Leseerlebnisse 2017.... Ich lese gerade...

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Re: Leseerlebnisse 2017.... Ich lese gerade...

Beitragvon Didonia » Do 20. Apr 2017, 13:27

JMaria hat geschrieben:
@Didonia
Hoffnungsland von Kristín Steinsdóttir
zeigt bestimmt einen interessanten Einblick in die Gesellschaft Island des 19. Jahrhundert.


Da hast Du recht, Maria. Das scheint eine tolle Autorin zu sein. Ich habe mir schon ein anderes Buch (Im Schatten des Vogels) von ihr besorgt.
Ich schreib noch eine kleine Rezi dazu.
Lesende Grüße, Anne

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Re: Leseerlebnisse 2017.... Ich lese gerade...

Beitragvon Petra » Do 20. Apr 2017, 15:55

Hallo zusammen,

ein Viertel des dicken Wälzers liegt nun hinter mir. Und ich stimme Shaftoe zu: "Das kalte Blut" entwickelt einen ungeheuren Lesesog.

Ausschlaggebend dafür, dass er sich so süffig liest, und auch dafür, dass man über diese schrecklichsten Taten halbwegs unbeschadet lesen kann, ist der Humor, mit dem diese Familiengeschichte aus der Sicht Koja (Konstantin) Solms erzählt wird. Wohlgemerkt dem Humor eines Verzweifelten. Denn anders als sein Bruder (Hubert Solm) wird Koja hineingezogen in die Täterschaft. Was ihn nicht weniger schuldig macht.

Kraus soll über seinen eigenen Roman gesagt haben, dass er in gewisser Weise eine Persiflage eines Entwicklungsromans sei. Denn anders als in einem Entwicklungsroman üblich findet sich die Hauptfigur (Koja) nicht, sondern sie verliert sich, so meint Kraus. Aber eine Entwicklung ist das allemal. Und eine nachvollziehbare. Vielleicht nicht in der (schelmenhaften) Art wie sie erzählt wird, aber in der Art wie Koja zum (Mit-)Täter wird. Wie so viele andere auch. Und darum ging es Chris Kraus u. a.: Zu ergründen wie die Menschen zu (Mit-)Tätern werden konnten (wie auch Kraus' eigener Großvater).

Davon bekommt man eine starke Idee beim lesen. Ich bin Chris Kraus für die ironisch, sarkastische und vielleicht auch satirische Art diese Ungeheuerlichkeiten (von denen wir alle wissen, und die uns doch immer wieder schier entsetzen, wenn wir uns damit auseinandersetzen) zu erzählen sehr dankbar. Denn diese Art ermöglicht dem Leser alles mit ein bisschen Abstand zu durchleben.

Bisher habe ich zu dem Thema nur Bücher gelesen, die von Schriftstellern geschrieben wurden, die ganz unmittelbar diese Zeit miterlebt haben (wie z. B. "Nackt unter Wölfen" von Bruno Apitz - dieser war zwar noch ein Baby, aber der Abstand zu dieser, seiner eigenen Geschichte, fehlt natürlich dennoch, "Jeder stirbt für sich allein" von Hans Fallada oder zuletzt auch "Suite française" von Irène Némirovsky). Einen Abstand beim Lesen konnte ich dort weniger wahren, als es mir hier gelingt. Beides hat seinen Reiz. Ohne den Abstand kommt man noch näher heran. Mit dem Abstand ist es erträglicher, und nicht weniger wahrhaftig.

Ich bin sehr gespannt darauf wie es weiter geht, und auch auf den Blick den Chris Kraus auf die Nachkriegszeit richten wird, und die Tatsache dass viele Nationalsozialisten und Mitläufer Karriere in der neuen Bundesrepublik gemacht haben, wie in diesem Roman die Brüder Solm beim BND etc..

In der Handlung befinde ich mich im Jahr 1942. Inzwischen hat Koja das erste Mal selbst getötet, gezwungener Maßen, denn wäre er seinem natürlichen Instinkt gefolgt wegzurennen anstatt selbst Täter zu werden, hätte er mit dem eigenen Leben bezahlt. Eine Schlüsselszene wie ich vermute. Denn er hat damit vermutlich eine Grenze/Hemmschwelle durchbrochen.

Shaftoe, an der Stelle abermals Danke fürs aufmerksam machen auf das Buch!

@Ina und Didonia: Sehr schöne Leseerlebnisse, ich habe Eure Berichte genossen.

Ina, auf "Die Falle" bin ich schon mehrmals aufmerksam geworden, durch Dich nun ein weiteres mal. Ich habe ihn nun als Hörbuch auf meinen Merkzettel bei Audible gepackt.

