Thomas Hardy: Herzen im Aufruhr

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Re: Thomas Hardy: Herzen im Aufruhr

Beitragvon Barbara » Do 17. Sep 2015, 13:52

Bin jetzt auch schon auf Seite 337 und eben in Aldbrickham angekommen. :P
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Re: Thomas Hardy: Herzen im Aufruhr

Beitragvon Barbara » Do 17. Sep 2015, 19:59

Liebe Didonia,

Du musst Dir keine Gedanken machen. Ich stehe vor den Toren von Chrisminster und damit dem letzten Teil des Buches. Ich bin auf Seite 420.

Erstaunlich wie detailliert, scharfsinnig und gleichsam analytisch Hardy die Ehe und das Nicht-Heiraten beschreibt. Erschreckend wie aktuell seine Gedanken noch heute sein können.
Wirklich viel hat sich in den 120 Jahren nicht verändert, was die Einstellungen und Gedanken bezüglich des Heiratens und den Verlauf einer Ehe hinsichtlich der Gefühle betrifft.

Auch heute noch gibt es solche Verläufe in Ehen; und nicht gerade wenige.
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Re: Thomas Hardy: Herzen im Aufruhr

Beitragvon Didonia » Do 17. Sep 2015, 21:52

Na, das war ja jetzt ein Sprung, liebe Barbara.

Mir tut der Phillotson leid. Da springt er über seinen Schatten bzw. findet es auch sehr moralisch, seine Frau freizugeben. Und wird dann von der Gesellschaft so geächtet. - Das war für mich jetzt neu. Bisher dachte ich immer, nur die Frauen haben es schwer gehabt, wenn sie gegen den Strom schwimmen.

Weißt Du, Barbara, wenn ich mir die Scheidungsquote so anschaue heute, dann kann ich mir kaum vorstellen, dass es vielen so schlimm vorkommt. Trennungen geschehen heutzutage doch viel schneller und einfacher. Vor allem auch gesetzlich einfacher. Und geschiedene Menschen sind gesellschaftlich auch nicht mehr geächtet, verlieren deswegen nicht ihren Job.

Ich glaube nicht, dass es heute noch viele solcher Frauen wie Sue gibt, die sich über die Ehe so viele Gedanken machen. Oder darüber, dass sie ihren Partner jetzt ihr ganzes Leben lang lieben müssen. Das spielt ja bei Sue die größte Rolle. Dass man in der Ehe gezwungen ist, den Partner zu lieben und dass das dann die Liebe tötet.
Lesende Grüße, Anne

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Re: Thomas Hardy: Herzen im Aufruhr

Beitragvon Barbara » Fr 18. Sep 2015, 06:37

Liebe Didonia,

ja, ich konnte mal ein bisschen dran bleiben. :P

Das was Du schreibst stimmt schon gewisser Maßen. Ich schätze, es gibt auch hier, wie in vielen anderen Bereichen, mehr Ausschläge ins "Extrem". Das Mittelfeld wird geringer.

Einerseits gibt es diejenigen, die zu schnell gehen und sich keine Gedanken machen. Und diejenigen, die sich quälen und nur schwer einen Weg aus einer einmal eingegangen Ehe finden.
Egal ob Männer oder Frauen arrangieren sie sich oft zu sehr, manchmal viel zu lange mit ihren Situationen und sind dabei leider nicht immer zufrieden, geschweigedenn glücklich. Und irgendwann gehen sie dann doch.

Ich finde, jeder Mensch muss die Chance haben aus einen Leben gehen zu dürfen, in das man nicht mehr gehört. Für mich ist aber wichtig, dass der Weg sauber und respektvoll gegangen wird. Man hat auch die Pflicht dem anderen gegenüber und da muss man dann auch manchmal gehen, wenn man weiß, dass das Gegenüber nicht mehr in der Lage sein wird, einen glücklich zu machen. Dann muss auch der anderen Person die Chance geben, nochmals Glück zu finden.
Selbst wenn sie, wie Phillotson den Gehenden noch lieben. Aber auch sie würden nur noch unglücklich mit ihm werden, das sie kaum noch eine Chance bekämen, ihn glücklich zu machen.

Was Sue und ihre Überlegungen angeht, müssten sich in der Tat viel mehr Menschen ihre Gedanken machen, oder wenn sie sich kaum Gedanken machten, so doch auf ihr Bauchgefühl achten, wenn es sich meldet.

Das Philloston von der Gesellschaft geächtet wird, ist traurig, aber so ist die Gesellschaft oft. Sie regt sich in solchen Fällen immer zu viel auf und maßt sich Urteile an, die ihr nicht zustehen, obwohl sie in der Regel die wahren Hintergründe kaum/nicht kennt.
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Re: Thomas Hardy: Herzen im Aufruhr

Beitragvon Didonia » Fr 18. Sep 2015, 09:53

Moin, liebe Barbara,

Du hast es auf den Punkt gebracht.

Nun sind die Kinder tot. Das war die Stelle, vor der ich ein wenig Angst hatte. An die ich mich aus dem Film erinnere. Ich hatte aber nicht in Erinnerung, dass es gleich alle Kinder betrifft. Ist das nicht Wahnsinn, was der Junge gemacht hat? Und irgendwie unverantwortlich von Sue, mit ihm wie mit einem Erwachsenen zu reden.
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Re: Thomas Hardy: Herzen im Aufruhr

Beitragvon Barbara » Fr 18. Sep 2015, 13:25

Liebe Didonia,

ich bin jetzt fertig mit dem Buch.

