat mir die Sprache der Thanner'schen Uebersetzung ganz besonders gut gefallen und ich fand, dasss gerade auch die Dickens'sche Ironie hier besonders schoen zum Ausdruck gebracht wurde.
Nun habe ich gelesen, dass Dickens mit dem Vorwurf des Antisemitismus konfrontiert wurde. Diese Kritik wurde besonders an der Figur des Fagin in Oliver Twist festgemacht und fuehrte ja dann schliesslich auch dazu, dass der Film von David Lean [1948] in den USA verboten. In Deutschland durfte der Film, nach heftigen Protesten juedischer Organisationen, nur in einer geschnittenen Fassung gezeigt werden, der runde 20 Minuten zum Opfer fielen:
http://www.follow-me-now.de/html/body_o ... 1948_.htmlInzwischen habe ich beide Verfimungen von David Lean gesehen, "Geheimnisvolle Erbschaft" [1946] und "Oliver Twist" in einer restaurierten Fassung, in der alle geschnittenen Szenen wieder eingefuegt wurde, aber in der englischen Originalsprache und mit deutschen Untertiteln versehen.
Mich wuerde eure Meinung interssieren zum Vorwurf des Antisemitismus gegenueber Dickens und zur Frage der Zensur von Literatur generell.
Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang an das Maerchen der Brueder Grimm, "Der Jude im Dorn", das in der Ausgabe, die ich als Kind kennen- und lieben gelernt habe, enthalten war, in einer Auflage [die ich zu meiner grossen Freude antiquarisch gefunden habe] aber durch ein anderes Maerchen ersetzt wurde [ansonsten sind beide Ausgaben vollkommen identisch]. Zugegeben, ich habe das Maerchen geliebt, aber ich habe deswegen immer noch kein schlechtes Gewissen und bin deswegen trotzdem nicht zum Antisemiten geworden.
Meine persoenliche Meinung ist, dass die Zensur in den beiden erwaehnten Faellen nicht gerechtfertigt ist. Vertieft man sich in diese Thematik, muss man doch eigentlich zu dem Schluss gelangen, dass Schriften von Martin Luther konsequenterweise ebenfalls zu zensieren und ganze Passagen zu streichen waeren.
Noch eine Frage zu den Uebersetzungen. Wenn ich es richtig mitverfolgt habe, kann man mit den Meyrink-Uebersetzungen nicht viel falsch machen, auch im Hinblick auf die Frage der Kuerzungen. Die Sprache mag ich sehr gern. Die sechsbaendige Ausgabe, die im Verlag Zweitausendeins erschienen ist, waere somit ein guter Einstieg in die Literatur von Charles Dickens, die mich von den ersten Zeilen, die ich gelesen/gehoert habe, in ihren Bann geschlagen hat.
Freundliche Gruesse
Lilith
Zuletzt geändert von Lilywhite Lilith am So 20. Jan 2013, 18:38, insgesamt 1-mal geändert.