Was mich besonders freut ist, dass Du Dir dies Jahr die Zeit zum Lesen (und berichten - hab Dank!) nimmst. Mir geht es dies Jahr auch so, dass ich das Lesen wieder in mein Leben integrieren konnte (gesundheitlich, aber auch zeitlich habe ich mir Räume geschaffen), und weiß welche Freude es ist, wenn man sich das Lesen zurückerobert hat. Genieße es! :umarmung:

Ich bin gespannt mit was Du weiter machst, wo Du den Zugang zu "Meine geniale Freundin" gerade nicht findest.
Liebe Grüße,
Petra


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Re: Leseerlebnisse 2017.... Ich lese gerade...

Beitragvon Ina » Do 20. Apr 2017, 18:37

@ JMaria Es freut mich, dass das Buch auf deinem Wunschzettel gelandet ist, hoffentlich kannst du es genauso genießen wie ich.

@Petra Deine Frage kann ich schon beantworten, ich habe mich für Bühlerhöhe von Brigitte Glaser entschieden. Es spielt vor dem Hintergrund des im September 1952 in Luxemburg, durch Konrad Adenauer, unterschriebenen Abkommens über Entschädigungsleistungen durch die noch sehr junge Bundesrepublik. Rosa Silbermann reist aus Israel in das vornehme Hotel Bühlerhöhe im Schwarzwald. Sie soll Bundeskanzler Konrad Adenauer beschützen, da ein Attentat befürchtet wird. Das Buch ist eine Mischung aus Fiktion und Geschichte. Nach den ersten Seiten gefällt es mir wirklich gut und ich bin gespannt, wie es weitergeht.
Liebe Grüße
Ina

Beim Lesen können wir an viele Orte reisen, vielen Menschen begegnen und die Welt besser verstehen.
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Re: Leseerlebnisse 2017.... Ich lese gerade...

Beitragvon Petra » Fr 21. Apr 2017, 14:40

Hallo Ina,

uhi, da hast Du Dir aber was tolles rausgesucht, ich bin begeistert! :cheerleader:

Ich wäre sehr interessiert an Deinen weiteren Eindrücken zu "Bühlerhöhe". Das Hörbuch (leider gekürzt) steht auf meinem Audible-Wunschzettel. Thematisch würde es zu meinem jetztigen Buch ("Das kalte Blut") in gewisser Weise passen, da auch da (im späteren Teil, da bin ich noch nicht) einiges aus der Geschichte der damals noch jungen Bundesrepublik erzählt wird.

Dass Dein erster Eindruck schon mal ein guter ist, ist vielversprechend! Viel Spaß beim lesen.
Liebe Grüße,
Petra


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Re: Leseerlebnisse 2017.... Ich lese gerade...

Beitragvon Kessy » Fr 21. Apr 2017, 16:43

Vor kurzem habe ich noch den Thriller "Insomina" von J. Hoffman verschlungen und konnte ihn kaum aus der Hand legen. Nun bin ich bei meinem nächsten dicken Wälzer angekommen. "Ein wenig Leben" von Hanya Yanagihara. Bis jetzt( Seite 151/1000) sehr gut zu lesen.
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Re: Leseerlebnisse 2017.... Ich lese gerade...

Beitragvon Petra » Sa 22. Apr 2017, 13:37

Uhi, Kessy, toll! Ich bin sehr interessiert an Deinen Eindrücken zu "Ein wenig Leben" von Hanya Yanagihara. Ich hoffe Du berichtest.

Eine neue Parallellektüre musste her, nachdem ich gestern den (hochamüsanten) Brenner-Krimi beendet habe. Ich habe mich für das kürzlich erworbene ebook "Das Haus des Windes" von Louise Erdrich entschieden. Habe mich gleich ganz wunderbar festgelesen.
Liebe Grüße,
Petra


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Re: Leseerlebnisse 2017.... Ich lese gerade...

Beitragvon Kessy » Sa 22. Apr 2017, 13:48

Mir wurde gesagt, das es kein buch ist, was man mal eben so weg liest. Und dem kann ich zustimmen. Teilweise habe ich das Buch auch erstmal zur Seite legen müssen, um das gelesene dann sacken zu lassen.
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Re: Leseerlebnisse 2017.... Ich lese gerade...