Es ist schon ein Buch, dass du erst mal sacken lassen musst und dessen Inhalt dich nicht so schnell wieder loslassen wird.

Grausam die Szene des Kindsmords. Wirklich nur grausam, auch die Tatsache, wie Du schon schriebst, wie Sue mit dem kleinen Gnom (allein schon diese Bezeichnung für ein Kind) spricht. Das erstaunte mich sehr, war sie doch im Grunde mal geneigt Lehrerin zu werden.

Für mich zeigt das Buch jedoch genau das, was ich immer schon für mich erkannt habe: Du kannst im Leben noch so ehrenhaft, rücksichtsvoll, anständig und gesellschaftstreu leben und denken. Wenn man jedoch gegen sein Herz (und hier meine ich ehrliche, aufrichtige und "saubere" Gefühle) handelt, wird man früher oder später daran zugrunde gehen.
Dein Geist und auch Dein Handeln lassen sich problemlos instrumentalisieren, aber nicht das Herz. Es ist das Organ im Menschen, dass immer authentisch bleibt.

Und das ist auch gut so, denn es hat in gewisser Weise auch eine regulative Funktion für das eigeene Denken, Fühlen und Handeln.

Im Verlauf des Buches dachte ich, dass es mit Sicherheit nicht mein Lieblingsbuch von ihm werden wird. Jetzt, da ich fertig bin, muss ich dies revidieren. Es ist in vielerlei Hinsicht ein ganz erstaunliches Buch, das auch in seiner sprachlichen Klarheit und großen Nüchternheit und Kargheit ganz besonders ist.
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Re: Thomas Hardy: Herzen im Aufruhr

Beitragvon Didonia » Fr 18. Sep 2015, 16:25

Liebe Barbara,

ich bin auch heute Vormittag fertig geworden. Nach gut einer Stunde, ich hatte noch etwas Zeit, bevor ich ins Büro musste, wollte ich noch ein neues Buch beginnen. Aber das ging einfach nicht.
Selbst hier bei der Arbeit wandern meine Gedanken immer wieder zu den beiden.
Meinst Du wirklich, die letzte Entscheidung von Sue, wieder zu Phillotson zurückzukehren, hatte was mit ihrem herzen zu tun? Ich denke eher, das war eine Schockreaktion. Denn geliebt hat sie Richard auch jetzt nicht.
Und wenn Judas nicht gestorben wäre, wer weiß, wie das mit ihnen weitergegangen wäre.
Lesende Grüße, Anne

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Re: Thomas Hardy: Herzen im Aufruhr

Beitragvon Barbara » So 20. Sep 2015, 14:59

Liebe Didonia,

Nein, so meinte ich das nicht. Wenn es so rüberkam, dann habe ich mich missverständlichausgedrückt. Ich bezog meine Schlussfolgerungen nicht auf den Rükgang zu Richard, sondern auf das sich Abwenden von Juda, ihrer Liebe des Lebens. Und genau das ist ja der Grund für den emotionalen Untergang beider. Das Herz wird diese Liebe nie aufgeben können, auch wenn man dagegen denkt und handelt. Genau daran gehen beide menschlich zu Grunde.

Ich fand die Wahl der Charakteren noch sehr interessant und geschickt gewählt. Die beiden Protagonisten sind für mich so gewählt und charakterisiert, dass die beiden Möglichkeiten der Herangehens- und Umgehensweise mit der Situation gegenübergestellt werden:
Juda, der seinem Herzen folgt, trotz des Wissens um die Hürden und Schwierigkeiten. Und Sue, die versucht gegen ihr Herz zu handeln. Sprich Herz und Kopf stehen im Diskurs miteinander. Genau dies sind in solchen Fällen doch auch immer die beiden inneren Stimmen die man tief in sich hört.

Wenn Juda nicht gestorben wäre, wäre es sicherlich genau so weitergegangen, da die Intention des Romans, denke ich, auf diesen Diskurs und dessen Darstellungsweise hin abzielt. Daher hätte es keine einvernehmliche und glückliche Lösunge geben dürfen und hätte es auch nicht gegeben können.
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Re: Thomas Hardy: Herzen im Aufruhr

Beitragvon Didonia » Mi 23. Sep 2015, 09:03

Liebe Barbara,

das ist ein wunderbarer Abschluss, den Du geschrieben hasst.

Mir hat es Spaß gemacht, das Buch mit Dir zu lesen. Nachdem ich bei der Runde mit Petra schon mal abgesprungen bin, war das meine erste Runde. Ich danke Dir :)
Lesende Grüße, Anne

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Re: Thomas Hardy: Herzen im Aufruhr

Beitragvon Barbara » Mi 23. Sep 2015, 12:37

Oh liebe Didonia,

ganz lieben Dank! :P
Auch ich danke Dir für den Austausch.

Ich habe auch sehr gerne mit Dir gelesen, hatte zwischenzeitlich jedoch ein schlechtes Gewissen, weil ich dachte, dass ich mich zu wenig melde. Normalerweise bin ich im Austausch redseliger, aber die Zeit... Du kennst das ja. Manchmal kriegt man nicht so viel hin, wie man möchte.
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