Vladimir Nabokov: König Dame Bube

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Re: Vladimir Nabokov: König Dame Bube

Beitragvon steffi » Di 8. Sep 2015, 17:21

JMaria hat geschrieben:Der wachsende Irrsinn in Martha und ihre Manipulation ist interessant zu verfolgen.

Ich komme zum 8. Kapitel


Das fasziniert mich auch ! Vorallem auch, wie die Psyche und der Körper zusammen ein Bild ergeben. Ich finde, Nabokov trennt und vereint das immer wieder. Über die Autos musste ich auch grinsen, ebenfalls über den Chauffeur, den Dreyer ja immer versucht zu überführen, dabei geht er immer so schüchtern vor, was zu ihm gar nicht passt. Allerdings, ob er eine starke Persönlichkeit ist, wird mir nicht ganz klar.

Ich komme ebenfalls zum 8. Kapitel.
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Re: Vladimir Nabokov: König Dame Bube

Beitragvon steffi » Fr 11. Sep 2015, 11:59

Nachdem eine zufällige Ermordung nicht geklappt hat, manifestieren sich die Mordgedanken immer mehr. Martha denkt an Gift und dann an Erschießen, was als ein reizvolles Gedankenspiel begonnen hat wird immer mehr zur Bessessenheit. Einziger unsicherer Faktor, so scheint es mir, ist Franz. Während es für Martha immer ernster wird, bleibt es für ihn ein Spiel.

Für mich stellt sich die Frage, woher das kommt: aus Langeweile, aus Manipulationslust ? Sie wird ja als sehr kühl geschildert, kommt hier ihre unterdrückte Emotionalität ans Licht ?
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Re: Vladimir Nabokov: König Dame Bube

Beitragvon JMaria » Mo 14. Sep 2015, 10:42

Hallo steffi,

bisher gefällt mir die Dreiecksgeschichte immer noch gut. Martha wirkt so gierig, was sich auch in ihrem Essverhalten zeigt, sie hat oft Hunger, Franz bemerkt ihre Gewichtszunahme und sie isst Leber. Sie verleibt sich ganz schön was rein.

Franz wirkt immer noch wie der "Bube" im Spiel. Ängstlich, triebhaft, unkontrolliert.

Kurt Dreyer ist ich-fixiert, sieht und registriert nur was er sehen möchte, wie es Könige wohl nachgesagt werden könnte. Der Einschub im Kapitel 9, wo Dreyer eine frühere Geliebte trifft, fand ich ziemlich erklärend. Die Geliebte riss für einen kurzen Moment die Maske von seinem Gesicht. Doch war diese Erklärung und diese Episode aus seiner Vergangenheit nötig? Die Charaktere erklären sich doch selbst.

Ein seltsamer Einschub. Wie fandst du den Beginn vom 9. Kapitel? Auch eine Verschachtelung mit dem Titel des Buches "König Dame Bube" kommt vor als Erwähnung, dass es verfilmt werden soll. Verwirrend fand ich das.

Ich stecke noch im 9. Kapitel.
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Re: Vladimir Nabokov: König Dame Bube

Beitragvon JMaria » Fr 18. Sep 2015, 16:04

Hallo steffi,

die Automannequins sind ja bizarr :mrgreen:
aber erinnern mich daran, dass auch Franz anfängt automatisch zu reagieren, ich denke da an die Tanzstunden und die Tänze im Cafe. Er ist im Moment auch nicht mehr als ein Automannequin. Martha gibt die Anweisung wo er den Fuß setzen muss und zugleich redet sie über den Mordplan.

mir gefällt besonders, dass die sorgfältige Planung der Beiden bisher nichts bringt, ob Gift oder Schusswaffe, es erscheint am Ende doch lächerlich oder der Zufall stößt alles um. Beinahe hätte Dreyer seine Gattin in Franz' Wohnung erwischt. Das hatte was Slapstick artiges.

Ich komme zum 12. Kapitel


Hier noch eine Aussage Nabokovs aus "Erinnerung, sprich", das in der Biographie "Die russischen Jahre" erwähnt wird. Er sagt über sich....

Der ganze Weltraum, die ganze Zeit muß an meinem Gefühl teilhaben, an meiner sterblichen Liebe, so daß ihrer Vergänglichkeit die Spitze genommen wird und ich eher imstande bin, gegen die tiefe Erniedrigung, gegen die Lächerlichkeit und Entsetzlichkeit der Einsicht anzukämpfen, in einem endlichen Leben eine Unendlichkeit an Fühlen und Denken hervorgebracht zu haben.
Schöne Grüße, Maria
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Re: Vladimir Nabokov: König Dame Bube

Beitragvon steffi » Sa 19. Sep 2015, 15:21

JMaria hat geschrieben:Hallo steffi,

die Automannequins sind ja bizarr :mrgreen:
aber erinnern mich daran, dass auch Franz anfängt automatisch zu reagieren, ich denke da an die Tanzstunden und die Tänze im Cafe. Er ist im Moment auch nicht mehr als ein Automannequin.


Guter Gedanke, darauf bin ich noch gar nicht gekommen ! Ich war ja auch gespannt, was für eine Erfindung da wohl rauskommt :mrgreen:


Ein seltsamer Einschub. Wie fandst du den Beginn vom 9. Kapitel? Auch eine Verschachtelung mit dem Titel des Buches "König Dame Bube" kommt vor als Erwähnung, dass es verfilmt werden soll. Verwirrend fand ich das.


