Sylvia Kling: AusGeatmet

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Sylvia Kling: AusGeatmet

Beitragvon Didonia » Mi 4. Mai 2016, 12:56

Das Gedichtelesen wurde mir in der Schule kräftig verleidet. Was mussten wir sie auseinandernehmen, ja gar sezieren. Was wollte der Dichter uns damit sagen? Diese Frage habe ich nie verstanden. Woher soll ich wissen, was in einem Dichter oder einem Schriftsteller vorgeht, wenn er sein Werk schreibt?
Mir hätte die Frage besser gefallen: Was sagt Dir dieses Gedicht. Was liest Du dort für dich raus?

Nun also mein erstes Gedichte-Buch. Mit ein bisschen Bammel bin ich da ja rangegangen. Werde ich die Verse alle verstehen? Aber selbst, wenn nicht, was macht es? Es ist keiner da, der fragt: Was wollte dir Sylvia Kling damit sagen?

Und doch fühle ich mich bei vielen ihrer Gedichte angesprochen. Zum Beispiel bei den DDR-Erinnerungen in Das Haus. Obwohl meine Heimat weiter nördlich liegt, hat es mich gleich in die Altstadt von Rostock verschlagen.

Oder ein wunderschönes Liebesgedicht. Sylvia Kling hat mir gestattet, ein Gedicht zu zitieren und das stelle ich euch hier vor:

Bist Du nicht bei mir

Bist Du nicht bei mir
atmet die Luft sich schwer,
unbarmherzig treibe ich,
fühlt mein Leibe sich leer

Bist Du nicht bei mir,
so im Trübsinn ich bade,
wie flügellahm krächze
im Nebelgeschwade

Bist Du nicht bei mir,
bin ich ziellos auf Reise
und in Vollkommenheit
ist dieses Fühlen. So weise.



Das ist so wunderschön und hat mich sofort gepackt.

Die Themen, die Sylvia Kling in ihrem Gedichtbuch anspricht, sind breit gefächert: Liebe, Sehnsucht, Natur, Heimat, Politik, Menschlichkeit, Verzweiflung, Hoffnung.

Ich bin aber auch so ehrlich, zu sagen, dass ich zu einigen der Verse keinen Zugang fand. Mir lagen eher die Gedichte, in denen mir kleine Geschichten geboten wurden. Sylvia Kling weiß sicher, was ich damit meine.

Gespickt ist das Büchlein mit wundervoll passenden Illustrationen von Khalid Aouga.

Zum Schluss noch etwas Positives: Ich lese ja nicht im Bett, da schlafe ich immer ruck zuck ein. Aber dieses Büchlein findet heute seinen Platz auf meinem Nachttisch. Da ich es innerhalb von drei Tagen recht schnell durchgelesen habe, gönne ich mir die nächste Zeit jeden Abend ein Gedicht vorm Einschlafen.
Lesende Grüße, Anne

Denn ich, ohne Bücher, bin nicht ich. - Christa Wolf
DDR-Literatur
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