Beitragvon Trixie » Di 25. Apr 2017, 16:30

Hallo alle,

mir war mal wieder nach einem richtig klassischen Kriminalroman, daher habe ich zu einer Philo-Vance-Geschichte von S. S. Van Dine im Original gegriffen: The Garden Murder Case. Er gehört zu jenen Romanen des Autors, die ins Deutsche zwar schon in den 1930ern übersetzt wurden, damals unter dem Titel Mordakte Swift, seitdem aber offenbar nur noch einmal in den 1970ern. Aktuell gibt es jedenfalls keine verfügbare Version, und schon gar nicht hat er es in die Dumont-Kriminalbibliothek geschafft. Und nach den ersten drei Kapiteln war mir schon ziemlich klar, warum.

Ich habe ja schon einige Philo-Vance-Krimis gelesen und mir oft genug mit ihnen schwergetan, teils wegen den Eigenarten des Autors (Kommentare, Fußnoten, langatmige Abschweifungen zu nebensächlichen Themen, geradezu wissenschaftliche Abhandlungen usw.), teils aber auch wegen der gewöhnungsbedürftigen Art seines Protagonisten Vance, die einen oft genug beim Lesen aus Frustration (oder Langeweile)- die Wände hochgehen lassen könnte. Aber in The Garden Murder Case treibt es Van Dine wirklich erst mal an die äußerste Grenze der Geduld.

Ein mysteriöser Anruf lockt Vance in die Penthouse-Wohnung von Professor Gardner, einem Bekannten, dessen Sohn und Neffe sich dort regelmäßig mit einer Gruppe von weiteren Anhängern des Pferderennsports zu hohen Wetten treffen. An diesem Tag schließt Gardners Neffe Woode Swift eine geradezu wahnwitzig hohe Wette ab. Doch das Rennen nimmt nicht den erhofften Ausgang - und kurz darauf findet die Gesellschaft auf der Dachterrasse der Wohnung Swift mit einem Schuß durch den Kopf wieder. Für alle ist es selbstverständlich Selbstmord, nur nicht für Vance, der schon nach dem ersten Blick auf das Opfer weiß, daß es sich um Mord handelt.

Das ist soweit der Inhalt bis Kapitel vier, aber es war ein richtiger Kampf, es bis hierher zu schaffen. Ganze zwei lange Kapitel geht es nämlich fast nur um Unterhaltungen zum Pferdesport, diversen (realen oder fiktiven) Rennpferden der Zeit, ihren Werdegang, das Abschneiden bei berühmten Rennen, Handicaps, Quoten... Für alle Leser mit einem gewissen Faible für den Rennsport ganz nette (wenn auch vermutlich überflüssige) Einzelheiten, für alle anderen Leser eher ...gähn... Denn ich glaube nicht einmal, daß alle diese Informationen in irgendeiner Weise für die Aufklärung des Mordfalles erheblich sein werden.
Jedenfalls hoffe ich, daß ich diese wirklich trockene Phase des Krimis hinter mir habe und es von nun an etwas spannender zugeht, denn an sich mag ich die Fälle, die Van Dine in seinen Romanen konstruiert...

Gruß,
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Re: Leseerlebnisse 2017.... Ich lese gerade...

Beitragvon JMaria » Di 25. Apr 2017, 18:28

@Trixie,

Für alle Leser mit einem gewissen Faible für den Rennsport ganz nette (wenn auch vermutlich überflüssige) Einzelheiten, für alle anderen Leser eher ...gähn... Denn ich glaube nicht einmal, daß alle diese Informationen in irgendeiner Weise für die Aufklärung des Mordfalles erheblich sein werden.



:kichern:
Dann hoffe ich mal für dich, dass es besser wird !
Schöne Grüße, Maria
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Re: Leseerlebnisse 2017.... Ich lese gerade...

Beitragvon JMaria » Di 25. Apr 2017, 18:45

Ich lese zur Zeit "Maria Theresia" von Barbara Stollberg-Rilinger, und es entwickelt sich zu einem Jahres-Highlight.

Wie Europa untereinander verschachert wurde, auch noch nach dem Erbfolgekrieg, und wie Europa sich veränderte, wie sich Maria Theresia darin platziert, .. Die Kaiserin in ihrer Zeit... ist großartig beschrieben.

https://www.amazon.de/Maria-Theresia-Ka ... a+Theresia

Es ist frei von hagiographischen Zügen und zeigt eine Matriarchin von äußerstem Pflichtbewusstsein, die sich selbst ebenso wie ihre Familie und ihre Untertanen einem strengen Regiment unterwarf.



Barbara Stollberg-Rilingers Biographie über Maria Theresia wurde 2017 mit dem Preis der Leipziger Buchmesse in der Sparte „Sachbuch/Essayistik“ ausgezeichnet.
Schöne Grüße, Maria
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