Ich überlege die ganze Zeit, woran mich das erinnert. Ulysses ? Auf jeden Fall geht es in Richtung innerer Monolog, dazu kommen aber die Personifizierungen und noch unterschiedliche Erzählhaltungen. Ich finds großartig, wie unerwartet Nabokov das einschiebt.
Gruss von Steffi

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Re: Vladimir Nabokov: König Dame Bube

Beitragvon JMaria » Mo 21. Sep 2015, 11:37

steffi hat geschrieben:
JMaria hat geschrieben:
Ich überlege die ganze Zeit, woran mich das erinnert. Ulysses ? Auf jeden Fall geht es in Richtung innerer Monolog, dazu kommen aber die Personifizierungen und noch unterschiedliche Erzählhaltungen. Ich finds großartig, wie unerwartet Nabokov das einschiebt.



Da hast du recht, das gibt dem Roman eine ganz eigene Stimme oder Rhythmus.
Und wenn Nabokov anfängt etwas zu beschreiben, eine Landschaft, dann könnte man direkt ein Bild dazu malen.

Kapitel 12
Die Hauptsache war natürlich das Meer; graublau, mit flirrendem Horizont und unmittelbar darüber eine Reihe von Wölkchen, die im Gänsemarsch dahinglitten wie auf geraden Geleisen, alle gleich, alle im Profil. Als nächstes kam der Bogen des Badestrandes mit seinem Heer gestreifter kabinenähnlicher Badezelte, besonders dicht am Fuß der Mole zusammengedrängt, die sich inmitten eines Schwarms von Leihruderbootenn weit hinaus streckte. ...


Wie aus einem Bild von Monet beschrieben.

Aber dann...

entlang der Landseite des Strandes lief eine gepflasterte Promenade, die von Akazien gesäumt war, auf deren schwarzen Stämme nach dem Regen Schnecken zum Leben erwachten und aus ihren runden Gehäusen ein Paar empfindlicher gelber kleiner Hörner hervorstreckten, die Franzens nicht minder empfindlichem Fleisch eine Gänsehaut verursachten....


zweimal wird hier die Natur auf ganz unterschiedliche Weise beschrieben. Im zweiten Teil durchaus dass die Schnecke sich vor dem Regen rettet.

Ob das bereits eine Deutung auf den weiteren Verlauf der Geschichte sein könnte?
Ich finde es jedenfalls toll beschrieben.
Schöne Grüße, Maria
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Re: Vladimir Nabokov: König Dame Bube

Beitragvon steffi » Mo 28. Sep 2015, 13:02

Ich habe den Roman beendet.

Das Ende empfand ich als sehr überraschend, aber passend. Die kleinen Ironiespitzen während der gesamten Handlung bekommen da nochmals die richtige Wirkung !

Weiter will ich noch nichts schreiben, bis du soweit bist. Eine ganz tolle Geschichte und ein so leichter und doch eleganter Schreibstil, ich werde sicher bald wieder was von Nabokov lesen.
Gruss von Steffi

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Re: Vladimir Nabokov: König Dame Bube

Beitragvon JMaria » Mo 28. Sep 2015, 13:07

Hallo Steffi,

ich bin auch durch, du darfst also gerne berichten.
Damit hast du recht, dass Nabokov einen eleganten Stil besitzt.

Für mich kam das Ende überraschend schnell, aber dennoch passend. Viele kleine Details gibt es auf den letzten Seiten, z.b. Franzens Kauf einer Hose obwohl Martha krank daniederlag.

Das Ehepaar Nabokov hätte ich nicht als solche erkannt.
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Re: Vladimir Nabokov: König Dame Bube

Beitragvon JMaria » Mo 28. Sep 2015, 15:46

Steffi hat geschrieben:Kurios finde ich irgendwie, dass König Dame Bube auf Russisch im Jahr 1928 erschienen ist, dann 1930 auf deutsch. Die Rowohltausgabe ist aber eine Übersetzung der englischen Ausgabe von 1968, die (von Nabokovs Sohn ?) umfangreich bearbeitet wurde.



Im Anhang werden die Stellen, früher Text (1928) und bearbeiteter Text (1968), parallel zueinander vorgestellt. Diese hat Vladimir Nabokov wohl selbst verbessert um seinen Figuren eine Tiefe zu geben, sein Sohn Dmitri Nabokov hat es in Zusammenarbeit mit ihm dann übersetzt ins Englische. So habe ich das verstanden.
Schöne Grüße, Maria
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Re: Vladimir Nabokov: König Dame Bube

Beitragvon steffi » Mo 19. Okt 2015, 12:42

Ja, so hab ich das auch verstanden !

Hm, jetzt ists ja schon ein Weilchen her und ich muss noch mal überlegen, was ich schreiben wollte.

Zum einen findet sich hier auch wieder (wie in Lolita) das sexuelle Abhängigkeitsmotiv. Franz ist dadurch leicht manipulierbar und verliert mit der Zeit seine Menschlichkeit. Während des Endes beschäftigt er sich z.B. mit dem Kauf der Knickerbocker. Nabokov scheint mir, schreibt das mit einer gewissen Ironie aber durch das Doppelgängermotiv der Automaten (es sind ja ebenfalls drei) und dem Hauswirt kommt hier auch viel Surreales durch.

Besonders gefallen hat mir auch, dass keiner der Charaktere wirklich liebenswert ist. :mrgreen:
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