steffi hat geschrieben:@JMaria: Was macht der Franzobel ?
Er macht sich sehr gut. Aber ich schätze mal, die Ansicht zum Buch steht und fällt mit dem Erzähler im Buch, denn ich kann mir vorstellen, dass dieser Erzählstil, nicht jedem gefällt.
Auf der einen Seite gibt der Erzähler vieles preis, was der Leser durchaus selbst entdecken könnte, doch andererseits ein toller Kniff um aus der historischen Geschichte, die 1816 wirklich geschah, den Leser subtil in die Gegenwart zu bringen, oft auf ironischer Weise (wenn er sagt, dass der Kapitän kein Jean Marais ist..), allerdings nie mit erhobenen Zeigefinger. Und man erinnert sich unwillkürlich, dass auch heute noch viel zuviele Menschen als Schiffbrüchige auf dem Meer umkommen.
In Extremsituationen bleibt nicht viel übrig an Humanität.
Franzobels Stil ist echt vom Feinsten. Auch wenn er den einfachen Seemann sprechen lässt, verfällt er nicht in einen einfachen Dialekt, sondern benutzt einen Trick der Wiederholung. Ganz toll gemacht. In dieser Art....
Hast du sie gesehen? Hast du?....
Wirst sehen, das gibt Ärger, gibt es...
Der wird sich nicht durchsetzen, wird er nicht...
So einer kann sich stundenlang im Spiegel bewundern, aber er kann kein Schiff führen, kann er nicht.
Noch ein Beispiel für das transportieren des Themas in die Gegenwart:
Etwas ist eigenartig, die großen Katastrophen geschehen oft im Verborgenen. Wie bei den Konzentrationslagern, Völkermorden, Foltergefängnissen oder Tragödien um die Flüchtlingsschiffe im Mittelmeer bekam die Öffentlichkeit auch vom Unglück der Fregatte Medusa zunächst nicht mit.Das ist ein typisches Beispiel wie der Leser regelmäßig von 1816 wieder in die Gegenwart geworfen wird, man entgeht der Aktualität nicht. Das ist mal eine neue Art des Erzählens, zumindest mir ist das so noch nicht untergekommen.
Als die Öffentlichkeit 1816 von der Geschichte der Überlebenden der Medusa erfuhr, entstand auch ein Wandel in der Malerei und Literatur, Man blendete nicht mehr das Schreckliche aus, sondern versuchte es zu thematisieren.
Einer der ersten war der Maler Gericault, sein Bild (ein Ausschnitt ziert auch das Cover des Franzobel "Medusa") hängt im Louvre...
http://www.geo.de/magazine/geo-epoche-e ... -floss-der